Einfallstore für den Sommerschimmel

Schimmel an den Wänden ist nicht nur im Winter ein Problem. Falsche Lüftung, problematische Baumaterialien und neue, eingeschleppte Arten können zur Bedrohung für die Bewohner werden.

Fenster auf, heißt bei vielen die Devise, sobald das Thermometer in die Höhe klettert. Nicht nur in Wohnräumen, sondern auch in kalten Kellern wird dann für Dauerbelüftung gesorgt. Was gut gemeint ist, kann allerdings böse Folgen haben. Nämlich unliebsame Mitbewohner namens Schimmel. „Warme Luft nimmt generell mehr Feuchtigkeit auf. Trifft diese Außenluft auf kühlere Stellen in den Räumen, wird der Taupunkt unterschritten, und es bildet sich Kondensat – die ideale Voraussetzung für Schimmelbildung“, erklärt Thomas Schlatte von der unabhängigen Plattform MeineRaumluft.at. Gerade im Sommer sei daher das Verhältnis von Temperatur und Luftfeuchtigkeit vor allem im Keller für Schimmelwachstum optimal – egal, ob in Neu- oder Altbauten. Würden dann noch „Schimmelnahrung“ wie Bücher, Kleider oder anderes organisches Material in gefährdeten Räumen gelagert, kann es zu explosionsartigem Wachstum kommen. „Schimmelsporen vermehren sich zumindest einmal pro Woche, jeder Quadratzentimeter kann bis zu einer Million solcher Sporen bilden“, ergänzt Joseph Strauss, Professor für Pilzgenetik an der Universität für Bodenkultur Wien und am Campus Tulln. Doch nicht nur im Keller, sondern auch in anderen kühlen Räumen kann Schimmel entstehen. Gute Bedingungen findet er weiters in Bädern oder Küchen vor, da hier enorm viel Feuchtigkeit produziert wird. „Auch der Mensch selbst gibt Feuchtigkeit ab“, sagt Schlatte. Alles in allem seien es in einem Drei-Personen-Haushalt rund zwölf Liter pro Tag.

Problematische Baumaterialien

„Luftfeuchtigkeit und Temperatur sind eng verbunden“, betont Emanuel Mairinger vom Bundesverband für Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung. Im Sommer sollte daher grundsätzlich nur dann auf Dauer gelüftet werden, wenn die Außenluft kühler als jene in den Innenräumen ist. Auch Klimaanlagen können, so der Bauphysiker, ein Mitgrund für Schimmelbildung sein. Vor allem dann, wenn diese auf Hochtouren laufen und gleichzeitig die Fenster geöffnet sind.

Im Grunde sei das Problem aber deutlich komplexer, meint er. „Zum einen bilden die Normen, nach denen gebaut wird, nicht mehr die Lebensgewohnheiten der Bewohner ab.“ Einem Urteil des Obersten Gerichtshofs zufolge müsse jedes Haus mit normalen Lebensgewohnheiten bewohnbar sein, was mittlerweile nicht mehr immer gegeben sei. „Wir schmieren die Wände mit Gips zu, errichten Gipskartonwände – die Bauteile haben keine Speicherkapazität mehr und können daher nicht mehr als Puffer für Feuchtigkeit und Wärme wirken.“ Zum anderen kämen immer öfter kostengünstige Baustoffe mit problematischen Füllstoffen zum Einsatz. „Hinzu kommt, dass angesichts der raschen Bauweise die Gebäude kaum mehr austrocknen können und daher viel Restfeuchte vorhanden ist“, ergänzt Schlatte. „Werden dann die Möbel direkt an den Außenwänden positioniert, kommt es angesichts der fehlenden Luftzirkulation zur Kondensation und somit zur Schimmelbildung.“

Bis zu 14 verschiedene Arten

Einen Unterschied zwischen Winter- und Sommerschimmel gibt es übrigens nicht. „Es gibt jedoch bis zu 14 verschiedene Arten von Innenraumschimmel“, erläutert Schlatte. Und es könnten mehr werden: „Das Spektrum der Artenvielfalt wird breiter“, weiß Mairinger. Mit importierten Gegenständen seien bereits neue Arten aus Afrika und Asien eingeschleppt worden. „Vor Kurzem habe ich einen Schleimpilz entdeckt“, erzählt er. Wobei nicht immer das, was wie Schimmel aussieht, auch solcher ist. „In 50 bis 60 Prozent der Fälle handelt es sich um Bakterien, die entweder das Nährstoffsubstrat für Schimmelpilze aufbereiten oder sich von diesen ernähren.“ Bekämpft werden beide gleich: bei kleinen Stellen mit 75-prozentigem Ethylalkohol oder zehnprozentigem Wasserstoffperoxid, bei großen Schäden vom Profi. Schimmel zu entfernen sei wichtig, so Schlatte. Schimmelsporen aus einer Innenraumschimmelquelle würden nämlich eine Schadstoffbelastung für die Bewohner darstellen und könnten zu gesundheitlichen Problemen führen. „Bei Empfindlichkeit oder sehr hohen Schimmelkonzentrationen können neben häufiger Müdigkeit und Kopfschmerzen chronische Atemwegserkrankungen und allergische Reaktionen die Folge sein“, so der Experte.

Tipp 1

Tipp 2

Tipp 3

Was Sie beachten sollten bei Sommerschimmel

Richtig lüften. Lüften Sie kurz und stoßartig, wenn die Außentemperatur sinkt – also nachts und in den frühen Morgenstunden. Sorgen Sie dabei – wenn möglich – durch vollständiges Öffnen von gegenüberliegenden Fenstern für Querlüftung. Ist diese nicht möglich, kann man mit einem Ventilator für ausreichend Luftzirkulation sorgen.

Raumluft. Die optimale Luftfeuchtigkeit in Innenräumen liegt laut Experten zwischen 40 und 60 Prozent. Achten Sie darauf, wann Sie Wäsche zum Trocknen aufhängen, lüften Sie nach dem Duschen/Baden/Kochen. Vermeiden Sie Dauerlüftung, wenn es heiß und schwül ist. Im Keller kann der Einsatz von Entfeuchtungsgeräten sinnvoll sein.

Entfernung von Schimmel. Kleinere Schimmelflecken kann man mit 75-prozentigem Ethylalkohol oder zehnprozentigem Wasserstoffperoxid entfernen. Wichtig dabei ist, das Tuch gut mit der Flüssigkeit zu tränken. Bei starkem Schimmelbefall sollte in jedem Fall ein Fachbetrieb mit der Sanierung beauftragt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2017)

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