Renaissance bei europäischen Aktien

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Um für künftige Risken gerüstet zu sein, setzen die Anlagestrategen auf Investments, die wenig miteinander korrelieren: So sichern sie sich mit niedrig verzinsten Staatsanleihen gegen Kursrückgänge an den Börsen ab.

Wien. Die Finanzmärkte zeigten sich in den vergangenen Wochen ziemlich widerstandsfähig gegenüber Krisen: Die zu Jahresbeginn wegen der Währungsturbulenzen in den Schwellenländern kurz eingeleitete Korrektur wurde ausgebügelt, der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verunsicherte die Börsen nur kurz.

Doch rüsten die Fondsmanager für das Auftreten möglicher Risken. Auf dem Fondskongress, der vergangene Woche in Wien über die Bühne ging, sprachen die Finanzexperten über ihre Strategien. Dabei zeigte sich: Die meisten setzen nach wie vor auf Aktien. Nicht nur Aktienfondsmanager, sondern auch solche, die die Möglichkeit haben, in andere Finanz-instrumente zu investieren. Oscar Pulido ist Mitglied der Multi-Asset-Strategies Group von Blackrock. Der Global Allocation Fund investiert in Aktien, Anleihen und Cash– und das weltweit. Momentan hält man 61 Prozent Aktien. „Außerhalb von Aktien Erträge zu erzielen, ist sehr schwierig“, meint Pulido. Gegenwärtig hat er vor allem Japan und Europa auf dem Radar. Dort gebe es noch günstige Einkaufsmöglichkeiten. Eine Ansicht, die Uwe Zöllner von Franklin Templeton Investments teilt: Die Zeiten, in denen man sich als Manager eines Europa-Aktienfonds fast schon entschuldigen musste, seien vorbei, erzählte er bei einem Vortrag auf dem Fondskongress.

Um querbeet in europäische Aktien einzusteigen, dafür sei es aber auch zu spät. Aktien aus der Basisgüterbranche seien bereits teuer. Nun könnte man sich mit Aktien jener Branchen eindecken, die noch billig sind, also Banken oder Versorger. Hier müsse man aber selektiv vorgehen, denn in vielen Bankportfolios schlummerten noch Risken. Vielen Versorgern (vor allem deutschen) machen Überkapazitäten und die starke Förderung erneuerbarer Energien zu schaffen. „Es ist derzeit kein Sektor- oder Stilthema in Sicht“, sagt Zöllner. Die eine Branche, auf die man jetzt setzen sollte, gebe es nicht. Er selbst kauft selektiv ein– und zwar sowohl große Unternehmen wie Roche als auch kleine Firmen. Im Jahr 2012, als die meisten Anleger von spanischen Papieren die Finger ließen, investierte er in das Broadcasting-Unternehmen Mediaset España, das besser dastand als die Konkurrenz und damit Wettbewerbsvorteile hatte. Die Aktie ist seither stark gestiegen– und Zöllner sucht weiter nach solchen Schnäppchen.

Ertrag mit Anleihen?

Auch Pulido von BlackRock sieht sich jetzt vor allem in Japan und Europa um. Den US-Anteil hat er zuletzt heruntergefahren, weil dieser Markt nicht mehr günstig sei. Mit Emerging-Market-Investments halte man sich „noch“ zurück. Es könnte aber sein, dass sich das bald ändere. „Wir investieren aber weniger in Märkte als in konkrete Unternehmen. Wenn sich in den Emerging Markets interessante Investmentchancen auftun, werden wir stärker investieren“, sagt Pulido. Der Global Allocation Fund beinhaltet 700 Positionen, was für einen Fonds sehr viel ist. Die Folge sei, dass er sich in schlechten Zeiten besser halte als vergleichbare Fonds, in Boomzeiten zwar nicht ganz so stark anziehe wie die Aktienmärkte, über einen längeren Zeitraum aber die Märkte schlage.

Was Anleihen betrifft, so gibt Pulido Staatsanleihen den Vorzug. Und zwar zur Absicherung. „Wäre ich ein reiner Anleiheninvestor, würde ich High-Yield-Bonds kaufen“, räumt er ein. Das sind Schuldverschreibungen von Unternehmen mit schlechter Bonität. Diese werfen gegenwärtig relativ hohe Erträge im Vergleich zu Staatsanleihen ab (trotz des höheren Ausfallrisikos).

Qualität wird schlechter

Wegen der niedrigen Zinsen an den Märkten wurden Anleiheinvestoren zunehmend dazu gedrängt, in riskantere Produkte zu investieren, wie Lewis Aubrey-Johnson von Invesco erklärt. Durch die starke Nachfrage ist aber auch die Qualität der Anleihen gesunken. Gleichzeitig haben sich die Aufschläge zwischen „guten“ und „weniger guten“ Anleihen angenähert. Doch es gebe weiter gute Möglichkeiten zu investieren: Der Pan European High Income Fund von Invesco hat in eine Lloyds-Anleihe investiert, die bis 2020 läuft und einen Kupon von 6,5 Prozent bietet. DNCA Finance, das erst seit Kurzem auf dem österreichischen Markt vertreten ist, sieht etwa Kaufgelegenheiten in Peripheriemärkten wie Spanien oder Italien. Beim Fonds DNCA Invest Eurose achtet man zudem auf die Kreditqualität und darauf, dass mindestens 50 Prozent der Anleihen mit dem Prädikat „Investment Grade“ ausgestattet sind. Aber: „High-Yield-Bonds korrelieren stark mit den Aktienmärkten“, gibt Pulido von Blackrock zu bedenken. Käme es zu einem Absturz an den Börsen, würde es die High-Yield-Bonds mit nach unten reißen. Die Kurse von Staatsanleihen legen in solchen Phasen aber zu.

