Viele Zores bei Trennung ohne Trauschein

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Dass eine Scheidung teuer werden kann, ist allgemein bekannt. Paare, die nicht heiraten, gehen aber ebenfalls hohe finanzielle Risken ein, wenn sie keine vertraglichen Vereinbarungen treffen.

Wien.In letzter Zeit steuern offenbar wieder mehr Paare den Hafen der Ehe an: Laut Statistik Austria wurden heuer im ersten Halbjahr um 6,5 Prozent mehr Ehen geschlossen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Schon seit 2009 geht der Trend – wenn auch mit Unterbrechungen – in diese Richtung. Die Vermutung liegt nahe, dass in unsicheren Zeiten das Bedürfnis nach rechtlicher und finanzieller Absicherung größer wird. Wobei Letzteres naturgemäß vor allem den finanziell schwächeren Partner betrifft.

Dennoch gibt es nach wie vor sehr viele Paare, die ohne Trauschein zusammenleben. Und bei diesen ist von gesteigertem Sicherheitsbedürfnis oder auch nur Risikobewusstsein sichtlich wenig zu bemerken.

Kaum vertragliche Regeln

Im Vergleich zur Ehe sei die Lebensgemeinschaft etwa so zu sehen „wie die Prärie im Vergleich zum Schönbrunner Schlosspark“, sagte der auf Familienrecht spezialisierte Rechtsanwalt Norbert Marschall kürzlich auf einem Symposium zu diesem Thema (siehe auch Artikel unten). Dessen ungeachtet werden aber jene Absicherungsmöglichkeiten, die es für Paare ohne Trauschein gibt – von Partnerschaftsvertrag bis Testament –, von den wenigsten genützt. Das bestätigten auch andere Juristen, die an der Diskussion teilnahmen.

Nun könnte man annehmen, diese Form des Zusammenlebens sei typisch für Paare, bei denen kein Partner vom anderen finanziell abhängig ist. Das mag oft stimmen, lässt sich aber nicht verallgemeinern: In vielen Lebensgemeinschaften mit Kindern steckt ein Partner, meist die Frau, vorübergehend beruflich zurück und braucht in diesem Zeitraum Unterhalt. Solange die Beziehung besteht, ist das normalerweise kein Problem – wohl aber nach einer Trennung. Nur hat man als Ex-Lebensgefährtin eben keinen Anspruch darauf, es sei denn, man hat es vereinbart.

Aber selbst wenn beide gut verdienen, kann eine Trennung zum finanziellen Fiasko werden, wenn man keine Vorsorge getroffen hat. Vor allem betrifft das den gemeinsamen Wohnsitz. Wer beim Partner wohnt, muss womöglich von heute auf morgen seine Koffer packen und buchstäblich ins Hotel ziehen. Ein Anspruch zu bleiben, bis man eine andere Wohnung hat, besteht normalerweise nicht. Noch mehr riskiert, wer zur Renovierung von Wohnung oder Haus Geld beisteuert, das aber nicht dokumentiert.

Wer geht, wer bleibt?

Ist der Wohnsitz auch auf dem Papier ein gemeinsamer, weil beide Namen im Mietvertrag oder Grundbuch stehen, kann keiner der Partner den anderen einfach auf die Straße setzen. Schwierig wird es bei einer Trennung trotzdem, wenn man sich nicht einig wird, wer auszieht und wer bleibt. Bei Mietwohnungen ist es in Streitfällen schon darauf hinausgelaufen, dass das Gericht den Ex-Partnern eben Flächenanteile der Wohnung zur Nutzung zuwies – wahrlich keine zufriedenstellende Lösung. Bei gemeinsamem Eigentum wiederum kann es im Extremfall dazu kommen, dass beide ausziehen müssen, damit Wohnung oder Haus verkauft und der Erlös aufgeteilt werden kann.

Lebt man nicht nur zusammen, sondern betreibt auch gemeinsam ein Unternehmen, sind klare Regeln ebenfalls wichtig. Abhängig von den Gegebenheiten sollte ein Gesellschafts-, Dienst- oder eventuell Werkvertrag geschlossen werden. Auch darauf wird oft nicht geachtet – das betrifft allerdings Ehepaare genauso und führt bei Scheidungen ebenfalls häufig zu Problemen.

Noch etwas ist vielen nicht bewusst: Partner ohne Trauschein haben kein gesetzliches Erbrecht. Ohne Testament bekommen sie nicht einen Cent vom Nachlass – auch dann nicht, wenn der Verstorbene sonst keine Angehörigen hatte. Das Erbe kassiert dann der Staat.

Hatte der Verstorbene einen Gewerbebetrieb, hat man außerdem kein Fortbetriebsrecht laut Gewerbeordnung. Dieses haben nur Ehepartner, eingetragene Partner und Kinder.

LEXIKON

Lebensgemeinschaft. Eine gesetzliche Definition dafür gibt es bislang nicht. Die Judikatur versteht darunter eine eheähnliche, aber jederzeit auflösbare Verbindung von zwei Menschen. Kriterien dafür sind das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft und einer sexuellen Beziehung, seelischer Zusammenhalt der Partner und dass die Verbindung auf Dauer angelegt ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2014)

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