Privatstiftungen: Philanthropen haben es schwer

(c) APA/PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEID (PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEIDER)
  • Drucken

Gemeinnützige Stiftungen haben zwar Steuervorteile, Projekte zu fördern reicht dafür aber nicht. Gehofft wird auf eine Reform, die die Latte etwas niedriger legt.

Wien. Der neue Finanzminister, Hans Jörg Schelling, veröffentlichte kürzlich Zahlen, die die Vermögensteuerdebatte weiter anheizen dürften. Nämlich, wie viel den österreichischen Privatstiftungen – in denen nach Schätzungen ein Vermögen von 80 bis 100 Milliarden Euro liegt – an Steuern vorgeschrieben wird. Demnach hatten im Vorjahr 3209 Privatstiftungen 451 Millionen Euro zu berappen („Die Presse“ berichtete). Zu relativieren ist das insofern, als dabei nur die Steuervorschreibungen an die Stiftungen selbst berücksichtigt wurden, vor allem die Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer. Nicht eingerechnet wurde, wie viel jene Unternehmen zahlen, an denen Stiftungen beteiligt sind.

Wenn es um den Beitrag von Privatstiftungen zum Gemeinwohl geht, ist das Steueraufkommen jedoch nicht der einzige Aspekt. Ebenfalls wesentlich ist, wie stark sie sich für gemeinnützige Zwecke engagieren. Das hält sich hierzulande in auffallend engen Grenzen: Laut Zahlen des Fundraising Verbandes Austria spendet, statistisch gesehen, jeder Österreicher 60 Euro pro Jahr; 2013 betrug das Spendenaufkommen insgesamt rund 510 Millionen Euro. Gemeinnützige Stiftungen bringen im Vergleich dazu (nach Zahlen aus dem Jahr 2010) rund 25 Millionen Euro jährlich auf. Legt man das auf die Gesamtbevölkerung um, ergeben sich bescheidene drei Euro pro Kopf. Anders sind die Relationen etwa in Deutschland: Dort spenden gemeinnützige Stiftungen rund 180 Euro pro Einwohner. Nicht zuletzt dadurch (und überhaupt durch ein höheres Aufkommen an Großspenden) kommt Deutschland insgesamt auf ein Spendenaufkommen von 87 Euro pro Kopf und Jahr. Bei näherem Hinsehen ist das nicht weiter verwunderlich: Hierzulande sind nicht einmal fünf Prozent der Privatstiftungen gemeinnützig, in Deutschland ist die Relation umgekehrt. Die österreichische Situation ist laut Fundraising Verband „die absolute Ausnahme“: Europaweit finanzieren rund 110.000 Stiftungen gemeinnützige Einrichtungen und Projekte mit insgesamt 83 bis 150 Mrd. Euro.

Dass in Österreich kaum jemand eine gemeinnützige Stiftung gründet, liegt nach Ansicht von Experten aber nicht an mangelndem Willen, sondern vor allem an rechtlichen Hürden. Gemeinnützige Privatstiftungen genießen zwar steuerliche Vorteile: Sie zahlen keine Stiftungseingangssteuer, „und manche Erträge in der Stiftung sind ebenfalls steuerbefreit, jedoch bleibt die Steuerpflicht für Einkünfte, die einem Steuerabzug unterliegen (zum Beispiel Kapitaleinkünfte oder Immobilienveräußerungen)“, so Erik Malle, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei PwC. Aber: Es ist alles andere als leicht, vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt zu werden. Vor allem muss die Stiftung dafür „unmittelbar“ gemeinnützig tätig sein. „Sie muss also eigene gemeinnützige Projekte umsetzen“, sagt Malle. Leistet sie Zuschüsse für ein Projekt, das auch noch andere Förderer hat, zählt das nicht. Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbandes, bringt ein anderes Beispiel: „Einen Künstler zu fördern, reicht nicht. Man müsste ihn schon anstellen oder ihm Aufträge für Werke geben.“ Bei Forschungsprojekten gelte das Gleiche: Nur wenn die Stiftung einen Forschungsauftrag selbst vergibt, erfüllt sie die Bedingungen, aber nicht, wenn sie etwa eine Uni bei deren Arbeit finanziell unterstützt. „Fördern ist gemeinnützigkeitswidrig“, bringt Lutschinger die Problematik auf den Punkt.

Hoffen auf Reform

Dazu kommt hoher bürokratischer Aufwand – so ist laut Malle ein jährlicher Prüfbericht eines Wirtschaftsprüfers nötig. „Und jede kleine Satzungsänderung muss vom Finanzministerium genehmigt werden.“ Außerdem muss die Stiftung drei Jahre gemeinnützig tätig sein, damit das steuerlich anerkannt wird – es sei denn, sie kann ein gemeinnütziges Projekt, das bereits mindestens so lang läuft, übernehmen. So hat es etwa die von Capital Bank und Fundraising Verband gegründete Dachstiftung Philanthropie Österreich – an der sich jetzt „Zustifter“ beteiligen können – geschafft, schneller zum Gemeinnützigkeitsstatus zu kommen. Der Regelfall ist das nicht.

Verbesserungen könnte eine von der Regierung angekündigte Reform des Stiftungsrechts bringen, die Gemeinnützigkeit attraktiver machen soll. „Alle hoffen, dass ein großer Wurf kommt“, sagt Malle.

Eine andere heuer umgesetzte Reform hatte allerdings einen gegenteiligen Effekt: Durch die Neuregelung der Grunderwerbsteuer wurde es teurer, Liegenschaften in Privatstiftungen einzubringen. Denn auch Stiftungen müssen bei unentgeltlichen Zuwendungen die Grunderwerbsteuer jetzt nicht mehr vom dreifachen Einheitswert, sondern vom Verkehrswert zahlen. Dabei beträgt der Steuersatz 3,5 Prozent plus einem – schon bisher geltenden – Zuschlag von 2,5 Prozent. „Es fallen also sechs Prozent vom Marktwert an“, sagt Malle. Gemeinnützige Stiftungen sind davon nicht ausgenommen.

In der politischen Diskussion begrüßen es übrigens nicht alle uneingeschränkt, wenn sich Privatpersonen, und damit auch Stiftungen, etwa in der Forschungsförderung, allzu sehr hervortun. So gibt es Bedenken, der Staat würde dann Verantwortung abwälzen – und reiche Spender könnten entscheiden, was förderungswürdig ist und was nicht.

AUF EINEN BLICK

Privatstiftungen sind in Österreich in der überwiegenden Mehrzahl „eigennützig“. In vielen Ländern überwiegen dagegen die gemeinnützigen Stiftungen bei Weitem.

Steuervorteile für gemeinnützige Stiftungen gibt es auch in Österreich. Um als gemeinnützig anerkannt zu werden, muss die Stiftung (fast) ausschließlich gemeinnützig tätig sein und diesen Zweck außerdem „unmittelbar“ erfüllen. Vor allem Letzteres ist eine Hürde für viele Stifter: Das bedeutet nämlich, dass eigene gemeinnützige Projekte umgesetzt werden müssen. Die Stiftung muss also zum Beispiel selbst Forschungsaufträge in Auftrag geben. Fremde Projekte zu fördern oder etwa eine Uni finanziell zu unterstützen reicht nicht.

Von einer angekündigten Reform des Stiftungsrechtes erhofft man sich nun, dass Gemeinnützigkeit attraktiver wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.