Versicherungen im Visier des IWF

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Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken macht es den Assekuranzen schwer, Garantieversprechen zu erfüllen. Der Währungsfonds warnt vor einer Krise.

Wien. Die niedrigen Zinsen sind der Versicherungsbranche ein Dorn im Auge. Schließlich muss sie hohe Erträge auf den Kapitalmärkten erzielen, um die Verträge ihrer Kunden bedienen zu können. In den vergangenen Jahren ist das aber immer schwieriger geworden.

Nun meldete sich sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) mahnend zu Wort: Er sieht nicht weniger als eine Krise in der deutschen und europäischen Lebensversicherungsbranche heraufziehen. Die langfristigen Versprechen hoher Garantiezinsen seien zu einer schweren Bürde geworden – vor allem für mittelgroße Anbieter. Das Problem könne das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen.

„Die Herausforderungen, die sich den Lebensversicherern stellen, müssen schnell angegangen werden“, heißt es in einem Bericht zur globalen Finanzstabilität. Demnach zeigte sich bei Stresstests, dass ein Viertel der Versicherer in einer längeren Phase mit niedrigen Zinsen nicht in der Lage wäre, die Kapitalanforderungen zu erfüllen. Der Versicherungszweig habe allein in der EU ein Anlageportfolio von rund 4,4 Billionen Euro. Weil die Vernetzung in der Finanzbranche zunehme, wüchsen auch die Ansteckungsgefahren.

Problem in Deutschland

Hintergrund ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Staatsanleihen, in denen das Geld der Versicherungen meist steckt, bringen kaum noch Erträge. Jedes zweite Unternehmen zahle derzeit drauf, warnte der IWF. Je länger eine Firma einen Zins garantiert habe, desto größer werde das Risiko für sie.

Besonders groß sei das Missverhältnis in Deutschland und Schweden. Neuverträge sind dort zwar nur noch mit Zinsen von 1,25 Prozent ausgestattet, allerdings liege der zu zahlende Zins im Schnitt noch immer bei rund 3,2 Prozent. Eine zehnjährige Staatsanleihe wirft aber nur noch 0,3 Prozent Rendite ab, so der IWF. Der Währungsfonds fordert daher eine strengere Regulierung der Produkte und bessere Aufsicht.

Vonseiten der österreichischen Finanzmarktaufsicht stellte man klar, das Thema bereits frühzeitig aufgegriffen zu haben. Per Verordnung wurde die Bildung von Zinszusatzrückstellungen angeordnet. Ihre Dotierung richte sich nach den versicherungsmathematischen Risiken eines anhaltenden Niedrigzinsumfeldes.

Die Versicherungen mussten die zusätzlichen Rückstellungen bereits in den Bilanzen 2013 bilden. Dotiert werden sie vom Unternehmensgewinn. Der Garantiezinssatz, den die Versicherungen maximal versprechen dürfen, liegt in Österreich seit Jahresbeginn bei 1,5 Prozent. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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