Dividendenpapiere: Heimische Aktien statt Niedrigzinsen?

Heimische Aktien statt Niedrigzinsen
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Dividendenstarke Aktien sollen über die niedrigen Sparzinsen hinweghelfen. Das trifft nicht immer zu, wie das Beispiel der Telekom Austria zeigt. Auf Kursanstiege zu setzen ist reine Spekulation.

Wien/Ker. Es gibt ja für alles eine Lösung. Auch während einer Phase extrem niedriger Zinsen. Mit gewöhnlichen Sparbüchern erleidet man reale Verluste. Sogar mit einer zweijährigen Fixbindung, für die man bei Direktbanken derzeit fast 2,4 Prozent pro Jahr bekommt. Zieht man Inflation und Steuer ab, macht der Kaufkraftverlust in zwei Jahren im günstigsten Fall „nur“ 0,5 Prozent aus. Bei gewöhnlichen Filialbanken verliert der Anleger real mehr als 1,5 Prozent.

Die Lösung für dieses Dilemma? Aktien. Genauer genommen: dividendenstarke Aktien. Das ist zumindest die Antwort von Experten. Und zwar mit folgender Begründung: Man könne von einem Kursanstieg profitieren. Die Dividende sorge für einen gewissen Schutz und fette die Rendite auf.

Dividendenperlen wandeln sich

Das hört sich ja gut an. Nur, auf Kursanstiege zu setzen ist reine Spekulation. Und mit den Dividenden ist es auch nicht immer so einfach. Bestes Beispiel ist die Telekom Austria. Deren Aktie zählte an der Wiener Börse jahrelang zu den „Dividendenperlen“. Aber bereits im Vorjahr wurde die Dividende auf 38 Cent pro Aktie halbiert. Und nun gab das Management bekannt, für das Geschäftsjahr 2012 nur mehr fünf Cent pro Aktie zahlen zu wollen. Von Perle ist da keine Spur mehr. Die Rendite aus der Dividende macht aus heutiger Sicht weniger als ein Prozent aus (Formel: Dividende durch Kurs mal 100). Nicht einmal mehr als kleiner Schutzpolster kann die Telekom-Dividende gesehen werden.

Ein Beispiel: Ein Anleger steckt 5000 Euro in Telekom-Aktien (ISIN: AT0000720008) und hat die Absicht, das Papier knapp zwei Jahre halten zu wollen. Das Unternehmen schüttet währenddessen für die Geschäftsjahre 2012 und 2013 jeweils fünf Cent pro Aktie aus. Mit dieser Dividende (nach Steuer) kann man Inflation und Transaktionskosten aber bei Weitem nicht abdecken (angenommen wurde, dass die Inflation in den zwei Jahren jährlich zwei Prozent ausmacht, Anm.). Damit der Anleger keinen Verlust erleidet, muss sich der Kurs in den nächsten zwei Jahren um rund vier Prozent verbessern (Aktien-KESt wird hier mitberücksichtigt). Erst dann steigt der Kunde „pari“ aus.

Aber keine Sorge, es gibt auf dem heimischen Markt noch dividendenstarke Aktien, die einen besseren Schutz bieten. Dazu gehört die Post (ISIN: AT0000APOST4), wenn sie ihre jährliche Dividende von 1,7 Euro pro Aktie halten kann. Das ist im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld extrem schwierig. Aber man kann ja auch optimistisch sein. Wie schaut die Praxis hier für den Anleger aus? Er steigt heute mit etwas weniger als 5000 Euro ein und kauft 178 Post-Aktien. Er bleibt zwei Jahre investiert, kassiert zwei Mal eine Dividende von 1,7 Euro pro Stück. Diese Dividende übersteigt die Inflations- und Transaktionskosten deutlich. Damit dient die Ausschüttung als Schutzpuffer. Die Aktie könnte in den nächsten zwei Jahren um fast fünf Prozent fallen– ohne dass der Kunde einen Kaufkraftverlust erleidet.

Jahrelang galt der Gummispezialist Semperit (ISIN: AT0000785555) als Star unter den Dividendenaktien. Aber für das Jahr 2011 musste das Unternehmen die Ausschüttung auf 0,8 Euro pro Aktie reduzieren. Wenn das Unternehmen in den nächsten beiden Jahren die Dividende in dieser Höhe beibehält, werden die Anleger zittern. Denn das reicht nicht, um mit der Ausschüttung Kosten und Inflation zu decken. Der Aktienkurs muss um rund ein Prozent steigen, damit der Anleger ohne Verlust aussteigt. Mehr Spielraum hat man da schon mit der Immofinanz (ISIN: AT0000809058).

Kurse schwanken oft stark

Die Anleger bekommen in den nächsten Tagen 0,15 Euro pro Aktie. Das macht eine Dividendenrendite von über fünf Prozent aus heutiger Sicht. Wenn man die Aktie heute kauft und die Firma auch im nächsten Jahr 0,15 Euro auszahlt, dann könnte der Aktienkurs in den nächsten 13 Monaten um fast sieben Prozent fallen, ohne dass irgendein finanzieller Schaden entsteht. Das ist schon ein guter Puffer. Aber: In einem volatilen Markt wie bei Immobilienaktien sind solche Verluste auch leicht möglich.

Aktien ohne Dividenden bergen ein deutlich höheres Risiko. Wenn man heute ein solches Papier kauft und es zwei Jahre halten will, dann muss der Aktienkurs schon um über 5,5 Prozent steigen, damit das Investment kein Verlust ist. Ansonsten wäre man dann mit einem einfachen „Sparbüchel“ doch besser ausgestiegen. Und hätte sich das ganze Risiko erspart.

Was Sie beachten sollten bei... Dividendenaktien

Tipp 1

Dividende. Die jährliche Gewinnausschüttung dient bei Aktien als Schutzpolster im Falle von Kursverlusten. Man zieht von der Dividende die Inflation (für die gewünschte Haltedauer) und Transaktionskosten ab. Das Plus, das sich daraus ergibt, ist der Puffer. Um so viel kann der Aktienkurs dann fallen, ohne dass der Anleger einen Verlust seiner Kaufkraft erleidet.

Tipp 2

Dividendenaktien. Solche Aktien haben im Normalfall eine relativ hohe (prognostizierte) Dividendenrendite von über 2,5 Prozent (Formel: Dividende durch Kurs mal 100). Verlässliche Dividendenaktien schütten stabil über Jahre hinweg hohe Dividenden aus. Im heimischen Markt zählten lange die Telekom Austria, die Post oder Semperit zu „Dividendenperlen“.

Tipp 3

Risiko. Das wirtschaftliche Umfeld ist angespannt. Da kann es schnell passieren, dass aus einer „Dividendenperle“ eine Flaute wird. Das beweist die Telekom Austria, einst eine der dividendenstärksten unter den heimischen Aktien. Sie stutzt die Dividende für 2012 auf fünf Cent zusammen. Das macht derzeit eine Dividendenrendite von unter einem Prozent. Die Dividende bietet hier keinen Puffer mehr, im Gegenteil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2012)

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