Max Otte: Der Crash-Prophet, der keiner sein will

Max Otte
Max Otteimago stock&people
  • Drucken

Max Otte wurde als Autor berühmt, weil er in seinem Buch "Der Crash kommt" die Finanzkrise präzise vorhergesagt hatte. Kürzlich veröffentlichte er eine Sammlung seiner Börsenbriefe in Buchform.

Wien. Was bringt es einem Anleger, jetzt Börsenbriefe aus dem Jahr 2003, 2006 oder 2010 zu lesen? Das fragt man sich im ersten Moment, wenn man Max Ottes Buch „Sehr geehrte Privatanleger!“ aufschlägt.

Gleich aus dem ersten hier abgedruckten Brief erfährt man zum Beispiel, dass eBay im Jahr 2003 seine früheren Allzeithochs weit übertroffen hat, während Yahoo! damals immer noch bei rund 15Prozent seines Höchststands herumgedümpelt ist. Und dass Otte selbst den Aufschwung des DAX weitgehend verpasst hat – er war nämlich nicht überzeugt, „dass die deutsche Wirtschaft die Kurve kriegen wird“.

Sie hat die Kurve gekriegt, damals und auch nach der nächsten Krise, das wissen wir jetzt. Otte hat sich da geirrt. Diese Erkenntnis bringt heutige Anleger nicht wirklich weiter. Wohl aber die Art und Weise, wie entspannt er damals mit seiner Erkenntnis, etwas verpasst zu haben, umging: Es sei auch ein Zeichen einer guten Börsenstrategie, dass man nicht alles auf einmal machen könne, konstatierte er. Man müsse den Mut haben, „an einer Strategie festzuhalten und gewisse Trends nicht mitzumachen“.

Gut, er hat da leicht reden, zumal er – wie er im selben Börsenbrief ebenfalls verkündete – damals mit seinen Musterportfolios den DAX ohnehin geschlagen hat. Viel Wahres ist trotzdem dran.

Die Tante, das Aktiengenie

Überhaupt zieht sich eines wie ein roter Faden durch das Buch: ein Plädoyer für eine gewisse Gelassenheit. Vom hektischen Hin und Her bei Anlageentscheidungen hält Otte, der 2009, 2010 und 2011 zum „Börsianer des Jahres“ gekürt wurde, wenig. „Warum Halteempfehlungen gute Empfehlungen sind“ lautet etwa der Titel eines Briefes aus dem Jahr 2004. Und seine Tante pries er Ende 2007 gar als Aktiengenie: Sie hatte im Jahr 1965 um 423,36 DM zwei Veba-Aktien gekauft. Inzwischen seien daraus 80 E.ON-Aktien im Wert von 11.579 Euro geworden (durch mehrere Splittungen und weil die Veba schließlich in der E.ON aufging). Plus durchschnittlich drei Prozent Dividende pro Jahr ergebe das über Jahrzehnte eine durchschnittliche Jahresrendite von 12,9 Prozent.

Ob die Tante die Aktien danach noch lange behalten hat, verrät Otte nicht – wenn ja, wäre ihre Strategie nicht mehr ganz so gut aufgegangen. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 geht es mit dem E.ON-Kurs im Großen und Ganzen bergab, den neuerlichen Börsenaufschwung hat dieses Papier bislang nicht wirklich mitgemacht.

Ottes eigener Kurswert stieg übrigens stark durch den Ausbruch der Finanzkrise: Sein 2006 verfasstes Buch „Der Crash kommt“ machte ihn schlagartig berühmt, als sich seine Vorhersagen bewahrheiteten. Dabei sagt er selbst von sich, „kein Crash-Prophet, sondern von Natur aus ein Bulle“ zu sein: Denn „gute Aktien können um viele tausend Prozent steigen, schlechte Aktien bestenfalls um 100 Prozent fallen“.

Von der Krise habe er schamlos profitiert, räumte er in Interviews augenzwinkernd ein. Seine Flops verheimlicht er ebenso wenig, auch nicht sein Desaster mit seiner ersten Firma, einem Internetportal für Anleger, das pleiteging.

Kann man als Durchschnittsanleger aber wirklich aus vor Jahren veröffentlichten Börsenbriefen lernen? Ja, das geht. Das Kapitel über Grundlagen des Investierens etwa erinnert an ein – verständlich verfasstes – Lehrbuch. Dass es „nur“ eine Sammlung von Briefen aus guten und schlechten Börsenjahren ist, fällt da gar nicht mehr auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.