"Zyklische" Aktien sollten heuer die Nase vorn haben

Bulle und Baer - bull and a bear
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Trotz der Höhenflüge im Vorjahr halten Anlageexperten Aktien nach wie vor für attraktiver als die meisten anderen Anlageklassen. Doch sollte man eher auf Industriewerte als auf defensive Konsum- und Gesundheitswerte setzen.

Wien. Autohersteller und Pharmakonzerne haben ihren Aktionären im Vorjahr viel Geld gebracht. Relativ schwach haben sich dagegen der Rohstoffsektor und die Energieversorger entwickelt. Doch welche Branchen werden heuer am besten performen? In einem sind sich die meisten einig: Versorger-, Energie- und Finanzwerte sind relativ billig, Konsum-, IT- und Pharmatitel sind teuer. Doch haben „billige“ Sektoren nicht zwingend mehr Potenzial als teure. Den Versorgern sollten etwa die hohen Überkapazitäten bei Strom weiter zu schaffen machen.

Ebenfalls untergewichten sollte man nach Ansicht der Experten von Raiffeisen Research den Telekomsektor (wegen des starken Wettbewerbsdrucks und Preiskampfes), den Gesundheitssektor (der zwar gut dastehe, aber schon sehr teuer sei) und den defensiven Konsum. Dabei handelt es sich im Gegensatz zum zyklischen Konsum um den Verkauf von Gütern für den täglichen Gebrauch. Deren Absatz schwankt weniger stark mit der Konjunktur als der von zyklischen Gütern wie Autos. Denn Lebensmittel oder Hygieneartikel werden auch in Krisenzeiten gekauft. Das Problem: Da diese Branche als relativ stabil gilt, waren diese Aktien die ersten, die nach der Finanzkrise wieder gekauft wurden. Nun sind sie im Vergleich zu Papieren aus konjunktursensiblen Branchen teuer.

Finanzaktien kurzfristig im Aufwind

Ebenfalls zurückhaltend sind die Raiffeisen-Experten in ihrem Bericht „Strategie Globale Märkte“ in Bezug auf den Finanzsektor– zumindest auf längere Sicht. Kurzfristig schaut es aber recht gut aus: In den kommenden Wochen seien keine weiteren gesetzlichen oder zinspolitischen Verschärfungen zu erwarten, dafür zeige sich ein klarer Aufwärtstrend. Tatsächlich zählen europäische Bankwerte bis dato zu den Bestperformern des heurigen Jahres. Die ertragreichsten Aktien im Eurostoxx-50 seit Jahresbeginn sind UniCredit und Intesa Sanpaolo, in Deutschland finden sich Commerzbank und Deutsche Bank unter den Top drei im DAX, in Wien liegen Erste Bank und Raiffeisen immerhin im Plus (und das, obwohl die Ankündigung einer milliardenschweren Kapitalerhöhung der Raiffeisen-Aktie zu schaffen gemacht hat).

Die strengeren regulatorischen Bedingungen machen es für viele Geldhäuser notwendig, sich frisches Kapital zu holen; die Erste Group hat das bereits im Vorjahr getan, die Deutsche Bank vor einigen Jahren. Raiffeisen-Analyst Peter Brezinschek erwartet dennoch keine starke Belastung für den Kapitalmarkt. „Wir sehen das als laufenden Prozess über die letzten zwei Jahre.“

Positiv gestimmt sind die Analysten angesichts der Konjunkturbelebung in vielen Märkten für den zyklischen Konsum, wobei man auch hier berücksichtigen müsse, dass viele Unternehmen schon sehr teuer sind. Der Rohstoffsektor sollte das Schlimmste hinter sich haben, auch für Energiewerte sollte das laufende Jahr ein besseres werden. Dem Industriesektor sollten Konjunkturbelebung und niedrige Zinsen zugute kommen. Ähnlicher Ansicht sind auch ausländische Fondsmanager: Norman Boersma von der Templeton Global Equity Group setzt, wie berichtet, vor allem auf europäische Bank- und Energiewerte, auch Invesco-Experte Jeffrey Taylor hält Finanzdienstleister, Öl- und Gasfirmen für am stärksten unterbewertet.

USA sind teuer geworden

Was die Regionen betrifft, so sind sich die meisten Experten darin einig, dass die USA ein teures Pflaster geworden sind. Die Strategen von Pioneer Investments haben diese Region daher untergewichtet. Dafür setzt man auf Europa, dessen Wirtschaft heuer anspringen sollte, aber auch auf China: „Wir schließen uns den generell positiven Reformplänen der Regierung an. Die Rolle des Marktes bei der Zuteilung von Ressourcen (Liberalisierung einiger Wirtschaftssektoren, verbesserte Governance von staatlichen Unternehmen, Deregulierungen im Finanzbereich, Reformen lokaler Regierungen) soll verbessert werden“, heißt es in einer Aussendung. Ins neue Jahr ist der chinesische Aktienmarkt allerdings noch nicht sehr gut gestartet, der MSCI China Index ist seit Anfang Jänner leicht ins Minus gerutscht.

AUF EINEN BLICK

Aktienbewertung. Als relativ billig gelten Aktien von Finanzdienstleistern, Energie-, Rohstofffirmen und Versorgern. Von Versorgern würden die meisten Experten noch immer die Finger lassen, bei Banken ist langfristig Vorsicht geboten (kurzfristig befinden sie sich in einem Aufwärtstrend). Teuer geworden sind viele Konsumgüter- und Gesundheitsaktien. Unter den Regionen halten die meisten Analysten die USA bereits für relativ teuer, Europa sprechen sie Aufwärtspotenzial zu, bei vielen Emerging Markets dürfte die Erholung noch auf sich warten lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2014)

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