Asien als Beimischung

Bryan Collins, Manager des Fidelity Asian High Yield Fund, sieht indes gerade in asiatischen High-Yield-Anleihen eine gute Beimischung fürs Depot, weil asiatische Anleihen nicht so stark mit den europäischen und amerikanischen Märkten korrelieren. Indonesien, Indien und China böten in diesem Bereich interessante Anlagemöglichkeiten. Gleich geratete Firmen in China haben ein geringeres Ausfallrisiko als etwa in Europa oder den USA. Freilich reichten die Vergleichsdaten erst wenige Jahre zurück, räumt Collins ein. Deswegen seien die Investoren noch vorsichtig.

Was Sie beachten sollten bei ...

Tipp 1

Aktien oder Anleihen? Aktien werfen langfristig meist höhere Renditen ab als Anleihen, schwanken aber stärker. Wer in Aktienfonds investiert, sollte sein Geld idealerweise in den ersten Jahren nicht brauchen. Mit Anleihenfonds (auch Rentenfonds genannt) kann man ebenfalls mehr Risiko (etwa mit High-Yield-Bonds) oder weniger (mit Staatsanleihen) eingehen.

Tipp 2

Aktiv oder passiv? Bei klassischen Fonds kümmert sich ein Fondsmanager um die Veranlagung. Doch gibt es auch passive gemanagte Fonds (Exchange Traded Funds), die etwa einen Index nachbilden. Dadurch fallen weniger Kosten für das Management an. Ein aktiv gemanagter Fonds rechnet sich dann, wenn man dem Fondsmanager zutraut, den Markt zu schlagen.

Tipp 3

Groß oder klein? Es gibt Fonds mit einem Marktvolumen von ein paar Millionen oder ein paar Milliarden Euro. Letzteres ermöglicht dem Fonds, sehr breit zu streuen. Andererseits tut er sich auch schwerer, schnell und flexibel auf neue Marktchancen zu reagieren oder den Markt zu schlagen. Denn sobald er großflächig investiert, bewegt er selbst den Markt.

Tipp 4

Speziell oder allgemein? Es gibt Mischfonds, die in Aktien und Anleihen aus aller Welt investieren, aber auch Themenfonds, die sich auf bestimmte Branchen in bestimmten Regionen spezialisieren. Je breiter ein Fonds aufgestellt ist, desto besser streut man sein Vermögen. Umgekehrt hat man die Chance, mit sehr speziellen Themen den Markt zu schlagen.

Fonds

Tipp 5

„Nachhaltig“ oder nicht? Viele Fonds tragen das Etikett „nachhaltig“. Das bedeutet, dass sie bei der Veranlagung nach ethischen oder ökologischen Kriterien vorgehen. Welche das sind, ist von Fonds zu Fonds unterschiedlich. Das kann dazu führen, dass bestimmte Firmen von dem einen nachhaltigen Fonds ausgeschlossen werden und in einem anderen enthalten sind.

Tipp 6

Sondervermögen. Bei einem Fonds handelt es sich um ein Sondervermögen. Geht die Kapitalanlagegesellschaft, die den Fonds aufgelegt hat, pleite, ist das Geld der Anleger sicher. Das unterscheidet Fonds etwa von Zertifikaten, bei denen man ein Emittentenrisiko (Risiko, dass der Emittent pleitegeht) eingeht. Dennoch gibt es auch bei Fonds Risken.

Tipp 7

Risken. Dass das Fondsvermögen im Fall der Insolvenz der Fondsgesellschaft sicher ist, bedeutet noch lange nicht, dass man nicht trotzdem Geld verlieren kann. Dann nämlich, wenn einzelne Wertpapiere im Fonds an Wert verlieren. Theoretisch ist sogar ein Totalverlust möglich. Bei einem Fonds ist das aber eher unwahrscheinlich, da er ja viele Wertpapiere beinhaltet.

Tipp 8

Kosten. Die Kennziffer „TER“ (Total Expense Ratio) gibt Auskunft über die laufenden Kosten, die man bei einem Fonds hat und die die Rendite schmälern. Sie kann als Vergleichsziffer bei der Fondsauswahl dienen. Doch sagt sie nicht aus, wie viel man insgesamt für den Fonds ausgeben muss: Häufig fällt etwa beim Kauf ein Ausgabeaufschlag an.

Tipp 9

Steuern. Für Ausschüttungen zahlt man 25 Prozent Kapitalertragssteuer. Behält der Fonds die Dividenden ein oder kommt es zu Kursgewinnen, fällt zunächst auf Fondsebene ein Teil der Kapitalertragsteuer an. Fonds können, anders als Privatanleger, Gewinne und Verluste aus verschiedenen Jahren ausgleichen. Verkauft der Anleger den Anteil, wird der andere Teil fällig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2014)

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