Gimpl: "Von irgendwo ist immer Geld hergekommen"

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Stefan Gimpl war Österreichs bester Snowboarder. Für den Ruhestand reichte das aber nicht. Zwei Jahre nach Karriereende arbeitet er wieder - und freut sich, wenn der alte Sponsor Jacken schickt.

Die Presse: Stefan Gimpl, Sie haben vor zwei Jahren Ihre Karriere als Profisnowboarder beendet. Geht Ihnen der Weltcupzirkus ab?

Stefan Gimpl: Nein, ich habe da gar keine Entzugserscheinungen. Zeit zum Snowboarden habe ich jetzt ja auch genug.

Verdienen Sie Ihr Geld noch auf dem Brett?

Ja, allerdings erst seit Kurzem. Ich bin Trainer für zwei ungarische Snowboarder. Für mich ist das super, weil ich wieder viel Zeit draußen verbringen kann. Der Vertrag läuft jetzt einmal ein Jahr; schauen wir, was dann kommt.

Sie sind beim Snowboarden das, was Hermann Maier beim Skifahren ist – zumindest an den Erfolgen gemessen. Hat ein mehrfacher Air-&-Style- und Weltcupsieger finanziell ausgesorgt?

Ich glaube, ich muss euch enttäuschen. Da ist schon ein kleiner Unterschied zwischen dem Hermann und mir. Es gab eine Zeit lang einen Boom in der Branche. Nun ist aber alles schwieriger geworden. Heute verdienen sehr wenige sehr viel, und der Rest kann halt davon leben

Wie war es bei Ihnen? Sie waren ja auch international einer der Spitzenfahrer.

Ich darf mich nicht beklagen. Ich habe jetzt zwei Jahre lang gar kein Geld verdient und gut gelebt.

Ihren ersten Air-&-Style-Titel haben Sie mit 19 Jahren gleich nach der Schule geholt. Können Sie sich erinnern, was Sie mit dem ersten Preisgeld gemacht haben? Oder war es nicht so viel?

Doch, da hat es schon einiges gegeben. Ich habe damals ein Auto gewonnen und 20.000 Dollar Preisgeld. Ein Großteil war gleich wieder weg, weil ich Einkommensteuern für das Auto zahlen musste. Gott sei Dank hat es ein Preisgeld gegeben, sonst hätte ich mir das Auto nicht leisten können.

Wenn man für jeden Wagen in der Sammlung das halbe Preisgeld abgeben muss, klingt Siegen ja relativ teuer. Leisten Sie sich trotzdem eine Sammlung an gewonnen Autos?

Nein, so schlimm ist es nicht. Im nächsten Jahr gab es nochmal ein Auto. Und einmal hab ich eine Fernsehwerbung für BMW gemacht. Statt Geld habe ich damals einen Leihwagen für eine Saison bekommen. Wirklich lang behalten hab ich nur das erste Auto, einen Audi A3. Und als ich ihn nach Jahren nach Russland verkauft habe, hat er mir auch noch 500 Euro gebracht.

Was haben denn Ihre Eltern gesagt, als Sie entschieden haben, vom Snowboarden zu leben?

Ich habe mich nie wirklich entschieden. Das ist einfach passiert. Nach der Schule habe ich mich sogar als Student eingeschrieben.

Was haben Sie studiert?

Hmm, was war das damals? Ach ja, Geografie.

Klingt nicht unbedingt nach einer Herzensentscheidung.

(c) Matthias Auer

Da könnten Sie recht haben. Ich habe dann bald beim Air&Style gewonnen, plötzlich waren Sponsoren und Geld da. Die Uni habe ich nie von innen gesehen. Ich kenne nur das Gebäude, in dem man inskribiert. Das Institut für Geografie habe ich nie gefunden.

Stattdessen waren Sie mit 19 Jahren berühmt. Woran verdient man als Snowboarder denn am meisten? Sponsoren, Preisgeld, Videos?

Sponsoren und Preisgeld haben sich bei mir die Waage gehalten. An Videos verdient man als Snowboarder, wenn man mitfährt, gar nichts. Der Sponsor muss sogar die Produktion bezahlen, damit man mitfahren darf. Das kostet rund 20.000 Euro. Für den Snowboarder ist der Anreiz nur, sich so zu vermarkten. Und wenn das Video gut gewesen ist, hilft es bei den nächsten Vertragsverhandlungen.

