Diamanten: Glitzernde Geldanlage für Geduldige

SWITZERLAND CHRISTIE'S AUCTION
SWITZERLAND CHRISTIE'S AUCTIONEPA
  • Drucken

Der Megafund eines 1111-Karäters hat die Diskussion um Edelsteine als Anlageobjekt wieder angeheizt. Wer sein Investment gern zur Schau stellt, liegt richtig.

Wien. „Das wird extrem spannend, die Experten diskutieren schon jetzt, wie man dieses Prachtstück teilen und schleifen kann, um möglichst viel zu erhalten“, ereifert sich Astrid Fialka-Herics. Worüber die Leiterin der Juwelen-Abteilung des Wiener Dorotheums so enthusiastisch spricht, ist nichts Geringeres als der zweitgrößte jemals gefundene Diamant: Mitte November wurde in einer Mine der Firma Lucara Diamond in Botswana der Stein mit 1111 Karat ans Tageslicht gebracht. Seither überschlagen sich die Spekulationen in der 80 Mrd. Dollar schweren Diamantenbranche, wie viel Geld der Sensationsfund, der fast so groß wie ein Tennisball ist, bringen könnte. Lucara-Chef William Lamb rechnet mit mindestens 60 Mio. Dollar, denn Steine von so ungewöhnlicher Größe können für rund 60.000 Dollar je Karat verkauft werden.

Die „vier C“

Anders als bei Edelmetallen wie Gold und Silber gibt es bei Diamanten keine fixen Preise, die täglich an Börsen festgelegt werden. Zwar gibt es die „vier C“ – Schliff (Cut), Farbe (Colour), Reinheit (Clarity) und Gewicht (Carat) –, die als objektive Kriterien für die Bewertung herangezogen werden. Der Preis wird aber auch von der Größe und Seltenheit eines Steines bestimmt. Deshalb kosten zwei Karat nicht doppelt so viel wie ein Karat – der Preis steigt exponentiell.

Für Normalsterbliche, die nach Anlageformen abseits von Sparbuch und Wertpapieren suchen, ist der Riese aus Botswana, der nur vom legendären, 3106 Karat schweren Cullinan übertroffen wird, mehrere Nummern zu groß. Aber der Klunker wirft Fragen nach Sachwerte-Investments auf.

„Natürlich eignen sich Diamanten als Geldanlage – sie sind vor allem die einzige, die man tragen und herzeigen kann“, sagt Fialka-Herics. Die Freude über ein schönes Schmuckstück bilde quasi die Dividende. Aber die Expertin räumt ein, dass die härteste Geldanlage der Welt auch Risken birgt.

Grundregel Nummer eins: „Ohne Beratung sollte man nichts kaufen“, verweist Fialka-Herics auf das Fehlen von Indizes. Nicht einmal, wenn es „nur“ um ein Schmuckstück gehe, sollte man sich rein vom Äußerlichen leiten lassen. Schon gar nicht bei sogenannten fancy diamonds – bunten Diamanten. Denn nur Experten könnten da feststellen, ob die Steine echt oder nachbehandelt seien. Das größte Renommee – und daher auch vom Dorotheum konsultiert – weise das Gemological Institute of America (GIA) auf. Je größer ein Stein sei, desto unabdingbarer sei ein GIA-Zertifikat.

Apropos Größe: Während kleine Steine eher im Preis stagnierten oder verloren, sind Diamanten ab drei Karat im Wert gestiegen. Ein Karat mit Topqualität wird laut Fialka-Herics zwischen 10.000 und 15.000 Euro gehandelt. Das ist laut dem Rapaport Diamond Trade Index nur ein Viertel höher als vor zehn Jahren. Als Anlageobjekt sollte man daher größere Steine kaufen. Zwei Beispiele: 2013 auktionierte das Dorotheum einen Solitärring mit knapp 27 Karat um 596.300 Euro. Heuer wechselte ein Ring mit einem 17 Karat schweren gelben Brillantsolitär um 320.200 Euro den Besitzer. Experten sind zudem davon überzeugt, dass die Preise für die edlen Steine, wie auch für Edelmetalle, erst dann anziehen werden, wenn auch die Inflation steigt. Das war bisher trotz expansiver Geldschwemme der EZB nicht der Fall.

Keine Fluchtwährung

Womit wir bei der Grundregel Nummer zwei wären: Diamanten sind nichts für kurzfristige Investoren. Und sie eignen sich, obwohl sie so klein sind, laut Fialka-Herics auch nicht als „Fluchtwährung“. Denn aus oben genannten Gründen sind sie nicht so schnell zu verkaufen – außer man riskiert hohe Wertverluste.

Wer keine Steine kaufen will, aber dennoch an der Branche interessiert ist, kann Aktien von Minenunternehmen erwerben. Das Papier von Lucara hat nach dem Fund um mehr als ein Drittel zugelegt. Die Aktie des Bergbaukonzerns Anglo American, der auch Mehrheitseigentümer des weltgrößten Diamantenförderers De Beers ist, brach indes im Jahresverlauf kräftig ein. Dafür verantwortlich sind aber vor allem die stark gefallenen Metallpreise. [ iStock photo]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.