Was Unternehmen über ihre Kunden wissen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Auskunfteien sammeln Daten über Bürger und stellen sie Firmen gegen Bezahlung zur Verfügung. Wer in diesem System auf einer schwarzen Liste landet, kann bei seiner Bank oder seinem Handyanbieter auf Ablehnung stoßen.

Wien. Firmen verlassen sich bei der Bonität ihrer Kunden schon lang nicht mehr auf deren Angaben. Sie gleichen wichtige Informationen lieber mittels Datenbanken im Hintergrund ab. Zahlt ein Kunde seine Rechnungen bei einem Anbieter nicht, so hat er heute kaum mehr die Möglichkeit, seinen Vertragspartner zu wechseln. Denn dieser weiß längst, dass der Kunde ein säumiger Schuldner ist. In der Regel wird aber kein „normaler“ Verbraucher grundlos von seinem Gegenüber abgewiesen. Doch wie landet man überhaupt in einer dieser Datenbanken– und welche gibt es eigentlich?

Unternehmen wie Telekomanbieter greifen auf Informationen zurück, die von den großen Auskunfteien zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören etwa der KSV1870, Crif, Creditreform und Bisnode. Der Kreditschutzverband von 1870 führt drei unterschiedliche Register. Eines davon nennt sich Warnliste Banken. Bei dieser handelt es sich um eine reine Negativliste der heimischen Kreditinstitute. Festgehalten wird hier etwa die unerlaubte Nutzung von Bankomat- oder Kreditkarten oder „ein qualifizierter Zahlungsverzug“, sagt KSV-Experte Roland Führer. Dieser tritt dann ein, wenn ein Bankkunde seine Schulden nicht beglichen hat und die Angelegenheit bereits beim Inkassobüro oder Rechtsanwalt liegt. „Hat man sein Konto überzogen, sieht man das nicht“, sagt Führer. Den Banken steht zusätzlich noch eine weitere Liste zur Verfügung. Sie nennt sich Konsumentenkreditevidenz, kurz KKE. Zugriff haben hier auch Versicherungen und Leasingunternehmen. Für jene, die Kundendaten abrufen wollen, gelten „strenge Auflagen, was die Nutzung betrifft“, so Führer.

Banken lesen mit

Hat jemand einen Kredit aufgenommen, findet er sich auf dieser Liste wieder– unabhängig davon, ob die Rate brav getilgt wurde oder ausständig ist. Bei welcher Bank der Kunde den Kredit aufgenommen hat, können andere Institute nicht einsehen. „Die Bank sieht nur, dass es einen Kredit gibt“, so Führer.

Herkömmliche Kreditanfragen werden hier im Übrigen ebenfalls gespeichert – und zwar für die Dauer von sechs Monaten. Führt ein Kunde umfassende Kreditvergleiche durch, wird das von den Banken also durchaus registriert.

Neben diesen beiden Verzeichnissen gibt es noch die sogenannte Warenkreditevidenz (WKE). Hier gehe es vor allem um die Identifikation einer Person, erklärt Führer, „also darum zu sehen, ob es diese Person überhaupt gibt“. Negative Vermerke werden in dieser Datenbank nur getätigt, wenn jemand Mahnungen mehrfach ignoriert und das Inkassobüro links liegen gelassen hat. Viele Unternehmen würden auch auf die Eintragung ihrer Kunden bei Nichtzahlung verzichten, weil jeder seine Vertragspartner möglichst schonend behandeln wolle, sagt Führer. Wer mit Bagatellbeträgen im Rückstand sei, werde nicht gelistet. Dies geschehe erst ab circa 70 Euro.

Melde ein Unternehmen in einer der Datenbanken ein, wie es im Fachjargon heißt, dann sei die betroffene Person über negative Einträge zu informieren, erklärt Daniela Zimmer von der Arbeiterkammer. Nur so habe der Betroffene die Möglichkeit, sich auch gegen Falscheinträge zur Wehr zu setzen. Und diese können durchaus passieren, wie Führer sagt. Etwa, wenn die Bank einen falschen Kredit meldet oder der Versandhändler einen Eintrag vornimmt, obwohl die Rechnung schon beglichen ist. „Fehlerfrei zu sein wäre unser Ziel“, sagt Führer. Aber Irrtümer können dennoch passieren.

Selbstauskunft gratis möglich

Welche Daten die Auskunfteien speichern, kann jeder Bürger abfragen. Die Firma Crif teilt etwa mit, dass jede Person und jedes Unternehmen das Recht auf eine kostenlose Auskunft pro Jahr hat. „Dafür reicht ein schriftlicher Antrag per Mail oder Post inklusive Nachweis der Identität.“ Binnen acht Wochen wird dann ein Datenauszug übermittelt.

Gelöscht werden erledigte Forderungen laut Crif nach fünf bis sieben Jahren. „Wobei die Relevanz älterer Daten in der Risikoeinschätzung deutlich abnimmt und nur noch dokumentarischen Charakter hat“, wie es seitens des Unternehmens heißt. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2015)

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