Ein Domizil im Grünen, aber offen und urban

(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
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Die südwestliche Region rund um Wien war bei Häuslbauern schon immer heiß begehrt. Nun bringen verstärkt Luxusvillen urbanes Flair in die Gegend.

Die Wiener verlassen die Stadt. Nein, nicht alle auf einmal, aber doch immer wieder und immer öfter. Es ist auch nicht die Rede von Wochenendausflügen in Richtung Natur oder Gastgärten. Die Stadtflucht ist elementarer. Wer es sich leisten kann, verlegt seine eigenen vier Wände an den Wiener Speckgürtel oder in jene Gegenden, die sich grob unter der Umschreibung „Wien Umgebung“ zusammenfassen lassen. Wobei es sich dabei nicht unbedingt um jene Häuslbauer handelt, die ihr Eigenheim aus Kostengründen in entlegenere Gegenden verlegen. Denn die Zeiten, in denen der Speckgürtel noch günstig war, sind längst vorbei. Während die Doppel- und Reihenhäuser immer größere Distanz zur Stadt aufweisen, machen sich in der mehr oder weniger direkten Umgebung zunehmend luxuriöse Domizile oder Villen breit.

Schicker Süden, trostloser Norden

Wobei die Wiener – oder auch Nicht-Wiener, denn ein Teil der Villenbesitzer stammt auch aus anderen Bundesländern oder dem Ausland – durchaus Vorlieben zeigen. Während der Osten und Norden Wiens eher als unattraktiv gelten, könnte der Süden und Westen gleich mehrmals besiedelt werden. „Der östliche und nördliche Teil ist eine eher trostlose Gegend“, meint etwa Immobilienmakler Friedrich Neumeyer. Gebiete wie Klosterneuburg, Perchtoldsdorf, Maria Enzersdorf, Mödling und generell die Gegend rund um den Anninger würden hingegen geradezu überlaufen. In den letzten vier bis fünf Jahren hätten diese Regionen „extrem angezogen. Klosterneuburg hat nicht nur seinen Preis gehalten, sondern an Attraktivität dazugewonnen. Dort werden Preise bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter gezahlt“, berichtet Neumeyer. Er sieht das unter anderem in der schnellen Erreichbarkeit der Stadt begründet. Ähnlich sei die Situation in der Gegend Richtung Wienerwald.

Sein Kollege Peter Marschall teilt diese Einschätzung, wobei er die Topgegenden allerdings nach wie vor in der Stadt oder am Stadtrand – also Döbling, Hietzing und Währing – sieht. „Wenn schon Luxus, dann auch bei der Lage“, betont Marschall. Auf Platz zwei stehen bei ihm aber schon jene Regionen, die eine gute Grünlage bieten. „In Perchtoldsdorf oder Klosterneuburg traut man sich aber noch nicht so luxuriös zu bauen wie in der Stadt.“ Immerhin will man sich dort auch mehr ans Landschaftsbild anpassen. Er hat deshalb zwei Richtungen bei den Gestaltungen ausgemacht: Entweder es wird sehr modern gebaut oder man widmet sich der behutsamen Renovierung von historischer Bausubstanz wie beispielsweise beim Umbau des Ansitzes „Vivenot“ in Klosterneuburg. Das denkmalgeschützte Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert wurde vom Architekturbüro Dreer2 umgestaltet.

In Wien-Rodaun wünschte sich ein Städter eine luxuriöse Bleibe und beauftragte Martin Haller vom Architekturbüro Caramel mit der Planung. „Der Bauherr hat im siebten Bezirk gewohnt und wollte mit seiner Familie ins Grüne ziehen, ohne das urbane Lebensgefühl zu missen“, erzählt Haller. Letzteres wurde daher auch in die Architektur des modernen Einfamilienhauses übertragen. So scheinen etwa bei dem Projekt Wohn- und Grünräume ineinanderzufließen, der geschwungene Gartenzaun wird wie selbstverständlich zur Wohnzimmerwand. 300 Quadratmeter Wohnraum auf drei oberirdischen und einem unterirdischen Geschoß wurden auf dem 500 Quadratmeter großen Grundstück untergebracht. Der durch die offene Bauweise und durch den Gartenzaun beziehungsweise die Wohnzimmerwand erzielte Effekt ist dafür verantwortlich, dass der Ess-/Wohnbereich wie ein 500 Quadratmeter großes Wohnzimmer wirkt. Im Innenraum setzen sich die geschwungenen Linien in Form von Sitzgruppen und geschwungenen Möbeln fort. Außen führt die Form des Pools und der Terrasse die runde Stilführung weiter. „Die Frage, wie man den Grünraum in das Gebäude, also den Wohnbereich, integriert, wird immer wichtiger“, sagt Haller. In Sachen Gestaltung hat der Architekt bei Luxusvillen außerhalb der Stadt weitere Trends ausgemacht: offene Bauweise ebenso wie das Thema Badezimmer. Das erinnert oft eher an einen Wellnessbereich. Und: Gerade bei Villen reicht ein Badezimmer nicht aus.

Pluspunkt Hanglage

Und noch etwas wird interessanter: die Hanglage. Was einst den Preis gedrückt hat, wird heute als Pluspunkt geschätzt – sofern der Hang nicht in Richtung Norden ausgerichtet ist. „Hanglagen sind für Architekten durchaus spannend. Meist sind sie von Vorteil, da sie eine tolle Aussicht ermöglichen“, sagt Haller.

Sein Kollege Andreas Dreer hat beispielsweise bei seinem Projekt „Pondsrose“ in Kritzendorf ein schmuckes Einfamilienhaus rund um einen Pool aus den 1980er-Jahren gebaut – in Hanglage. Der Pool wurde zum Biotop, die Villa aufgrund des gegen Südosten abfallenden Hangs auf drei Etagen u-förmig rund um den Teich angelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2012)

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