War das schon die Krise?

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Die Märkte rechnen derzeit damit, dass sich alle Krisen (China, Griechenland, Zinsen) in Wohlgefallen auflösen. Das birgt Gefahren.

Wien. Europas Börsen scheinen ihre kurzzeitige Schwächephase schon wieder überwunden zu haben. Hatten die Märkte einen Teil ihrer Gewinne aus dem ersten Quartal abgeben müssen, läuft es seit zwei Wochen wieder rund. Ursache sei, dass sich bei allen drei Themen, die den Markt zuletzt bewegt haben, Optimismus durchsetze, stellt Christoph Stanger, der das Emissionsgeschäft für Goldman Sachs in Europa verantwortet, fest: Griechenland, China, Zinsen.
An den Aktienmärkten sei eingepreist, dass sich Griechenland und seine Gläubiger auf einen Kompromiss einigen, dass der Börsencrash in China keine größeren Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben wird und die Wachstumsraten in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt bei sieben Prozent bleiben werden – und dass die anstehende Zinserhöhung in den USA heuer in einem moderaten Ausmaß erfolgen wird.

Langer Bullenmarkt normal

Sollte sich eine dieser Erwartungen nicht erfüllen, würde das an den Märkten zu Konsequenzen führen, warnt der Experte. Die Chancen, dass sich alle drei Erwartungen erfüllen, stehen seiner Ansicht nach aber gar nicht schlecht: In China werde der Staat das Wachstum gegebenenfalls stärker stimulieren – etwa durch lockere Geldpolitik. Und das Thema Zinserhöhung sei bereits so breit diskutiert worden, dass ein solcher Schritt keinen mehr überraschen würde.


Immerhin gebe es nicht nur Risken, sondern auch Treiber für die Märkte: Die Unternehmen seien hoch profitabel, überraschten positiv mit ihren Quartalszahlen. Dass der Bullenmarkt nach sieben Jahren schon heißgelaufen wäre, findet Stanger nicht. Nach so einem tiefen Einschnitt wie der Finanzkrise sei es normal, dass auch die Erholung entsprechend stärker ausfalle. Weitere Impulse für die Märkte könnten sich ergeben, wenn chinesische Investoren verstärkt im Ausland kaufen können. Europäische Firmen profitierten zudem vom schwachen Euro.


Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Niall Gallagher, Fondsmanager des GAM Star European Equity. „Um es mit einem Fußballspiel zu vergleichen: Bei der Erholung der europäischen Aktienmärkte haben wir gerade mal Halbzeit“, schreibt der Experte des Schweizer Vermögensverwalters in einer Aussendung. „Dabei war die erste Hälfte in diesem Match gekennzeichnet von einer Neubewertung von Aktien, während in der zweiten steigende Unternehmensgewinne die Kurse weiter nach oben treiben werden.“ Für eine Fortsetzung der Erholung spreche auch, dass Europas Banken in den vergangenen Jahren ihre Eigenkapitalausstattung erhöht haben. Nun seien die Großbanken wieder in der Lage, die Wirtschaft ausreichend mit Krediten zu versorgen.

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