Staatsanleihen als Verkaufsschlager

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Analyse. Seit Jahren empfehlen viele Experten den Anlegern, österreichische Staatsanleihen nicht zu kaufen. Das bringe nur reale Verluste. In der Zwischenzeit sind deren Anleihekurse aber rapid gestiegen.

Wien. Österreich ist gefragt, zumindest bei den Investoren. Die Zinserträge sind zwar extrem gering – egal, die Anleger nehmen, was sie derzeit kriegen können. Erst kürzlich hat die Republik zwei Bundesanleihen um rund eine Milliarde Euro aufgestockt. Die Nachfrage nach den Papieren war enorm.

Offensichtlich können die Anlageexperten noch so sehr den Anlegern renditeträchtigere (und damit riskantere) Aktien einreden und gleichzeitig erzählen, dass biedere Staatsanleihen wie jene von Österreich sichere Verluste bringen– der Andrang nach diesen Anleihen ist dennoch ungebrochen. Etwa für jene Österreich-Anleihe, die noch eine Laufzeit von 30 Jahren hat (ISIN: AT0000A0VRQ6).

Deren Kurs ist in den vergangenen Monaten rasant in die Höhe geschnellt. Heute steht die Anleihe bei einem Kurswert von über 120 Prozent – und notiert damit um 19 Prozent höher als noch im September des Vorjahres.

Sicherer Realverlust

Klar, das Papier ist mittlerweile nur zu einem hohen Preis zu haben, daher ist die Rendite für den Anleger geringer als noch vor wenigen Monaten. Aktuell macht sie knapp mehr als zwei Prozent aus. Nach Abzug der Steuer und aller Kosten ergibt das einen jährlichen Nettozinsertrag von vielleicht etwas mehr als einem Prozent. Rechnet man die jährliche Inflation weg, würde sich nach 30 Jahren ein ziemlich dicker Realverlust anhäufen. Die Anleger geben sich aber mit dem Zinssatz zufrieden. Schließlich ist eine Bruttorendite von über zwei Prozent bei sicheren Bonds derzeit eine Rarität. Von solchen Zinssätzen sind die Anleihen mit kürzeren Laufzeiten natürlich weit entfernt. Für eine zehnjährige Österreich-Anleihe (ISIN: AT0000A185T1) gibt es derzeit eine Bruttorendite von rund 1,4 Prozent. Nach Abzug der Steuer, aller Kosten und der Inflation ergibt das ein jährliches Minus von rund 1,5 Prozent.

Hohe Kurse drücken Rendite

Oder die Österreich-Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit (ISIN: AT0000A0VRF9): Wenn ein Kunde diese heute kauft, streift er in den nächsten fünf Jahren gerade einmal eine Bruttorendite von nicht einmal 0,4 Prozent ein. Zwar wirft das Papier einen jährlichen Kupon von 1,95 Prozent ab. Aber mittlerweile ist der Bond um fünf Prozent teurer als noch vor neun Monaten. Eine Bruttorendite ist praktisch nicht mehr existent, der Realverlust liegt je nach Höhe der Kosten und der Inflation bei zwei Prozent p. a. und höher.

Aber gerade an dieser Laufzeit können Investoren erkennen, wie sicher die Republik Österreich derzeit eingeschätzt wird. Ein Indikator ist der Preis, den man bezahlt, um sich gegen einen Ausfall von Anleihen zu versichern (das geschieht mit sogenannten Credit Default Swaps). Derzeit liegt diese Versicherungsprämie für fünfjährige Laufzeiten bei rund 0,33 Prozent. Vereinfacht gesagt: Wenn man österreichische Staatsanleihen im Wert von 100.000 Euro über fünf Jahre absichern will, müsste man theoretisch eine Prämie von circa 330 Euro zahlen.

Im europäischen Vergleich zählt damit Österreich zu den sichersten Ländern für die Investoren. Am sichersten werden die stabilen Nordstaaten außerhalb der Eurozone eingeschätzt, etwa Dänemark und Schweden. Deutschland zählt zum sichersten Land innerhalb der Eurozone, die Niederlande sind auf annähernd gleichem Niveau wie Österreich. Anders als etwa Portugal. Dort macht die Prämie fast zwei Prozent aus.

Kursgewinne möglich

Sichere Anleihen bedeuten derzeit tatsächlich sichere Realverluste – aber nur, wenn man sie bis zum Ende der Laufzeit behält. Dazwischen könnten sich allerdings hohe Kursgewinne einfahren lassen. Etwa dann, wenn die Experten empfehlen, niedrig verzinste Anleihen zu verkaufen. Und die Europäische Zentralbank Wochen später verkündet, eine noch lockerere Geldpolitik zu verfolgen. Dann gehen die Kurse der vermeintlichen biederen Staatsanleihen wie etwa jene von Österreich wieder in die Höhe. (ker)

STAATSANLEIHEN

Österreich, Deutschland, die Niederlande und die skandinavischen Staaten gelten als sehr sicher. Dementsprechend teuer sind ihre Anleihen. Auch für sehr lange Laufzeiten erhält man nur noch geringe Bruttorenditen. Nach Abzug der Inflation erleidet man einen Verlust. Doch kann man darauf hoffen, die Anleihen zwischenzeitlich mit Gewinn zu verkaufen– etwa dann, wenn die Geldpolitik noch einmal gelockert wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2014)

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