Biotechnologie: Zukunftssektor oder Blase?

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Allein im Vorjahr legte der Nasdaq-Biotech-Index um mehr als 60 Prozent zu. Bleibt die Frage, ob der Anstieg bloß ein Modetrend oder auch fundamental gerechtfertigt ist.

Wien. Gesundheit liegt im Trend: Wer vor zehn Jahren breit gestreut in globale Aktien investiert hat, konnte sein Vermögen– nach dem Absturz infolge der Finanzkrise und der darauf folgenden Erholung– um 50 Prozent steigern. Wer hingegen auf den Health-Care-Sektor setzte, konnte sein Vermögen verdoppeln. Die Ursachen sind zahlreich: Zum einen griffen die Anleger in den Jahren nach der Krise bevorzugt zu „defensiven“ (also relativ konjunkturunabhängigen) Werten. Und da zählt der Gesundheitssektor (neben der Konsumgüterbranche) dazu.

Biotechaktien machen erst einen geringen Anteil der Gesundheitsbranche aus. Einschlägige Fonds zählten in den vergangenen Jahren aber zu den ertragreichsten Themenfonds überhaupt. Bleibt die Frage, ob der Anstieg bloß ein Modetrend oder auch fundamental gerechtfertigt ist. Letzteres meint Harald Kober, Fondsmanager der Erste Sparinvest, und verweist auf die Alterung der Gesellschaft. Der Bedarf an neuen Medikamenten wachse. Und der Anteil von Biotechprodukten am Medikamentenumsatz nehme stetig zu, 2018 werde fast die Hälfte des weltweiten Medikamentenumsatzes mit Biotechprodukten erzielt werden.

Vorjahr legte die Latte hoch

Die Gewinne des Sektors wachsen Jahr für Jahr um 20 bis 25 Prozent. Die Aktien seien damit angemessen bewertet, eine Blase sieht Kober nicht. Die Erfolge des Vorjahres– im Jahr 2013 legte der Nasdaq-Biotech-Index um mehr als 60 Prozent zu– würden sich allerdings kaum wiederholen. Seit Jahresbeginn hat der Index– sowie generell der US-Aktienmarkt– leicht nachgegeben.

Eines der größten Risken für Biotechaktien sei ein Markteinbruch – doch sprechen für Kober zwei Argumente für den Biotechsektor: „Er korreliert relativ wenig mit anderen Branchen.“ In Krisenzeiten seien die Menschen nicht gesünder oder kränker als während der Hochkonjunktur. Das habe sich auch im Jahr 2008 gezeigt, als Biotechaktien nur etwa zehn Prozent verloren haben, Papiere aus dem Industrie- oder Rohstoffsektor jedoch 40 Prozent. Eine weltweite Korrektur an den Börsen könnte daher den Biotechsektor weniger schlimm treffen als andere Branchen.

Wenig Korrelation mit Markt

Kober verweist auf Berechnungen, wonach die Korrelation des Nasdaq-Biotech-Index mit dem breit gefassten S&P-500-Index in den Jahren 1993 bis 2013 nur 0,5 betrug. (Ein Wert von 1 würde bedeuten, dass sich die beiden Indizes parallel entwickelt haben, ein Wert von -1, dass sie sich diametral verhalten haben.) Die Korrelation von Biotechaktien mit dem gesamten Markt ist somit zwar positiv, aber geringer als bei den meisten anderen Sektoren. Zum Vergleich: Bei weltweiten zyklischen Konsumwerten (etwa Autos) betrug die Korrelation mit dem S&P-500 0,9, bei Finanzwerten 0,86, bei Telekompapieren 0,73.

Biotechfirmen profitierten auch von Übernahmen. Im Vorjahr wurden in den USA, dem mit großem Abstand größten Biotechmarkt, Biotechunternehmen im Wert von 39Mrd. US-Dollar (27,97Mrd. Euro) übernommen. Die Prämie für die Aktionäre der betroffenen Firmen betrug dabei durchschnittlich 37 Prozent.

In ein bis zwei einzelne Biotechfirmen zu investieren sei aber nicht ratsam, meint Kober. Denn welche Medikamente letztlich Erfolg haben und welche nicht, sei schwer vorherzusagen. (b.l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2014)

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