Schwellenländer unter Druck

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Einige Emerging Markets haben in diesem Jahr eine beachtliche Performance an der Börse hingelegt. Doch eine anstehende Zinserhöhung der US-Notenbank hat der Rallye ein Ende gesetzt.

Wien. Drohgebärden gegen den Westen, Prügeleien im Parlament und eine Staatschefin, die kurzfristig aus dem Amt gedrängt wurde. In Russland, Südafrika und Brasilien ist derzeit nicht alles eitel Wonne. Zählten diese Länder einst zu den Stars an der Börse, ist ihr Stern spätestens seit der Finanzkrise verglüht. Daran hat sich zwar bis heute nur bedingt etwas geändert. Heuer haben die drei Schwellenländer – und nicht nur diese – an der Börse aber eine gute Figur gemacht.

Die Rallye dürfte indes ein jähes Ende gefunden haben. Die US-Notenbank könnte die Zinsen heuer noch ein- bis zweimal erhöhen, sagt Hakan Semiz, Dachfondsmanager bei Swisspartners. Auf die Emerging Markets wirkt sich das im ersten Schritt traditionell negativ aus. Sein Engagement in Russland und Brasilien hat Semiz auf null gestellt. Zu früh, wie er findet, die politischen Unsicherheiten waren zu groß.

Die Schwellenländer haben auf die von der Fed veröffentlichten Protokolle bereits negativ reagiert. Neben dem Aktienindex MSCI Asia Pacific (ohne Japan) ist auch der MSCI Emerging Markets von seinem Zwischenhoch deutlich heruntergekommen.

Probleme durch starken Dollar

Ein anziehender Dollar führt in der Regel zu Kapitalabflüssen, auch Rohstoffpreise (weil in Dollar gehandelt) geraten dann unter Druck. Rohstoffreiche Länder wie Brasilien, Russland und Südafrika sind aber auf deren Export angewiesen. Aufgrund eines potenziell höheren Dollar „ist es zu gefährlich, Brasilien oder auch Russland jetzt zu kaufen“, sagt Semiz. Haben sich die Wogen wieder geglättet, seien Investitionen zu einem späteren Zeitpunkt aber durchaus vorstellbar. Auch Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International, glaubt, dass Zinsschritte in den USA die Märkte noch negativ beeinflussen könnten, eine Beruhigung sollte sich erst einstellen, wenn die Zinserhöhungen vollständig eingepreist sind. Das sei bisher noch nicht der Fall. Als wäre das nicht genug, lasten auf einigen Schwellenländern derzeit auch noch große wirtschaftliche oder politische Probleme. „Doch darf man nicht alle Märkte in einen Topf werfen“, sagt Semiz. Es gibt Länder, die von höheren Rohstoffpreisen profitieren, während andere leiden. „Emerging Markets sind sehr heterogen und bieten Opportunitäten.“ In Brasilien führt seit Kurzem zwar Vizepräsident Michel Temer die Regierungsgeschäfte. Ob sich deshalb aber grundlegend etwas ändert, ist fraglich. Semiz glaubt, dass die Märkte auch von der neuen Regierung enttäuscht sein werden. Die Analysten der Commerzbank hegen ebenfalls keine großen Hoffnungen. Etwa weil das Haushaltsdefizit gigantische Ausmaße angenommen hat. Anders die Einschätzung der US-Investmentbank Morgan Stanley. Sie verspricht sich vom neuen Amtsinhaber bessere Wirtschaftskennzahlen. Derzeit verharrt man in einer Rezession. Schon 2017, meint die Bank, soll sich das ändern.

Darüber muss sich Indien erst gar keine Gedanken machen. Das Land hat China in Sachen Zuwachsraten bereits abgehängt. Die aufstrebende Mittelschicht und angekündigte Reformen durch Premier Modi veranlassen Semiz deshalb dazu, sein Engagement in dem Markt aufzustocken, auch wenn er bereits teuer ist. Denn Indien verfüge über starke Managements in den Unternehmen, was sich in einer hohen Eigenkapitalrentabilität niederschlage. Das rechtfertige auch den Preis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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