Aktien: Denken in mehreren Generationen

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Familien- und eigentümergeführte Unternehmen sind oft ein gutes Investment: Auch Studien belegen, dass Firmen mit Kernaktionären besser performen.

Wien. Sind die Aktien von familien- und eigentümergeführten Unternehmen das bessere Investment? Für Birgitte Olsen, Fondsmanagerin bei der Schweizer Fondsgesellschaft Bellevue Asset Management, spricht eine Reihe von Gründen für diese Einschätzung. Dazu zählt sie vor allem die überdurchschnittlich hohe Qualität. „Diese Unternehmen haben sehr starke Bilanzen, eine konservative Kostenstruktur, eine geringere Verschuldung und vergleichsweise hohe Eigenkapitalquoten“, sagt sie. Davon profitiere letztlich auch die Wertentwicklung des von ihr gemanagten BB Entrepreneur Europe Fonds, der in den letzten Jahren den Markt – konkret den Stoxx Europe 600 – nachhaltig outperformen konnte.

Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Group, sieht es jedenfalls sehr positiv, wenn eigentümer- und familiengeführte Unternehmen an der Börse notieren. „Firmen wie Mayr-Melnhof sind konservativ gemanagt und sehr langfristig ausgerichtet, was auch ein entscheidender Erfolgsfaktor für die nachhaltige Wertsteigerung ist“, sagt er. Durch den Druck des Kapitalmarktes würden sie nämlich schlagkräftiger werden. Sie würden verstärkt im Rampenlicht stehen, müssten Corporate-Governance-Anforderungen erfüllen, offen und transparent kommunizieren, Roadshows und Aktionärsversammlungen abhalten sowie sich den Investoren stellen – und damit auch unangenehme Fragen beantworten.

Langfristig ausgerichtet

Tatsächlich sind die Strategien eigentümer- und familiengeführter Unternehmen oft sehr langfristig ausgerichtet. Wie Olsen erklärt, ist die durchschnittliche Verweildauer der Vorstandsvorsitzenden mit acht bis neun Jahren deutlich länger als bei anderen Firmen, wo sie bei rund vier Jahren liege. „Familien- und eigentümergeführte Unternehmen denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen“, so die Fondsmanagerin. Für Mostböck spielen in diesem Zusammenhang auch Familienwerte eine entscheidende Rolle. „Manager und Eigentümer, die sich nur am kurzfristigen Profit orientieren und schnell Gewinn machen möchten, sind nicht am langfristigen Erfolg interessiert“, sagt er. Nachsatz: „Dafür bekommen sie aber auch eine unabhängige Sicht des Marktes und werden laufend evaluiert.“

Dass Unternehmen, die von Familien oder Eigentümern geleitet werden, oder solche mit Kernaktionären, die mehr als 20 Prozent der Stimmrechte halten, höhere Renditen erzielen als der breite Markt, wird auch von Studien bestätigt. Einschlägige Indizes bestätigen ebenfalls eine bessere Performance: Während etwa der MSCI World auf Einjahressicht um knapp fünf Prozent verlor, gab der Credit Suisse Family Index lediglich um 0,4 Prozent nach. Aber auch über die letzten zehn Jahre konnte der MSCI World outperformed werden.

Ein ähnliches Bild zeigt sich im Übrigen, wenn man die Entwicklung des DAXplus Family Index, der 118 deutsche und internationale Familienunternehmen enthält, die im Prime Standard gelistet sind, mit jener des DAX vergleicht.

Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings die oft geringe Marktkapitalisierung bzw. der mitunter geringe Streubesitz bei eigentümer- und familiengeführten Unternehmen, der die Handelbarkeit beeinträchtigt. Zu einem weiteren Risikofaktor wird oft die Unternehmensnachfolge. „Wichtig ist, dass es bei einem Generationenwechsel gelingt, ein professionelles Management einzusetzen und diesem auch den notwendigen Spielraum zu geben, um arbeiten zu können“, so Stefan Maxian, Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank. Der Experte räumt ein, dass es etliche Beispiele dafür gebe, dass sich Eigentümer in den Aufsichtsrat zurückziehen, aber – nicht gerade zum Wohle der Gesellschaft – weiterhin wichtige Entscheidungen treffen.

„Was bei solchen Unternehmen vorkommen kann und worauf Anleger achten sollten, ist, dass die Familien oder Eigentümer nicht Firmenkonstrukte mit einer ähnlichen Geschäftstätigkeit besitzen, die in Verbindung mit der Gesellschaft stehen“, so Maxian weiter. Das könne etwa dann der Fall sein, wenn Grundstücke gehalten und an das Unternehmen vermietet werden. Anleger sollten sich dann fragen, ob dies zu fairen und marktüblichen Konditionen erfolge. Als Beispiel nennt er Polytech. „Dass der Automobilzulieferer so ein Konstrukt im Vorjahr bereinigt hat, haben Investoren sehr positiv gesehen“, so Maxian.

An der Wiener Börse notiert eine Reihe von entsprechenden Unternehmen, wie Andritz, Mayr-Melnhof, RHI, Kapsch TrafficCom, Schoeller-Bleckmann, Polytech, Porr, Palfinger und Rosenbauer. In etlichen ist Olsen mit ihrem BB Entrepreneur Europe Fonds sowie dem BB Entrepreneur Europe Small Fonds investiert. Gut gefällt ihr derzeit „als lokaler Champion“ die Porr. „Das Unternehmen weist einen soliden Auftragseingang auf und hat zuletzt Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umgesetzt“, so die Expertin. Dazu komme eine Dividendenrendite von drei Prozent.

Qualität der Führung

Letztere sei bei Familienunternehmen in der Regel niedriger als jene des breiten Marktes, da sie die generierten Cashflows meist wieder in das eigene Wachstum investieren. Gut gefällt Olsen auch Palfinger. Der „globale Nischenplayer“ wachse in Europa und sei auch in den USA gut positioniert. Kleinere Positionen halte sie auch bei Andritz und Mayr-Melnhof. Insgesamt seien eigentümer- und familiengeführte Unternehmen allerdings kein Selbstläufer. Hie wie da sei letztlich die Qualität der Eigentümer – und damit der Führung – ein wesentliches Erfolgskriterium.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2015)

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