Passables Anlegerjahr dank Euroschwäche

(c) EPA (Karl-Josef Hildenbrand)
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Die ersten drei Quartale waren für Anleger vor allem turbulent. Investoren aus der Eurozone kam allerdings die Schwäche ihrer Währung zugute: So konnten sie mit US-Aktien zweistellige Erträge einfahren und sogar mit Gold gewinnen.

Wien. Die Ukraine-Krise, die Kämpfe im Irak und in Syrien, die enttäuschende Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone und schließlich negative Realzinsen– all das klingt nicht nach allzu guten Voraussetzungen für Anleger. Dass sich in den ersten drei Quartalen mit Aktien, Anleihen und Gold dennoch gutes Geld verdienen ließ (siehe Grafik), verdanken Investoren aus der Eurozone der Geldschwemme der Notenbanken, vor allem aber der Schwäche ihrer eigenen Währung. Ohne die Dollarstärke hätten sie mit US-Aktien nur kleine und mit Gold gar keine Gewinne erzielt. So lief das Jahr jedoch überwiegend gut an– zumindest für jene, die nicht unbedingt auf dem Heimatmarkt investieren wollten.

Wer hingegen gehofft hatte, dass der heimische ATX endlich einmal zu den großen Konkurrenten aus den USA oder Deutschland aufschließen würde, wurde heuer schon wieder enttäuscht. Während der US-amerikanische Aktienindex Dow-Jones zulegen konnte und der deutsche DAX in den ersten drei Quartalen seinen Wert zumindest stabil halten konnte (seither hat er ein wenig nachgegeben), ist das Wiener Börsenbarometer bis dato zweistellig ins Minus gerutscht.

Osteuropa-Skepsis drückt ATX

Die Erklärung, dass der DAX es leichter hat, weil in ihn auch Dividendenzahlungen einberechnet werden, reicht bei Weitem nicht aus, um den Unterschied zu erklären: Ohne Dividenden hätte das deutsche Börsenbarometer bis Ende September zwei Prozent eingebüßt; beim österreichischen ATX waren es 13 Prozent.

Ein Grund ist die starke Osteuropa-Lastigkeit vieler ATX-Firmen. Von den Sorgen wegen der Ukraine-Krise wurden etwa die Raiffeisen Bank International (minus 29 Prozent in den ersten neun Monaten) oder die Immofinanz (minus 18 Prozent) besonders stark getroffen. Auch sind Banken im ATX stärker gewichtet als in den meisten anderen Börsenindizes. Die Finanztitel seien im zweiten und dritten Quartal europaweit abgestraft worden, stellt Stefan Maxian von der Raiffeisen Centrobank (RCB) fest. So hat etwa die Aktie der Deutschen Bank seit Jahresbeginn 16 Prozent eingebüßt; bei der französischen BNP Paribas beläuft sich das Minus auf sieben Prozent.

Eine Ausnahme stellen italienische und spanische Banken dar: Diese waren in den vergangenen Jahren schwer hinuntergeprügelt worden, heuer begaben sie sich aber auf einen Erholungskurs. Die italienische Intesa Sanpaolo war mit einem Plus von 34 Prozent der erfolgreichste Wert des Euro Stoxx 50 in den ersten drei Quartalen, die UniCredit sowie die spanische Banco Santander legten um jeweils 17 Prozent zu.

Gewinne enttäuschten

Damit können Österreichs Bankaktien nicht mithalten. Doch gibt es noch einen dritten Grund für das abermals schwache Abschneiden des ATX: Die Gewinnentwicklung der Unternehmen blieb weit hinter den Erwartungen zurück. „Die Qualität der Ergebnisse ist aber besser als ihr Ruf“, meint Maxian. Für die schwachen Ergebnisse seien häufig Neubewertungen und andere Einmaleffekte verantwortlich. Die Chancen, dass die Gewinne im nächsten Jahr besser ausfallen, stünden damit relativ gut. Das könnte schlagartig sehr positive Folgen für die Bewertung haben: Während österreichische Aktien derzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17,6 sehr teuer seien (DAX-Firmen werden um das 13,6-Fache ihres Gewinns gehandelt, Euro-Stoxx-Titel um das 14,4-Fache und Aktien des US-amerikanischen S&P-500 um das 16,9-Fache), sollte sich dieses Bild nächstes Jahr umdrehen, glauben die Raiffeisen-Experten: Dann sollten österreichische Titel mit einem KGV von 10,7 günstiger als andere sein– gute Voraussetzungen für eine Börsenerholung.

Extrem billig mit einem KGV von 5,3 sind derzeit übrigens russische Aktien. Das hat zwei Gründe: die starke Rohstofflastigkeit und die politische Krise. Beides wirkte in den ersten neun Monaten nicht gerade als Kaufargument: Russische Aktien verloren auf Eurobasis 15 Prozent.

Der Grund, warum man mit US-Aktien seit Jahresbeginn schon wieder mehr Geld verdienen konnte als mit europäischen Papieren, liegt auf der Hand: Der US-Wirtschaft geht es deutlich besser. US-Aktien seien zwar teurer bewertet als europäische, die Profitabilität der US-Unternehmen (Gewinnmarge, Return on Equity etc.) liege aber deutlich über europäischen Unternehmen, erklären die Experten von Pioneer Investments in ihrem jüngsten Marktausblick. Nun bieten ihrer Ansicht nach jedoch europäische Aktien „eine gute Gelegenheit, um auf die günstige Bewertung Europas im Vergleich zu den USA zu setzen“. Auch China sei relativ günstig bewertet. Auf diesen Zug sind die Anleger in den ersten neun Monaten bereits teilweise aufgesprungen: Chinesische Werte konnten auf Eurobasis ebenfalls zulegen.

Gold fällt zum Dollar

Die Edelmetalle Gold und Silber erlebten jedoch nur ein kurzes Zwischenhoch, danach ging es deutlich nach unten– vor allem auf Dollarbasis (auf Eurobasis konnte Gold seit Jahresbeginn unter dem Strich zulegen). Ursache ist die Tatsache, dass kaum jemand starke Inflationsängste hegt. In der Eurozone findet derzeit eine Disinflation statt (die Inflationsrate geht stetig zurück). In einem solchen Umfeld entwickelt sich Gold normalerweise sehr schlecht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

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