Börsen: Tanz auf dem rutschigen Börsenparkett

Traders are pictured at their desks in front of the DAX board at the Frankfurt stock exchange
Traders are pictured at their desks in front of the DAX board at the Frankfurt stock exchange(c) REUTERS (STRINGER/GERMANY)
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Die Aktienindizes scheinen nach wochenlangen Kursrückgängen endlich ihren Boden gefunden zu haben. Ob die Korrektur jetzt zu Ende ist oder erst richtig anfängt, dazu gehen die Meinungen auseinander.

Wien. Vergangene Woche schreckte der US-Aktienindex Dow Jones die Märkte: Am Montag fiel er unter unter die 200-Tage-Linie. Das ist der gleitende Durchschnitt der Schlusskurse der jeweils letzten 200 Tage. Fällt ein Kurs unter diese Linie, gilt das als Signal für einen Abwärtstrend. Ein Signal, das sich in diesem Fall als verfrüht herausstellte: Der Index fing sich wieder, am Donnerstag übersprang er die Trendlinie. Ein Aufwärtstrend?

Der Frankfurter DAX, der Mitte Jänner bereits die Marke von 9700 Punkten übersprungen hatte, näherte sich im Februar der 9100-Marke. Inzwischen befindet er sich wieder auf einem Erholungskurs. Diese Gegenbewegung könnte sich fortsetzen, zitiert die Agentur Bloomberg den technischen Analysten Armin Kremser von der DZ Bank.

Widerstände für das Frankfurter Börsenbarometer, das sich derzeit um die 9300 Zähler bewegt, liegen demnach bei 9425 und 9540 Punkten. Sollte die Erholung zwischen 9400 und 9500 Punkten versanden, sei Vorsicht angebracht, da dann eine Schulter-Kopf-Schulter-Formation drohe. Das ist ein Szenario, bei dem die Aktienmärkte ein bereits eingestelltes Hoch im zweiten Anlauf nicht mehr erreichen, was als Alarmsignal gilt.

Anleger nehmen Gewinne mit

Die Börsenrückgänge der vergangenen Wochen sind zum Teil mit Gewinnmitnahmen zu erklären: Vor allem deutsche, US-amerikanische und japanische Aktien hatten sich im Vorjahr kräftig verteuert, viele Aktienkurse waren fast senkrecht in die Höhe geschossen. Nun nützen einige Anleger die guten Preise zum Ausstieg. Das würde bedeuten, dass die Korrektur vorbei sein dürfte, sobald genug Luft aus den Kursen raus ist.

Doch gibt es auch fundamentale Ursachen für die jüngsten Kursrückgänge: die Angst, dass die US-Notenbank Fed die Geldschleusen stärker zudreht oder die Unternehmensgewinne weniger stark anziehen, als die Aktienpreise bereits vorwegnehmen. Die Währungen vieler Schwellenländer sind zuletzt unter Abwärtsdruck geraten, als die Fed dazu überging, weniger Geld in die Märkte zu pumpen. Das dämpfte auch die Stimmung auf den etablierten Märkten. Skeptiker verweisen zudem darauf, dass der Bullenmarkt an den Börsen schon lange andauert– und ein Ende wahrscheinlicher wird.

Dennoch sieht Sandra Grabenweger-Straka von Goldman Sachs Asset Management in Frankfurt in den jüngsten Börsenrückgängen nicht mehr als eine Korrektur. „Wir sind sehr positiv für Aktien gestimmt.“ Nur in den USA sei Vorsicht geboten. Zwar rechne man damit, dass der Leitindex S&P-500 bis zum Jahresende auf 1900 Punkte ansteige. Der Index war heuer auf 1850Punkte geklettert, inzwischen hat er auf 1780 Punkte nachgegeben.Es sei möglich, dass er zwischendurch um weitere zehn Prozent abrutsche, weil (vor allem private) Anleger Gewinne mitnehmen, sagt die Expertin. Doch würden v.a. institutionelle Kunden jeden Rückschlag nützen, um nachzukaufen.

Die Gefahr, die von den Schwellenländern ausgehe, sei fundamental gering. Fünf Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts werden durch Exporte in Schwellenländer erzielt, 0,7 Prozent in Hochrisikoländer. Ein Einbruch in den Schwellenländern würde das US-Wirtschaftswachstum schlimmstenfalls um 0,5 Prozentpunkte abbremsen. Dennoch: Ein solches Szenario würde wohl für Turbulenzen und mehr Volatilität an den Börsen sorgen.

Für die Aktienmärkte Europas und Japans sieht die Goldman-Sachs-Expertin mehr Potenzial. Was die Schwellenländer betreffe, so müsse man differenzieren. Die Märkte vieler aufstrebender Volkswirtschaften waren zuletzt einer steilen Korrektur ausgesetzt. Doch sollte man nicht generell die Finger von den Emerging Markets lassen: Grabenweger-Straka hält Mexiko und Südkorea für vielversprechend. Diese Märkte seien stark mit der entwickelten Welt verwoben und profitierten von einer Erholung der US-Wirtschaft. Die Goldman-Sachs-Experten halten es für möglich, dass der Schwellenländer-Index MSCI Emerging Markets heuer – bei zwischenzeitlich hoher Volatilität – um bis zu 18 Prozent ansteige.

Vorsicht bei Schwellenländern

Vorsicht sei bei chinesischen Aktien geboten. In China hänge viel davon ab, ob das Wachstum erneut enttäusche. Erwartet wird derzeit ein Wachstum von sieben bis acht Prozent. „Alles über sieben Prozent ist okay“, sagt Grabenweger-Straka. Sollte das Wachstum darunter bleiben, würde das nicht nur dem chinesischen Aktienmarkt zusetzen, sondern hätte auch Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Risken sehen die Goldman-Sachs-Experten auch für Argentinien (das in den meisten Indizes nur gering gewichtet sei), Brasilien, Südafrika, die Türkei, Indien und Indonesien.

Trotz der Rücksetzer seien Schwellenländeraktien noch teuer, warnt Greg Kolb, Fondsmanager des Perkins Global Value Fonds, in einer Aussendung. „Unter Risiko-Rendite-Gesichtspunkten sind sie keineswegs günstig.“ Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liege relativ zu Aktien aus den Industrieländern nur knapp unter dem langjährigen Schnitt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)

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