Den Sparbuchverlusten entwischen

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Die Zinsen auf dem Sparbuch sind zu niedrig, um das Ersparte vor der Inflation zu schützen. Aber welche Alternativen gibt es für die Anleger, ohne hohe Risken und lange Laufzeiten eingehen zu müssen? Eine Spurensuche.

Wien. Anlageexperten und Ökonomen haben leicht reden. Anleger müssten in Zeiten extrem niedriger Zinsen eben höhere Risken eingehen, sagen sie. So einfach ist das aber nicht.

Viele dieser Experten arbeiten für Anlagefonds oder Banken. Und die wollen natürlich ihre Produkte unter die Leute bringen. Da lässt es sich leicht dafür argumentieren, in riskante Fonds zu investieren. Das soll nicht davon ablenken, dass man mit normalen Sparbüchern der heimischen Filialbanken tatsächlich deutliche Realverluste erleidet. Auch mit Bausparverträgen wird man sein Geld langfristig nicht vor der Inflation schützen können. Mit Lebensversicherungen wird man ebenfalls nicht reich.

Bleibt die große Frage: Gibt es Alternativen, um diese extreme Niedrigzinsphase ohne Verluste zu überstehen, ohne dabei hohe Risken und lange Laufzeiten eingehen zu müssen? Eine Spurensuche.

• Höher verzinste Sparbücher: Die einfachste Möglichkeit ist, das Sparbuch mit dem besten Zinsangebot zu wählen. Hierzulande bietet die türkischstämmige Vakifbank für ein einjähriges Sparbuch 1,625Prozent. Nach einem Jahr erleidet der Kunde einen realen Verlust (nach Steuern und einer Inflation von zwei Prozent) von 0,8 Prozent. Die Bank besitzt eine österreichische Banklizenz. Die Einlagen von Privatkunden sind daher auch hier bis zu 100.000 Euro gesichert.

Wer lieber auf geläufige Namen setzt, könnte das Geld auf ein Sparbuch der Volksbank Graz tragen. Die bietet einen Zinssatz von knapp über einem Prozent. Aber: Sie verlangt eine Kontoschließungsgebühr von sieben Euro. Bei einem Anlagebetrag von 5000 Euro macht die Nettorendite (nach Steuern und Kosten) nur rund 0,6 Prozent aus. Das ist geringfügig besser als das Sparbuch der Wiener Volksbank. Die bietet zwar nur einen Zinssatz von 0,75 Prozent, dafür ohne Kosten. Die Rendite nach Steuern liegt knapp unter 0,6 Prozent.

Auch damit fährt der Kunde reale Verluste ein, aber nicht so hohe wie bei der Bank Austria. Dort beträgt die Rendite für ein einjähriges Sparbuch läppische 0,15 Prozent.

• Dividenden: Aktien mit hohen Dividenden sind in Zeiten niedriger Zinsen äußerst interessant. Deswegen, weil die Dividende ein Sicherheitspolster vor Kursverlusten ist und Anleger an möglichen Kursgewinnen mitnaschen können. Ein Beispiel: Ein Anleger investiert etwas mehr als 5000 Euro in Aktien der Post (ISIN: AT0000APOST4). Er hofft, dass das Unternehmen im Frühling 2014 wieder eine Dividende von 1,8 Euro pro Aktie auszahlt. Das ist enorm, weil es aus heutiger Sicht eine Dividendenrendite von über fünf Prozent ausmacht.

Sicherheitspolster bei der Post

Ein Szenario: Der Anleger behält die Post-Aktien ein Jahr, bevor er sie wieder verkauft. In der Zwischenzeit streift er die Dividende ein. Er zieht alle Kosten (Transaktion für Kauf, Verkauf, Depotgebühren, Dividendensteuer, Inflationsrate) ab. Diese Kosten sind deutlich geringer als die gesamte Dividende. Das heißt, wenn der Aktienkurs der Post in einem Jahr auf dem gleichen Niveau ist, macht der Anleger allein mit der Dividende einen realen Gewinn (nach Inflation) von über einem Prozent. Anders formuliert: Die Post-Aktie könnte in einem Jahr um ein Prozent zurückgehen, und der Kunde hätte noch immer die Kaufkraft seines Kapitals erhalten. Das klingt nicht schlecht. In diesem Fall bedeutet die Dividende einen (realen) Sicherheitspolster von über einem Prozent.

Aktienanleihe: Das klingt schon nett, wenn man 7,5 Prozent einstreifen kann. Solche „Traumzinsen“ gibt es für eine Aktienanleihe der Erste Group (ISIN: AT000B119854), die mit der Aktie von VW verknüpft ist. Der Anleger muss nichts weiter machen, als zu hoffen, dass der VW-Aktienkurs in den nächsten zwölf Monaten nicht stark abstürzt. Zahlt sich dieses Investment aus?

Ein Beispiel: Der Anleger kauft Anleihen zum Nennwert von rund 5000 Euro und hält sie ein Jahr bis Oktober 2014. In der Zwischenzeit streift er einen Zinsertrag von 280Euro (nach Steuern) ein, bezahlt Depotgebühren von fast 20Euro und den Ausgabeaufschlag von 25 Euro. Zudem berücksichtigt er eine Inflation von zwei Prozent pro Jahr. Unter dem Strich erzielt er damit einen Nettoertrag (nach Inflation) von fast drei Prozent. Das ist ganz passabel. Das Zittern kommt aber in einem Jahr. Wenn der VW-Aktienkurs dann auf einem ähnlichen Niveau wie heute notiert, gewinnt der Anleger. Dann hat er seinen realen Gewinn von fast drei Prozent gemacht. Wenn der VW-Aktienkurs um 20 Prozent gestiegen ist, wird er sich ärgern. Denn er nascht am Aktienanstieg nicht mit und muss sich stattdessen mit drei Prozent begnügen.

Drittes Szenario: Der VW-Kurs fällt um 20 Prozent. Dann ist der Kunde der Verlierer. In diesem Fall bekommt er in einem Jahr VW-Aktien ausgehändigt und nimmt den Kursverlust mit. Aber: Der Zinsertrag von drei Prozent dämpft diesen Kursverlust ab, wenn er ihn auch bei Weitem nicht aufwiegt.

Mit anderen Worten: Der Anleger hat mit der Aktienanleihe einen Sicherheitspolster von real drei Prozent. Denn den Zinskupon der Aktienanleihe von 7,5 Prozent macht ihm keiner streitig, egal bei welchem Szenario. (ker)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2013)

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