Die Snowboardszene von heute ist im Vergleich zu der Zeit, als Sie angefangen haben, viel mehr durchkommerzialisiert. Stört Sie das?

Nein. Es ist gut, dass der Sport erwachsen wird. Früher mussten wir auf den Berg gehen und über Wegkanten springen. Heute hat jedes Skigebiet einen Funpark. Aber es gab eine Zeit, in der die Snowboardfirmen selbst mehr Geld hatten. Heute muss man in die Breite gehen. Snowboard braucht die Sponsoren, und die brauchen vor allem Fernsehminuten. Underground allein ist zu wenig. Die Masse muss interessiert sein, sonst steigen die Sponsoren aus.

Von einer Karriere wie Ihrer träumen viele junge Snowboarder. Macht das immer Spaß, oder wird Snowboarden irgendwann ein normaler Job?

Die Gefahr besteht. Als 18-Jähriger habe ich mich um Filmdrehs in den USA gerissen. Irgendwann ist es selbstverständlich geworden, dass der Sponsor ständig Flüge bezahlt. Die Trips wurden zur Pflicht, die ich erledigen musste. Man wird schnell verwöhnt.

War das der Grund für den Rücktritt?

Nein, das hat sich Gott sei Dank wieder geändert. Zehn Jahre hätte ich das nicht durchgehalten. Ich hatte damals zu viele Sponsorentermine. Die Lösung war, alles lockerer zu sehen und einfach zu snowboarden. Ich habe zwar eine Zeit lang nicht so viel verdient, weil ich nicht mehr reagiert habe, wie es sich der Sponsor vorgestellt hat. Aber das war mir egal. Dafür bin ich wieder besser gefahren, und so hat die Kohle wieder gepasst.

War es nach der aktiven Zeit einfach zu entscheiden, was Sie machen möchten? Vor einem Jahr haben Sie etwa einen Bildband herausgebracht. Wäre das eine mögliche Karriere für Sie?

Nein. Ich plane da nicht wirklich viel. Das Buch war nur ein Projekt, das ich immer schon machen wollte. Mittlerweile haben wir die Kosten herinnen. Von den 800 Büchern, die wir haben drucken lassen, sind 600 verkauft. Im vergangenen Winter war ich nur Tiefschneefahren in Alaska. Und jetzt bin eben einmal ich Trainer.

Hatten Sie finanziellen Druck, wieder zu arbeiten?

Nein, seit ich denken kann, war ich in der glücklichen Lage, dass von irgendwo immer Geld hergekommen ist.

Woher?

Während des Snowboardens von den Sponsoren. Mein Hauptsponsor war zuerst ein Snowboardhersteller, dann O'Neill. Heute bekomme ich von denen noch ab und zu Kleidung und bin froh, dass ich die anziehen kann. Aber ich habe mir natürlich ein bissl etwas auf die Seite legen können, sonst hätte ich die letzten zwei Jahre nicht überlebt. Zum Geldverdienen bin ich aber nie snowboarden gegangen. Geld war ein willkommener Nebeneffekt, mehr nicht.

Sind Sie nach den ersten Erfolgen zu einem Anlageberater gegangen?

Natürlich war ich auf der Bank und fragte nach, was man mit dem Geld machen kann. Aber die wissen es eh auch nicht wirklich.

Wie haben Sie Ihr Geld dann veranlagt? In Aktien oder Immobilien?

Nein. Ich wollte mir nie ein Haus kaufen. Mir waren die Freiheit und meine finanzielle Unabhängigkeit wichtiger. Ich will einfach im Winter snowboarden können. Irgendeinen Job werde ich dann schon finden.

Zur Person

Stefan Gimpl ist 33 Jahre alt. Im Jahr 1996 wurde er Zweiter bei der Jugend-Snowboard-WM in Japan. Nach der Matura wurde er dann Profi und gewann gleich den renommierten Air & Style-Wettbewerb. Als dreimaliger Sieger des FIS-Gesamtweltcups im Big Air hörte er 2010 als Profi auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2013)

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