Hybridanleihen: Hohe Zinsen, hohes Risiko

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Hybridanleihen werden verzinst wie eine Anleihe. Die Laufzeit ist aber oft unbegrenzt. Im Insolvenzfall bekommen Anleger meist nicht einmal eine Quote.

Wien. Von heute bis voraussichtlich Donnerstag läuft die Zeichnungsfrist für die Hybridanleihe des Tiroler Spanplattenherstellers Egger. Das Papier soll an der Wiener Börse im geregelten Freiverkehr gehandelt werden. Das Emissionsvolumen liegt bei 100 Millionen Euro, gestückelt wird zu 1000 Euro, es ist also durchaus privatanlegertauglich.

Die Zinsen sind verlockend: Für die ersten drei Jahre wird ein Fixzinssatz von sieben Prozent pro Jahr geboten, für die nächsten vier Jahre der Vierjahres-Swap-Satz vom 12.10. 2016 plus 6,56 Prozent p.a., danach der Dreimonats-Euribor plus 8,86 Prozent jährlich. Selbst der Ausgabeaufschlag – Zeichner zahlen 101,673 Prozent des Nennbetrags, als Tilgung erhält man 100 Prozent zurück – schreckt da nicht wirklich.

„Tief nachrangig“

Womit sich die Frage aufdrängt: Wo ist der Haken an der Sache? Und natürlich gibt es den. Die Hybridanleihe ist – so steht es im Prospekt – „tief nachrangig“. Eine solche Anleihe „ist strukturelles Eigenkapital“, sagt der auf Bankrecht und Finanzierung spezialisierte Rechtsanwalt Markus Fellner. Das heißt: Im Insolvenzfall werden die Inhaber dieser Anleihen erst nach den anderen Gläubigern bedient – auch nach jenen, die „normale“ Anleihen besitzen (bei Egger laufen derzeit drei Anleihen mit 120, 200 und 150Millionen Euro Nominale). Käme es zu einer Insolvenz, dürften Hybridanleihen-Inhaber also realistischerweise nicht einmal auf eine Quote hoffen. Ihr Geld wäre weg.

Nun könnte man meinen, der Unterschied zwischen „normalen“ und nachrangigen Unternehmensanleihen sei nur marginal, weil ja auch Erstere im Insolvenzfall – siehe Alpine – höchstens für eine Miniquote gut sind. Warum sollte man da nicht gleich eine Hybridanleihe nehmen, die mehr Zinsen bringt? Das stimmt nicht immer: Es gibt auch Insolvenzfälle, bei denen noch einiges Vermögen vorhanden ist. Dann ist es nicht egal, welchen Rang eine Forderung hat.

Emittenten von Hybridanleihen dürfen auch Zinszahlungen aufschieben. Und können sich meist aussuchen, wann sie das geborgte Geld zurückzahlen. Die Egger-Anleihe etwa läuft zeitlich unbegrenzt. Zurückgezahlt werden kann sie nach drei oder nach sieben Jahren, danach zu jedem vierteljährlichen Zinszahlungstermin.

Zinsen motivieren zur Tilgung

Die hohen Zinsen sind die Entschädigung für so viele Unwägbarkeiten. Und bedeuten für Emittenten solcher Anleihen immerhin einen Ansporn, sich mit der Rückzahlung nicht zu viel Zeit zu lassen. Man plane, spätestens nach sieben Jahren zurückzuzahlen, sagt denn auch Egger-Finanzchef Thomas Leissing.Aus Emittentensicht macht gerade die Eigenkapitalähnlichkeit den Reiz dieser Finanzierungsform aus. „Wir dürfen die Anleihe auch bilanziell als Eigenkapital darstellen“, so Leissing. Unternehmen, die von ihren Kennzahlen her kapitalmarkttauglich sind, aber keine Börsengang wollen oder dafür zu klein sind, können sich so „Eigenkapital auf Zeit“ verschaffen. Der Anleihenmarkt sei außerdem langfristig günstig, sagt Leissing. Und das Marktumfeld gerade jetzt gut, denn Anleger seien auf der Suche nach interessant verzinsten Investmentmöglichkeiten. Viele würden auch gern in ein Unternehmen investieren, „das und dessen Produkte sie kennen“.

Gut kennen sollte man ein Unternehmen tatsächlich, wenn man sich auf ein solches Investment einlässt. Eine Kernfrage, die man sich stellen muss, lautet: Würde ich unbesorgt auch Aktien des Emittenten kaufen? Wenn nicht, sollte man auch von Hybridanleihen die Finger lassen. Wenn doch, stellt sich die nächste Frage: Warum investiert man dann nicht gleich in den Aktienmarkt? Fellner hat da eine klare Position: „Wer Eigenkapital will, soll auch Eigenkapital zeichnen.“ Denn bei Aktien stehen dem vollen Risiko unbegrenzte Ertragsmöglichkeiten gegenüber. Bei Hybridanleihen hat man praktisch dasselbe Risiko, die Erträge sind aber gedeckelt, das Kurspotenzial ist geringer.

Bei Unternehmen wie Egger, die nicht börsenotiert sind, kann es trotzdem ein Argument für die Hybridanleihe geben: dass man eben, aus persönlicher Überzeugung, exakt in dieses Unternehmen sein Geld stecken will. Und das Eigenkapitalrisiko bewusst eingeht. Die Alternative, Aktien zu kaufen, hat man hier ja nicht.

Was Sie beachten sollten bei... Hybridanleihen

Tipp 1

Emittentenrisiko. Ein solches trägt man bei jeder Anleihe: Wird der Anleiheschuldner insolvent, ist der Anspruch auf Rückzahlung nicht mehr viel wert. Hybridanleihen sind aber gegenüber den anderen Schulden des Emittenten nachrangig und deshalb noch riskanter. Im Insolvenzfall hätte man kaum eine Chance auf eine Quote. Faktisch wäre man dann nicht besser dran als ein Aktionär.

Tipp 2

Unbegrenzte Laufzeit. Anders als bei anderen Anleihen kann man mit der Tilgung zu einem bestimmten Termin nicht fix rechnen. Nimmt man an, dass man das Geld in ein paar Jahren brauchen wird, sollte man es also lieber nicht in Hybridanleihen stecken. Zwar kann man die Papiere auch vor der Tilgung verkaufen, aber nur zum dann aktuellen Kurs.

Tipp 3

Lieber gleich Aktien kaufen? Vieles spricht dafür. Das Risiko ist praktisch gleich, die Ertragsmöglichkeiten sind bei Aktien unbegrenzt, bei Hybridanleihen mehr oder weniger mit der Höhe der Zinsen gedeckelt (weil das Kurspotenzial geringer ist). Über Hybridanleihen kann man allerdings – so man das unbedingt will – auch in Unternehmen investieren, die nicht an der Börse notieren.

Tipp 4

Genau hinschauen. Wer sich auf ein solches Investment einlässt, sollte das nur mit Geld tun, dessen Verlust man verschmerzen könnte. Und auch nur, wenn man das Unternehmen kennt, sich genau über dessen wirtschaftliche Lage informiert hat und dem Geschäftsmodell vertraut. Sonst hat man zu viele schlaflose Nächte. Selbst wenn es am Ende gut geht, ist es das kaum wert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2013)

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