Aktien: "Europäische Firmen billiger als US-Konzerne"

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Strategie. Templeton-Fondsmanager Norman Boersma erklärt, warum er in Bankaktien investiert. Und die Anleger europäische Aktien zu Unrecht meiden.

Wien. Es ist eine uralte Streitfrage unter Fondsmanagern: Soll man Aktien kaufen, die billig sind, und warten, bis der Markt sie entdeckt („Value-Ansatz“)? Oder soll man lieber Aktien mit guten Wachstumsaussichten kaufen, die meist nicht mehr billig sind („Growth-Strategie“)? Die Manager des Templeton Growth Fund verfolgen, anders als der Name vermuten ließe, seit jeher einen Value-Ansatz. Sie kaufen, was billig ist– und warten, bis ihr Plan aufgeht.

Mitunter lange. Der weltweit aktive Fonds hat seit einem Jahr um vierzig Prozent zugelegt (und damit den Markt geschlagen), liegt aber noch 14 Prozent unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2007. Der US-Index Dow Jones oder der deutsche DAX haben längst neue Rekordhochs erklommen. Auch der MSCI World liegt „nur“ zehn Prozent unter seinem Allzeithoch.

Ursache ist die Gewichtung: „Aktien von Konsumfirmen mit Schwellenländer-Schwerpunkt sind enorm gestiegen“, stellt Fondsmanager Norman Boersma fest. Er hält diese Aktien für zu teuer – im Fonds sind nur wenige davon.

Angst vor Banken ist noch groß

Umgekehrt hat Boersma Bankaktien stärker gewichtet als der MSCI World. Dabei setzt er nicht nur auf amerikanische, sondern auch auf europäische Banken.

Finanztitel wurden nach der Finanzkrise billig, ein Renner sind sie seither nicht geworden. „Die Leute haben noch immer die Finanzkrise im Hinterkopf“, erklärt Boersma. Deswegen würden sie Bankaktien noch immer meiden, obwohl viele Titel das gar nicht mehr verdienen würden.

Viele Institute in Europa stünden viel besser da als zu Zeiten der Finanzkrise, die Kurse würden das nicht annähernd widerspiegeln. Von griechischen, spanischen, portugiesischen und irischen Banken sollte man zwar die Finger lassen, in Italien fänden sich aber einzelne attraktive Institute. Auch in Frankreich, den Niederlanden, Deutschland und Großbritannien könne man zugreifen, wenn die Papiere gerade billig zu haben sind. Die starke Volatilität bei Bankaktien kommt dem Fondsmanager dabei zupass. Seit der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, klargestellt habe, dass man alles Nötige tun werde, um den Euro zu retten, hätten einige Bankaktienkurse stark zugelegt, andere hätten aber noch Nachholbedarf.

Im Templeton Growth Fund finden sich überdurchschnittlich viele europäische Aktien. Nicht, weil Boersma diese Region generell für attraktiver hielte. Sondern weil viele global aufgestellte europäische Firmen billiger seien als vergleichbare US-Unternehmen. „Die Anleger mögen europäische Aktien nicht, weil sie sich wegen der europäischen Konjunktur Sorgen machen.“ Dabei seien die meisten Konzerne weltweit aktiv– profitierten also auch vom Wachstum in den Schwellenländern.

Nicht alle Rohstofftitel sind billig

Rohstoffwerte gelten derzeit ebenfalls als billig, Boersma hat sie dennoch untergewichtet. Die Rohstoffrallye der vergangenen Jahre sei vor allem durch die anziehende Konjunktur in China angetrieben worden. Diese Erwartung sei zuletzt etwas abgeflaut.

Es gebe aber auch attraktive Rohstofffirmen: Jene Unternehmen, die vom anspringenden Bauboom in den USA profitieren (etwa die Baustofffirma CRH), findet der Fondsmanager attraktiv. Ebenfalls stark gewichtet hat er Gesundheits- und Technologieaktien. Letztere würden seit dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2001 gemieden, viele seien inzwischen günstig.

Auf einen Blick

Norman Boersma (55) leitet den Templeton Growth Fund. Seit 1991 ist der studierte Ökonom für Templeton tätig. Davor war der gebürtige Kanadier als Investment Officer beim Ontario Hydro Pension Fund verantwortlich für kanadische Aktien. Beim Templeton Growth Fund fährt er einen Value-Ansatz, kauft also billige Aktien und wartet, bis der Markt sie entdeckt. [Roßboth]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2013)

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