Stop-Loss: Klage wegen Franken-Kredit

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Weil Stop-Loss-Absicherungen nicht wirkten, haben viele Franken-Kreditnehmer Verluste erlitten. Jetzt rollt die Prozesslawine an.

Wien/Eisenstadt. Im Jänner haben viele Franken-Kreditnehmer herbe Verluste erlitten, als die Schweizer Notenbank überraschend die Eurobindung des Franken-Kurses aufgab und der Kurs des Euro zum Franken daraufhin binnen Sekundenbruchteilen von 1,20 Franken auf zeitweilig unter 0,90 Franken abstürzte. Jene Kreditnehmer, die auf Anraten ihrer Bank ihre Kredite mit sogenannten Stop-Loss-Aufträgen knapp unter 1,20 „abgesichert“ hatten, mussten zusehen, wie ihre Kredite dann zu sehr ungünstigen Kursen in Euro konvertiert wurden. Fazit: Manche Franken-Kreditnehmer hatten in Euro plötzlich um mehr als 20 Prozent höhere Schulden als zuvor.

Viele Kreditnehmer, die sich schlecht beraten fühlten, haben deshalb Klagen gegen die Banken angedroht. Die Prozessflut könnte bald beginnen: Die erste Klage ist nun eingebracht. Der Anlegeranwalt Michael Poduschka hat im Namen von zwei sich geschädigt fühlenden Franken-Kreditnehmern Klage gegen die Hypo Bank Burgenland eingebracht. Weitere Klagen sollen folgen, denn Poduschka vertritt nach eigenen Angaben 120 Franken-Kreditnehmer. Wahrscheinlich wird das einen ganzen Rattenschwanz von Prozessen nach sich ziehen, denn viele andere Banken haben ihren Franken-Kreditnehmern ebenfalls zu Stop-Loss-Absicherungen geraten.

„Brandbeschleuniger“

Poduschka argumentiert, die Stop-Loss-Orders hätten nicht als Absicherung, sondern als „Brandbeschleuniger“ gewirkt und hätten deshalb gar nicht angeboten werden dürfen. Die Geldinstitute hätten wissen müssen, dass der Euro-Franken-Markt ein „künstlich illiquider“ sei und deshalb große Risken berge. Man hätte die Kunden also aufklären müssen, dass sie ungünstige Kursentwicklungen entweder „aussitzen“ oder sofort in Euro konvertieren müssten.

Die Kläger haben ihre Stop-Loss-Orders auf Anraten ihrer Bank im März 2013 erteilt, als der Euro bei 1,23 Franken stand. Hätten sie damals konvertiert, wäre ihre Kreditverbindlichkeit nicht in diesem Jänner um 20 Prozent gestiegen. Sie verlangen 13.500 Euro Schadenersatz von der Bank.

Stop-Loss-Orders sind im Wertpapiergeschäft (etwa bei Aktien) sehr weitverbreitet und sollen Anleger vor ungewollten Kursverlusten schützen. Dabei wird ein automatischer Verkaufsauftrag (in diesem Fall der Auftrag zur Konvertierung) erteilt, falls der zugrunde liegende Kurs eine bestimmte Schwelle nach unten durchbricht. Der Auftrag wird automatisch zum nächstmöglichen Kurs ausgeführt.

Das funktioniert unter normalen Marktbedingungen bestens. Wenn der Kurs aber sehr schnell fällt, wirkt der Stop Loss nicht in der gewünschten Weise. Das war bei der überfallsartigen Aufgabe der Eurobindung des Franken der Fall.

Franken-Kredite waren eine Zeit lang wegen der niedrigen Zinsen in der Schweiz sehr populär. Fremdwährungskredite sind freilich eine hochriskante Dreifachspekulation auf Währungskurse, Zinsen und – falls sie endfällig sind – auch noch auf die Performance eines Tilgungsträgers. Sie sind damit beispielsweise für biedere langfristige Hausfinanzierungen völlig ungeeignet. Die Notenbank hat die Vergabe von Fremdwährungskrediten an Private deshalb schon vor einiger Zeit abgedreht. Derzeit halten trotz der seit Jahren stark negativen Entwicklung noch immer rund 150.000 Österreicher Franken-Darlehen. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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Das Instrument hätte vor Währungsverlusten schützen sollen. Der Klage zufolge, die sich gegen die Hypo Bank Burgenland richtet, wirkten die Stop-Loss-Aufträge stattdessen als "Brandbeschleuniger".

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