Finanzwissenschaftler: "An Aktien kommt man nicht vorbei"

Josef Zechner
Josef ZechnerClemens Fabry
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Derzeit gibt es keine risikolosen Anlagen. Warum das zehn Jahre so bleiben wird und was die Anleger tun können, erklärt Finanzwissenschaftler Josef Zechner.

Die Presse: Ergeben Aktieninvestments noch Sinn, wenn man die Anzahl der Einbrüche in den vergangenen Jahren bedenkt?

Josef Zechner: An einem Aktieninvestment kommt kein langfristiger Investor vorbei. Aktien sind fast die einzige Anlageklasse, die über einen langen Zeitraum signifikant positive Realrenditen (also nach Abzug der Inflation, Anm.) abwirft. Das kann man von sicheren Staatsanleihen nicht sagen.


Trotzdem, private Anleger sind wohl noch abgeschreckt durch Finanz- und Schuldenkrisen.

Es gibt Übertreibungen, das stimmt. Und so kann es vorkommen, dass einzelne Aktienmärkte oder -indizes über Jahre hinweg keine positiven realen Renditen bringen. Aber: In den USA etwa hat es noch nie eine 17-jährige Phase gegeben, in der es eine negative Realrendite am Aktienmarkt gegeben hätte.


Worum geht es Ihnen bei der Anlage: Darum, Vermögen zu vermehren? Oder darum, die Kaufkraft des Geldes zu erhalten?

Bei unseren Fonds geht es um eine marktkonforme Rendite mit geringem Risiko.


Eine marktkonforme Rendite im Jahr 2008 hätte minus 45 Prozent bedeutet.

Das wollen wir natürlich nicht. Daher gehen wir ein geringeres Risiko ein. Wir schauen uns Bewertungskennzahlen an und setzen auf Aktienportfolios, in denen keine hochverschuldeten Unternehmen enthalten sind, sondern solche, die ein Gewinnwachstum über lange Frist aufweisen. Die Firmen werden nach einem wissenschaftlich fundierten System ausgewählt. Da zeigt sich, dass Faktoren wie das Kurs-Buch-Verhältnis oder die Dividendenstärke starke Vorhersagekraft für den Aktienertrag haben.


Worin resultiert dann das geringere Risiko?

Man macht die Einbrüche auf den Aktienmärkten nicht voll mit.


Also statt minus 45 Prozent minus 20 Prozent?

Auch minus 20 Prozent ist ein zu großer Verlust. Daher ist aktives Management so notwendig.


Als Fondsmanager müssen Sie das ja sagen. Manche Assetmanager behaupten vollmundig, sie könnten auch während Börseneinstürzen hohe Erträge erzielen. Ist das seriös?

Das ist meiner Meinung nach Augenauswischerei. In Krisenzeiten ist es kaum möglich, in jeder Periode einen positiven Ertrag zu erzielen.

Das heißt: Entweder man erduldet reale Verluste, oder man geht mehr Risiko ein.

Ja. Die Risikobetrachtung hängt aber auch mit dem Anlagehorizont zusammen. Wenn man von einem Inflationsrisiko ausgeht, dann stimmt es nicht, dass sichere Staatsanleihen risikolos sind. Geht die Inflation in den nächsten Jahren nach oben, macht man mit diesen Anleihen deutliche Realverluste. Bei Aktien gab es historisch über einen längeren Zeitraum betrachtet solche Realverluste nicht.


Was überwiegt für Sie: die Gefahr eines Börseneinsturzes oder die von hohen Inflationsraten?

Kurzfristig gibt es immer Risiken auf den Aktienmärkten, etwa aus politischen Gründen. Es gibt derzeit aber einen starken positiven Aspekt für Aktien: die finanzielle Repression. Also die Konstellation, dass die Zinsen niedriger als die Inflation sind. Wobei die Teuerung in den nächsten Jahren sogar ansteigen könnte. Das treibt Anleger in riskante Anlagen wie Aktien.


Wie lange wird die Phase dieser finanziellen Repression andauern?

Laut einer Studie der US-Forscher Carmen Reinhart und Vincent Reinhart wird die Phase über zehn Jahre dauern. Auch die Staaten profitieren, da die Staatsschulden reduziert werden.

Zur Person

(ker)Josef Zechner ist Mitglied der wissenschaftlichen Leitung von Spängler IQAM Invest. Er lehrt an der WU Wien und hat Beiträge für Publikationen wie das Journal of Finance verfasst.

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Anleger haben die Wahl: Entweder man erleidet mit einfachen Zinsprodukten reale Verluste. Oder man setzt auf Aktieninvestments und nimmt gelegentliche Einbrüche in Kauf.

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