Warum Vorsichtige umdenken sollten

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Markus Neumann erklärt in seinem Buch "Geldanlage für Vorsichtige", welche Risken das Investment in reale Werte birgt und warum man Prognosen nicht trauen sollte.

Wien. Für konservative Anleger ist die Geldanlage zur Herausforderung geworden. Die Strategie, auf festverzinsliche Anlageformen zu setzen und Aktien zu meiden, ist längst nicht mehr sicher: Sie birgt die Gefahr des Kaufkraftverlusts. Vorsichtige Anleger müssen sich um Alternativen umsehen. Das Problem: Die sichere, ertragreiche Anlage, die auch vor Inflation schützt, gibt es nicht. Warum das so ist, erklärt Markus Neumann in dem von der deutschen Stiftung Warentest herausgegebenen Buch „Geldanlage für Vorsichtige“.

Er legt dar, warum man in absehbarer Zeit keine große Angst vor Inflation haben muss (die Ausweitung des Zentralbankengeldes führe nicht zwangsläufig zu einer höheren Teuerung, das Geld müsse auch unter die Leute gebracht werden, was bisher nicht der Fall sei; zudem erwarte kaum jemand in den nächsten Jahren einen großen Wachstumsschub). Die „Enteignung der Sparer“ funktioniere vielmehr über die „finanzielle Repression“, also die niedrigen Zinsen.

Wer dennoch auf Tagesgeld setzen will, den warnt Neumann vor Lockangeboten wie befristeten Angeboten (der attraktive Zins gilt nur für einen bestimmten Zeitraum) oder limitierten Beträgen (der attraktive Zins gilt etwa nur für 5000 Euro). Er rät, in Zeiten niedriger Zinsen keine Festgelder mit zu langen Laufzeiten abzuschließen. Im Zweifelsfall könne man sein Geld über ein „Treppendepot“ auf verschiedene Laufzeiten verteilen. Dabei bindet man je einen Teil etwa für ein Jahr, zwei Jahre, drei, vier und fünf Jahre und verlängert die Bindung nach Auslaufen um die jeweilige Laufzeit.

Da auch Vorsichtige in Zeiten wie diesen nicht nur auf Tagesgeld setzen sollten, stellt Neumann andere Anlageformen (Anleihen, Pfandbriefe, reale Werte, Rohstoffe, Aktien, Gold, Immobilien, Fonds) vor. Dabei hat er vor allem die deutsche Situation im Blick, die sich in einigen Details, etwa beim Mietrecht oder den Kündigungsfristen bei Immobilienfonds, von der österreichischen unterscheidet. Die meisten Tipps gelten aber für Österreicher genauso. Etwa, wenn der Autor vor falschen Hoffnungen warnt: Reale Werte können vor Inflation schützen, tun das aber nicht immer. Zwischen der Entwicklung der Börsen und der Inflation bestehe keine Korrelation. Nur langfristig habe man gute Chancen, mit Aktien die Inflation zu schlagen.

Bei Gold wiederum bilden sich häufig Spekulationsblasen, und wenn eine solche platzt, sei der Inflationsschutz dahin. Eine Immobilie biete nur dann Inflationsschutz, wenn die Mieteinnahmen mit der Teuerung steigen und sich gleichzeitig die Kreditraten nicht erhöhen. Tatsächlich steigen in Zeiten hoher Inflation oft die Zinsen, die Mieten ziehen häufig erst zeitverzögert nach.

Potenzielle Aktienkäufer erhalten Tipps, wie sie den richtigen Einstiegszeitpunkt erkennen: Die Indizes liegen ein Drittel oder mehr unter ihren Höchstständen, Anleger fliehen in Scharen aus Aktienfonds, Börsengänge werden verschoben, und Banken werben vor allem mit Garantieprodukten.

Indizien für einen günstigen Preis von Aktien sind grundsätzlich ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis, eine hohe Dividendenrendite und ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis. Das Problem sei, dass es sich meist um den geschätzten Gewinn bzw. die geschätzte Dividende der Zukunft handle, und Prognosen oft falsch seien.

Denn Banken gehen gern auf Nummer sicher und sagen meist, dass ein Index im Folgejahr um sieben bis neun Prozent steigen werde. „Mit so einer Prognosestrategie schürt man die Hoffnung der Kunden und lehnt sich gleichzeitig nicht zu weit aus dem Fenster. Liegt man daneben, steht man nicht allein da.“ Tatsächlich war die Jahresrendite des DAX zwischen 1948 und 2012 in 46 Jahren zweistellig, rechnet Neumann vor, davon in 13 Fällen negativ. „In nur elf Fällen endete das Jahr mit einem einstelligen positiven Ergebnis.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2013)

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