Schwellenländer: Die neuen Stars auf der Landkarte

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Brasilien, Russland, Indien und China gelten mittlerweile als langweilig. Entdeckertypen investieren heute südlich der Sahara, in Südostasien und in Mittelamerika.

Wien. In Schwellenländer zu investieren scheint mehr als logisch. Viele Märkte wachsen trotz globaler Konjunkturabkühlung rasant. Doch welche sind die richtigen? Die viel gerühmten BRICS – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – gelten längst als alter Hut. Nach einer imposanten Rallye über die vergangenen zehn Jahre ist dort etwas Ruhe eingekehrt. Große Kurssprünge sollten sich Anleger nicht mehr erwarten.

Neu im Gespräch sind daher die „Next Eleven“. Erfunden hat den Begriff Jim O'Neill von Goldman Sachs, der schon das Akronym BRICS aus der Taufe gehoben hat. Als Hoffnungsmärkte sehen die Goldman-Analysten Ägypten, Nigeria, Bangladesch, Indonesien, Pakistan, Südkorea, Vietnam, den Iran, Mexiko, die Türkei und die Philippinen. Um die Auswahl noch etwas zu straffen, gibt es hierfür eine knackige Abkürzung: MIST. Gemeint sind die vier größten Märkte im Next-Eleven-Fonds der Investmentbank: Mexiko, Indonesien, Südkorea und die Türkei.

MIST-Länder mit Gewinnen

Bei Investoren scheint die Auswahl anzukommen. „Wir beobachten jede Woche Zuflüsse in den Fonds“, sagte O'Neill unlängst in einem Interview. „Er ist von der Enttäuschung in den USA, den europäischen Märkten und in einigen der BRICS-Staaten nicht beeinträchtigt worden.“

Die MIST-Länder bringen es heute zusammen auf eine Wirtschaftsleistung, die ungefähr so groß ist wie jene von Deutschland. Bislang hat sich ein Investment in die vier Staaten ausgezahlt. Der mexikanische Index IPC ist seit Jahresbeginn um elf Prozent gestiegen, der türkische um ganze 28 Prozent. In Indonesien und Südkorea fielen die Zuwächse mit 7,4 bzw. 3,3 Prozent etwas geringer aus.

Nicht nur Goldman Sachs ist in den „Grenzmärkten“ aktiv. Mehrere Fondsgesellschaften bieten mittlerweile entsprechende Produkte an. Fast jeder Anbieter favorisiert seine eigene Region. Während man bei Franklin Templeton nicht einsieht, wieso man sich auf eine fixe Anzahl festlegen soll, kann man dem Goldman-Konzept bei Renaissance Asset Managers (RAM) mehr abgewinnen. „Unsere Strategie ist jener von Goldman sehr ähnlich“, sagt Sven Richter, der von Johannesburg aus mehrere Schwellenmarkt-Fonds für RAM steuert.

Anhand mehrerer Kriterien hätten auch er und sein Team um die zehn Märkte identifiziert, die sie für besonders attraktiv halten. Auffällig: Afrika ist wesentlich stärker vertreten als bei Goldman. Im Frontier-Market Fonds machen Nigeria, Kenia, Ägypten und Togo rund ein Drittel aus. Für besonders interessant hält Richter die Region südlich der Sahara, für die es auch einen eigenen Fonds gibt. Wachstum komme in die Region etwa über steigende Investition in den Rohstoffabbau, was zu einem Ausbau der örtlichen Infrastruktur, höherer Beschäftigung und letztlich steigendem Konsum führe.

Trotz allem sind Grenzmärkte mit großen Unsicherheiten behaftet. Anleger sollten die Investments als spekulative Beimischung sehen. Auch starke Nerven sind gefragt. In unsicheren Zeiten kann es zu großen Schwankungen kommen – wenn Investoren aus lauter Risikoscheu ihr Geld nach Hause holen. Solchen Problemen kann man begegnen, indem man über Fonds investiert. Eine ausreichende Streuung ist jedenfalls unverzichtbar.

Tipp 1

Streuung. Auf eigene Faust zu investieren ist riskant. Diversifizierung sollte bei gewagten Investments wie jenen in Grenzmärkten oberste Devise sein. Das geht zum Beispiel über Investmentfonds, bei denen der Fondsmanager die Aufteilung der Summe vornimmt. Dafür werden jedoch teilweise recht hohe Gebühren fällig (siehe Grafik unten).

Tipp 2

Anlagehorizont. Investments in Schwellenländer sind eher langfristig zu sehen. Märkte entwickeln sich nicht von heute auf morgen. Auch sollte man Geduld mitbringen, was die Entwicklung des Kapitalmarktes angeht. Ein Blick auf die BRICS-Länder zeigt zudem, dass die Märkte stark schwanken können. Das sollten Investoren verkraften können.

Tipp 3

Risken. Investments in Afrika sind mit anderen Risken behaftet als solche in Europa oder den USA. So existieren zum Beispiel politische Risken, auf die Unternehmen nur wenig Einfluss haben. In der Vergangenheit hat sich zudem gezeigt, dass Investoren in Zeiten steigender Nervosität gerne ihr Geld aus riskanteren Märkten abziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2012)

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