Aktien: Die Jahresendrallye ist schon gelaufen

(c) REUTERS (LUCAS JACKSON)
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Der Dezember ist für gewöhnlich ein überdurchschnittlich guter Börsenmonat. Für heuer sollte man aber nicht mehr allzu viel erwarten, meinen Analysten. Gegen Ende des ersten Quartals 2014 wird eine Korrektur wahrscheinlicher.

Wien. „Sell in May and go away. But remember to come back in November“, lautet eine alte Börsenregel. Demnach soll man seine Aktienpositionen im Mai eher abbauen und die Sommerflaute abwarten, um dann im Spätherbst wieder einzusteigen und die Jahresendrallye mitzumachen. Die Statistik bestätigt die Börsenregel. Seit 1959 stieg der US-Leitindex Dow-Jones jeden Dezember um durchschnittlich 1,3 Prozent. Knapp dahinter folgen Jänner und Februar, die anderen Monate sind weit abgeschlagen.

Beim deutschen DAX ist das Bild nicht ganz so eindeutig. Dort ist der August der beste Monat. Doch abgesehen davon bewahrheitet sich auch für den DAX die Sell-in-May-Regel. Historisch sei freilich eine Jahresanfangsrallye wahrscheinlicher als eine Jahresendrallye, stellt Horst Simbürger, Chief Investment Officer von Volksbank Investments, fest (siehe Grafik).

Doch auch das würde an der Gültigkeit der Come-back-in-November-Regel wenig ändern. Bleibt die Frage: Wird sich die Börsenweisheit auch heuer und nächstes Jahr bewahrheiten? „Heuer würde ich nicht allzu sehr auf eine Jahresendrallye setzen“, meint Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. Denn die meisten Börsen sind bereits so gut gelaufen, dass sie die Erwartungen der Analysten häufig schon erreicht oder gar übertroffen haben.

Wirtschaft ist noch schwach

Erste-Bank-Chefanalyst Fritz Mostböck schlägt in die gleiche Kerbe: Nach der bisherigen guten Jahresperformance seien die Märkte nun in eine Konsolidierungsphase eingetreten. Zwar könnten sich die Börsen bis Mitte Dezember durchaus noch positiv entwickeln, von einer massiven Rallye sei aber nicht auszugehen. In wenigen Wochen würden zudem viele Marktteilnehmer ihre Bücher für das Jahr 2013 schließen und sich in die Weihnachtsferien verabschieden.

Auch die an den Märkten gehandelten Volumina lassen nicht auf starke Aufwärtstendenzen schließen. „Im Wesentlichen haben sich die Aktienmärkte in diesem Jahr sehr stark von der makroökonomischen Entwicklung abgekoppelt. Die Fundamentaldaten, die dahinterstehen, sind schwach“, sagt Mostböck. Andererseits hätten Anleger aber keine Alternative zum Investment in Aktien.

In jüngster Zeit mehren sich die Stimmen, die nach immer neuen Allzeithochs vor einer Blase und fallenden Kursen warnen. Doch Panik sei nicht angesagt, meint Brezinschek. Nach den steilen Höhenflügen werde aber eine Korrektur immer wahrscheinlicher. Diese dürfte noch nicht heuer, sondern eher gegen Ende des ersten Quartals erfolgen, wenn die US-Notenbank Fed mit dem „Tapering“, also dem langsamen Zurückfahren der Geldspritzen für die Märkte, beginnt.

Zudem könnte es bald wieder etwas attraktivere Alternativen zu Aktien geben als derzeit. Denn auch wenn Leitzinserhöhungen noch in weiter Ferne sind, könnten die Zinsen auf den Kapitalmärkten bald steigen: Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen liegt bereits bei 2,77 Prozent. Sollte sie über drei Prozent klettern, dürfte auch die Rendite der deutschen Bundesanleihen, die derzeit 1,75 Prozent beträgt, nachziehen. Auch eine steigende Inflationsrate in der Eurozone (derzeit ist sie sehr gering) könnte den Ruf der Investoren nach höheren Anleiherenditen verstärken. Sollte die Rendite der deutschen Bundesanleihen auf 2,5 Prozent steigen, würde das eine Korrektur bei Aktien noch wahrscheinlicher machen.

Korrektur, aber keine Trendwende

Noch ein weiterer Faktor hängt wie ein Damoklesschwert über der Börsenrallye: Enttäuschende Unternehmensergebnisse könnten ebenfalls eine Korrektur an den Aktienbörsen auslösen. „Eine Korrektur wohlgemerkt“, schränkt Brezinschek ein. Von einer solchen sprechen die Experten, wenn es an den Märkten um die zehn Prozent nach unten geht. Von einem Bärenmarkt ist erst die Rede, wenn die Kurse vom Höchststand weg um mehr als 20 Prozent fallen. Einen Absturz erwartet Brezinschek vorerst nicht. Der langfristige Aufwärtstrend an den Börsen sollte noch eine Weile intakt sein. Denn auch wenn die Kurs-Gewinn-Verhältnisse in den vergangenen Monaten stark angezogen hätten, würden viele Aktien noch immer Dividendenrenditen bieten, die deutlich über der Rendite von Staatsanleihen liegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2013)

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