Aktien: Anlegen im hohen Norden

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Wenig Schulden, starke Unternehmen: Kein Wunder, dass es Anleger vermehrt nach Skandinavien zieht. Gerade in turbulenten Zeiten sind die Börsen eine echte Alternative.

Wien. Zurzeit überschlagen sich die Ereignisse an der europäischen Schuldenfront wieder: Zuerst bekommt Spanien 100 Mrd. Euro, dann schnaufen die Märkte durch, und am nächsten Tag stürzen sie sich schon auf Italien. Eine tragfähige Lösung für das Problem lässt immer noch auf sich warten. Kein Wunder, dass es Anleger in Regionen zieht, die dagegen wie ein Fels in der Brandung wirken.

Zum einen ist das die Schweiz, die mit ihrem diskreten Finanzsektor und den niedrigen Schulden der Dauerbrenner unter den „sicheren Häfen“ ist. Zum anderen, und das verwundert auch kaum, sind das die skandinavischen Länder.
Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland glänzen ebenso wie die Eidgenossen mit beispielhaften öffentlichen Finanzen. Ihre Schulden betragen zwischen 38 Prozent (Schweden) und 48 Prozent (Norwegen/Finnland) der nationalen Wirtschaftsleistung. Zum Vergleich: Selbst der Euro-Musterknabe Deutschland bringt es auf einen Schuldenberg von knapp 80 Prozent des BIPs.

Spielraum für Notenbanken

Deswegen hätten die Länder im hohen Norden „ihre Position als sichere Häfen zementiert“, schreiben die Ökonomen der Nordea-Bank. „Mit ihren niedrigen Arbeitslosen- und Inflationsraten gehen die Nordländer als klarer Gewinner aus dem europäischen Schönheitswettbewerb hervor.“

Und auch sonst haben Anleger allen Grund, optimistisch zu sein: Weil die Inflationsraten niedrig sind, haben die Notenbanken genügend Spielraum, um die Wirtschaft mit einer Zinssenkung anzukurbeln. Das haben sie gegen Ende des vergangenen Jahres schon getan, als ihre Währungen – wie der Schweizer Franken – aufwerteten und die Exportwirtschaft zu benachteiligen drohten. Zudem rechnen Unternehmen, ganz im Gegensatz zu Europa, nicht mit Steuererhöhungen. Ganz im Gegenteil: „In Schweden wird sogar über eine Senkung der Unternehmenssteuer nachgedacht“, berichtet Bertrand Puiffe, der für Fidelity einen Fonds mit skandinavischen Aktien managt.



Einer der wichtigsten Gründe dafür, dass Länder wie Schweden und Norwegen kaum in den Strudel der europäischen Schuldenkrise geraten sind, ist der solide Finanzsektor. Wegen strenger Regulierung haben die Institute hohe Kapitalpolster; zudem besitzen sie kaum Anleihen aus Griechenland oder Spanien. Aktieninvestoren ist das nicht verborgen geblieben: Während der europäische Bankenindex Euro Stoxx Banks seit Jahresbeginn mit 19 Prozent im Minus liegt, konnten die schwedische Handelsbanken um über 13 Prozent zulegen, die Swedbank gar um 17 Prozent.
Anleger sollten jedoch auf der Hut sein. Puiffe hält die Institute bereits für zu teuer: „Ich bin bei den nordischen Banken massiv untergewichtet.“ Entspannt sich die Lage in der Eurozone, könnten Anleger ihr Geld schnell wieder in die (süd-)europäischen Banken umschichten.

Zyklische Börsen

Puiffe wie auch sein Kollege Martin Nilsson von Nordea Investments setzen auf den starken Exportsektor: Es gebe viele Unternehmen, die sich als Nischenanbieter etabliert haben und mit den Schwellenländern und den USA über gesunde Absatzmärkte verfügen. Wachsende Konkurrenz aus China sei wegen des hohen Grads an Spezialisierung kein großes Problem.

Traditionell seien die skandinavischen Märkte wegen der vielen Industrieunternehmen aber auch sehr zyklisch, gibt Nilsson zu bedenken. Dass sich die Börsen in den vergangenen Jahren deutlich besser entwickelt haben als die europäischen Indizes, sei hauptsächlich auf die Banken zurückzuführen.

Wer sich nicht ausreichend in der Region auskennt, sollte jedenfalls auf Fonds oder Zertifikate setzen. Um gleich alle Märkte abzudecken, empfiehlt sich etwa der Indexfonds (ETF) auf den MSCI Nordic von Amundi (Isin: FR0010655738). Aktiv gemanagte Alternativen sind die Nordic Funds von Nordea und jener von Fidelity. Bei diesen fallen jedoch höhere Kosten an als bei dem ETF.

Was Sie beachten sollten bei... skandinavischen Aktien

Tipp 1

Sektoren. Fondsmanager setzen derzeit auf die Exportwirtschaft. Es gibt sehr spezialisierte Anbieter, etwa von Airbags (Autoliv) oder Kugellagern (SKF), die viel nach China exportieren. Sie sind zwar von einer „harten Landung“ der chinesischen Wirtschaft bedroht, nicht aber von der dortigen Konkurrenz. Die schraubt die Teile lieber zusammen.

Tipp 2

Risken. Nicht alles ist rosig im hohen Norden: So kämpft Dänemark zum Beispiel mit sinkenden Häuserpreisen, Schweden mit leicht steigender Arbeitslosigkeit. Finnland ist als Euromitglied stärker als die Nachbarn von der Schuldenkrise betroffen. Und Norwegen geht es von den vier Ländern zwar am besten, es ist jedoch stark vom Ölpreis abhängig.

Tipp 3

Fonds. Investments in einzelne Aktien empfehlen sich nur dann, wenn man sich auf dem Markt hervorragend auskennt. Ansonsten bieten sich Fonds an. Indexfonds bieten die Möglichkeit, ohne hohe Kosten in die Märkte einzusteigen. Aktiv verwaltete Investmentfonds können besser auf aktuelle Gegebenheiten reagieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2012)

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