Keine Zinswende auf dem Sparbuch

(c) FABRY Clemens
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Heimische Sparbücher werfen noch immer so wenig Zinsen ab, dass sie das Kapital ihrer Kunden teilweise vernichten. Das wird noch längere Zeit so bleiben. Gibt es Alternativen für konservative Sparer? Eine Spurensuche.

Wien. Da war in den vergangenen Tagen unter Ökonomen und in Finanzforen glatt von einer „Zinswende“ die Rede. Eine solche Wende zeichnete sich tatsächlich ab, und zwar bei sicheren Staatsanleihen mit langen Laufzeiten. Dafür gibt es nun höhere Renditen als noch vor wenigen Monaten. Aber: Konservative Sparer dürfen deswegen nicht glauben, dass nun auch die Zinsen auf den Sparbüchern stark ansteigen. Dort herrscht nach wie vor Zinstristesse, quer durch alle heimischen Banken.

Zum Beispiel bei der Volksbank, die ihr „Goldenes Kapitalsparbuch“ anpreist – mit einer Laufzeit von einem Jahr und einem Zinssatz von 0,75 Prozent. Vergoldet wird dabei nichts, im Gegenteil. Wenn der Sparer hier 5000 Euro anlegt, macht der Zinsertrag (nach Steuer) weniger als 30 Euro aus. Damit wird er sein Kapital nicht vor einem Kaufkraftverlust schützen können. Auch wenn die Inflation nur zwei Prozent jährlich ausmachen sollte, erleidet der Sparer einen realen Verlust von 1,5 Prozent. Das Sparbuch als sichere Wertvernichtung, kann man dazu sagen.

„Zinsen überall niedrig“

Bei anderen Banken ist es nicht besser. Legt man das Geld auf ein Sparbuch der Bawag, bekommt man für eine einjährige Bindung nur einen Zinssatz von 0,25 Prozent. Der Kunde erleidet nach Abzug der Steuer und Inflation einen Verlust von 1,8Prozent in einem Jahr. Wenn die Inflationsrate im nächsten Jahr sogar 2,5Prozent ausmacht, dann erhöht sich der Sparbuchverlust auf 2,3 Prozent. Die Bank Austria (BA) bietet für ein einjähriges Sparbuch ohnehin nur mehr 0,2Prozent pro Jahr. Da bleibt den BA-Bankberatern nicht viel mehr übrig, als mit der Schulter zu zucken: „Die Zinsen sind derzeit halt überall sehr niedrig.“

Aus diesem Grund sind die Marketingexperten der Banken gefragt, um willige Sparer zu ködern. Und zwar mit Zinssätzen, die auf den ersten Blick gut ausschauen. Etwa beim „Sprung-Sparbuch“ der Volksbank. Bis zu 1,75 Prozent pro Jahr bekomme der Kunde, heißt es. Das Produkt sei sehr beliebt, weil die Zinsen hier wirklich gut seien, sagt die Mitarbeiterin einer Wiener Filiale. Freilich beträgt die Laufzeit drei Jahre. Und nur im dritten Jahr wird der versprochene Zins gültig. In den beiden Jahren zuvor erhält der Sparer 0,875 bzw. ein Prozent. Unter dem Strich verbucht er jährlich eine nominelle Rendite (nach Steuern) von weniger als einem Prozent. Der reale Verlust macht hier knapp ein Prozent pro Jahr aus. Das ist zwar weniger als mit einem normalen Sparbuch. Dafür muss das Geld aber auch drei Jahre bei der Bank liegen.

Gibt es für den Sparer einen Ausweg aus der Zinsmisere? Vorschläge hört man da einige.

•Sichere Staatsanleihen: Wenn es bei diesen tatsächlich eine Zinswende gibt und man nun mehr Rendite bekommt, dann ist diese Assetklasse zumindest eine Überlegung wert. Zum Beispiel eine österreichische Staatsanleihe, die noch bis 2022 läuft und einen jährlichen Kupon von 3,4 Prozent abwirft (ISIN: AT0000A0U3T4). Für dieses Schuldpapier muss man derzeit „nur“ rund 113,5 Prozent des Nennwerts zahlen, also deutlich weniger als noch Anfang Mai. Das erhöht die Rendite.

Wenn der Anleger nun aber 5000Euro in diese Anleihen (Nennwert) investiert und sieneun Jahre behält, schaut auch nicht viel heraus. Lediglich eine jährliche Rendite von rund 0,8Prozent (nach Steuern und allen Kosten). In Summe würde er in neun Jahren einen realen Verlust von mehr als zehn Prozent anhäufen.

Da kann der Anleger nur hoffen, dass er die Anleihe in der Zwischenzeit mit einem Kursgewinn abstoßen und somit seine Rendite auffetten kann. Aber wenn tatsächlich eine Zinswende stattfindet (zuletzt sind allerdings die Zinsen für die Anleihen wieder etwas gefallen), dann nehmen die Anleihekurse eher ab als zu.

Längere Laufzeiten. Man könne das Geld auf ein längerfristiges Sparbuch legen, da gebe es höhere Zinssätze, schlägt ein Berater der Bank Austria vor. Die Praxis schaut nicht so gut aus. Wenn der Kunde sein Geld auf ein dreijähriges Sparbuch der BA legt, bekommt er jährlich einen Zins von 0,75 Prozent. Nach Steuern erzielt der Sparer eine jährliche Rendite von läppischen 0,6 Prozent. In drei Jahren häuft er damit einen realen Verlust von über vier Prozent an.

Direktbanken. Da fahren Sparer schon besser, wenn sie ihr Geld einfach auf ein Sparbuch einer Direktbank legen. Zum Beispiel der Vakifbank. Dort gibt es einen einjährigen Zins von 1,625 Prozent. Der reale Verlust macht dann „nur“ 0,8 Prozent aus, die Einlagensicherung gilt auch hier.

Bis Jahresende niedrige Zinsen

Sehr konservative Anleger müssen sich eben damit begnügen, dass das Sparbuch den Wert ihres Geldes beträchtlich mindert. Das wird sich in den nächsten Monaten auch nicht ändern. Die Marktzinsen werden nicht so stark ansteigen, dass man für ein Sparbuch deutlich mehr Zinsen bekommt. Die Sparzinsen sind im Normalfall an die europäischen Geldmarktzinsen (Euribor) geknüpft, die wiederum stark von den Zinsentscheidungen der EZB abhängen.

Die Zinsanalysten der Erste Group etwa erwarten, dass diese Euribor-Zinssätze bis Jahresende „relativ unverändert“ bleiben werden. Denn die EZB habe sich festgelegt, die Zinsen für eine längere Zeit auf den derzeitigen oder noch niedrigeren Niveaus halten zu wollen, schreiben die Erste-Zinsexperten.

Und auch wenn die Zinsen auf den Märkten steigen sollten, müssen die Sparer nicht unbedingt davon profitieren. Denn die Banken haben in den vergangenen fünf Jahren häufig die Zinspolitik zu ihren Gunsten – und somit zuungunsten der Kunden – gestaltet. Etwa indem sie fallende Zinsen bei den Sparbuchzinsen schneller weitergaben als bei den Krediten.

Ja, für die Sparer gibt es wahrlich kaum gute Nachrichten. Ohne Risiko gibt es derzeit einfach keine Rendite. Eigentlich müsste es anders heißen: Ohne Risiko gibt es derzeit nur sichere Verluste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2013)

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