Untermieter mit gehobenen Budgets und Ansprüchen

Kurzzeitwohnen. Auch vorübergehend lässt es sich in Wien fein wohnen.

Der Begriff des „Wohnens zur Untermiete“ hatte einst einen Beigeschmack, der eher nicht an schwere Kristallluster, Fresken oder coole Glasfronten über den Dächern des ersten Bezirkes erinnerte. Das hat sich in Zeiten der Shared Economy und immer mehr temporären Arbeitsorten nicht nur für Handlungsreisende mit knappem Budget deutlich geändert.

Zahlungskräftige Kundschaft

Mittlerweile rittern auf Geschäftsleute spezialisierte Anbieter mit den Plattformen wie Airbnb und Co. um die zahlungskräftige Kundschaft, werden in Wien Wohnungen und Appartements zu Wochenpreisen von bis zu 3000 Euro vermietet und die 10.000er-Grenze bei den Monatstarifen in schöner Regelmäßigkeit überschritten. Wichtig sind den Kunden dabei neben der Lage, Lage, Lage, die sich aber im Unterschied zur touristischen Klientel weniger an der Nähe zu Hofburg und Schönbrunn, sondern eher an jener zum Einsatzort bemisst. Grundvoraussetzung für eine Vermietung ist in diesem Segment ein leistungsstarkes WLAN, außerdem müssen volleingerichtete Küchen, Bettwäsche und Handtücher sowie eine Waschmaschine vorhanden sein – ob diese dann auch verwendet wird, steht auf einem anderen Blatt. Denn neben der Ausstattung spielt in diesem Segment auch die persönliche Betreuung eine große Rolle: Von der Vermittlung von Reinigungskräften bis zu Concierge-Services muss alles machbar sein – oder eben auch nicht. Manche Geschäftskunden wollen einfach nur ihre Ruhe und keine Restauranttipps, sondern am liebsten einen Zugangscode ohne weiteren Kontakt. Und sie wollen auch nicht nach den schönsten Unterkünften stöbern, sondern unkompliziert buchen (lassen), weshalb die Anbieter inzwischen auch die entsprechende Infrastruktur für das professionelle Travelmanagement dieser Klientel bereitstellen.

Imperiale Pracht bei Airbnb

Allein bei Airbnb machen die Geschäftskunden schon rund zehn Prozent des Umsatzes aus, Tendenz steigend. Und deren Unterkunftswünsche haben nichts mehr mit der ursprünglichen Idee der Luftmatratze zu tun. Weshalb sich im Portfolio der Plattform inzwischen auch Projekte wie eine 220-Quadratmeter-Wohnung im Palais Metternich finden, die mit dem Wort feudal nur unzureichend beschrieben ist. Hier wird schon der Zugang zur Kurzzeitunterkunft im Botschaftsviertel zum imperialen Erlebnis, das sich mit dem Betreten des Wohnsalons noch einmal steigert: Mit vier Metern Höhe bietet es genügend Luft nach oben für die vom österreichischen Bühnenbildner Stefan Riedl handbemalten Wände, die die Kamine, aufwendigen Doppelflügeltüren und hölzernen Wandvertäfelungen umrahmen. Letztere finden sich auch in den insgesamt fünf Schlafzimmern der herrschaftlichen Unterkunft, während die beiden Bäder und auch die Wohnküche eher modern gehalten sind. So viel Pracht hat natürlich ihren Preis: Dieser beginnt bei 276 Euro pro Nacht.

Blick auf die Oper

Ein Luxus, dem Airbnb-Konkurrent Wimdu in Wien nicht nachstehen will: Dem Mitbewerber hat er die moderne Luxusvariante entgegenzusetzen, auf zwei Etagen mit Dachterrasse. Und mit einer eindrucksvollen Adresse: Opernring kann sich in die Signatur schreiben, wer hier für eine Weile wohnt. Das klingt nicht nur gut, sondern macht auch beim Ausblick Eindruck. Dieser geht vom Wohnraum aus nämlich direkt auf die Oper und kann durch große Fensterfronten genossen werden, die auch für viel Licht in dem Räumen sorgen. Gewohnt wird auf 180 Quadratmetern, womit also auch für die Familie genügend Platz ist. Ein zur Verfügung gestelltes Kinderbett ist inkludiert, die Wohnung als familienfreundlich inseriert. Die liebe Familie kann sich auf drei Schlafzimmer und zwei Bäder verteilen, das Penthouse im sechsten Stock ist per Lift erreichbar. Falls die Eltern sich ein wenig Privatsphäre sichern wollen, können sie das durch das Beziehen des Schlafzimmers im darüberliegenden Stock tun, das sich direkt auf die Dachterrasse hinaus öffnen lässt. Zu haben ist die Wohnung ab 414 Euro pro Nacht oder 2823 Euro pro Woche.

Entspannt modern beim MQ

Der Luxusdebatte Altbau versus Neubau kann sich auch der Markt der Kurzzeitappartements nicht entziehen, und so finden sich auf den Plattformen beide Spielarten in gehobenster Ausführung. Einen entspannt-modernen Konterpunkt zur k.u.k. Pracht setzt beispielsweise ein Penthouse beim Museumsquartier, das mit hohen Decken, viel Weiß, ein paar Antiquitäten und einem hellen Holzboden eine freundlich-harmonische Atmosphäre schafft. Neben einem offenen Kamin ist vor allem die Dachterrasse in den Innenhof ein viel gelobter Pluspunkt. Zur Ausstattung der 160 Quadratmeter großen Wohnung mit drei Schlafzimmern und vier Bädern gehören neben dem starken WLAN viel Stauraum sowie jede Menge frischer Hand- und Leintücher: Die Vermieter heben vor allem die große Sauberkeit ihrer Unterkunft hervor. Sie stehen auch mit Rat und Tat zur Seite, eine Kontaktperson steht während des gesamten Aufenthalts zur Verfügung. Zu zahlen ist für das Penthouse ein Durchschnittspreis von 269 Euro pro Nacht, gebucht werden kann es über fewo-direkt.de

Das Leben über den Dächern von Wien – genauer gesagt über jenen des neunten Bezirks – zelebriert ein frisch renoviertes Appartement mit üppigen Glasfronten des auf Geschäftsreisende spezialisierten Anbieters Vienna Residence. Auf insgesamt 160 Quadratmetern verteilen sich hier drei Schlafzimmer und zwei Bäder – vor allem aber ein großzügiger Wohn-Ess-Kochbereich mit direktem Zugang zur Dachterrasse auf gleicher Wohnebene.

Über den Dächern des Neunten

Die deckenhohen Verglasungen und Schiebetüren lassen hier – zumindest in der warmen Jahreszeit – einen nahtlosen Übergang des Wohngefühls draußen und drinnen zu, der auch von einem der Schlafzimmer aus möglich ist. Der Kostenpunkt dieses Vergnügens liegt bei 2290 Euro pro Woche, 6690 Euro pro Monat oder 6290 Euro pro Monat, wenn es für über 90 Tage sein soll. Zu finden ist sie unter www.viennaresidence.com. (sma)

LUXURIÖSE KURZZEITMIETEN

Der Bedarf nach temporären Unterkünften steigt in allen Segmenten – da ist der High-End-Bereich keine Ausnahme. Für ein paar Monate entsendete Spezialisten, Künstler mit Engagements, Botschaftsangehörige oder auch von Wasserrohrbrüchen und Scheidungen Betroffene gehören zu den Kunden, die für eine Weile eine Bleibe suchen. Und bereit sind, für die entsprechende Ausstattung und Lage zu zahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2017)

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