Sind Aktien sicherer als Anleihen?

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Langfristig werfen Aktien nicht nur mehr ab als Anleihen, das Verlustrisiko ist auch geringer, zeigen Erhebungen von Allianz Global Investors. Ganz so einfach ist das aber auch nicht.

Wien. Wer gut essen will, sollte Aktien kaufen, wer hingegen gut schlafen will, sollte Anleihen vorziehen. Die Gültigkeit dieses Bonmots hängt vor allem davon ab, welchen Zeitraum man betrachtet– und welche Aktien und Anleihen. In einem einzelnen Jahr können Aktien jedenfalls deutlich stärker schwanken als Anleihen– sowohl nach oben als auch nach unten. Die Experten von Allianz Global Investors haben einen Vergleich erstellt. Dabei haben sie die Entwicklung von US-Aktien (S&P 500), US-Staatsanleihen und dem Geldmarkt in den Jahren 1800 bis 2013 miteinander verglichen.

Dabei waren die kurzfristigen Ausschläge bei Aktien am stärksten: Sie bescherten den Anlegern im besten Jahr (1862) real 66,7 Prozent Ertrag (Kursgewinn und Dividenden), im schlimmsten Jahr (1932) betrug der Verlust 38 Prozent. Bei Aktien und Anleihen konnte man in einem einzigen Jahr nie so viel gewinnen oder verlieren. Mit zehnjährigen Anleihen gewann man bestenfalls 35 Prozent und verlor schlimmstenfalls 22 Prozent, auf dem Geldmarkt warf das beste Jahr real 24 Prozent ab, im schlechtesten Jahr verlor man 16 Prozent.

Ob man mit Aktien besser fährt als mit Anleihen, hängt demnach vor allem vom Einstiegszeitpunkt ab. Je länger jedoch der Anlagehorizont, eine desto geringere Rolle spielt der Einstiegszeitpunkt. Wenn jemand sein Geld zehn Jahre lang investiert hat und dann den jährlichen Durchschnittsertrag ausrechnet, verlor er mit Aktien im schlechtesten Zehnjahreszeitraum durchschnittlich vier Prozent pro Jahr und gewann bestenfalls 17 Prozent pro Jahr. Bei Anleihen lag die Spanne zwischen minus zehn und plus zwölf Prozent pro Jahr.

Noch besser schnitten die Aktien in einem 30-Jahres-Zeitraum ab. In einem solchen verlor man nie. Bestenfalls schaffte man eine Rendite von real zehn Prozent pro Jahr. Mit Anleihen oder auf dem Geldmarkt gab es auch 30-jährige Zeiträume mit leichten Realverlusten. In keinem Fall konnte man durchschnittlich mehr als acht Prozent pro Jahr gewinnen.

Aktien nicht nur liegen lassen

Ist man also auf jeden Fall besser dran, wenn man von den Urgroßeltern ein Aktienpaket geerbt hat? Nicht unbedingt. Viele Unternehmen, deren Aktien im neunzehnten oder zwanzigsten Jahrhundert als erfolgversprechend galten, existieren gar nicht mehr. Auch lassen sich nicht alle Aktienindizes so weit zurückberechnen wie der S&P 500. Und Performancezahlen der Vergangenheit lassen nur bedingt Schlüsse auf die Zukunft zu.

Hans-Jörg Naumer, Global Head of Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors, rät dennoch zu Aktien. Denn der Grund, warum diese steigen, ist das Wirtschaftswachstum. Und das sollte sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen. Zwar sei der letzte Wachstumszyklus, der durch die Informationstechnologie angeschoben wurde, inzwischen abgeebbt.

Der neue Megatrend, der dem Wachstum Schub verleihen sollte, ist seiner Meinung nach der Klimawandel und der neue Umgang mit der knappen Ressource Umwelt. Das sollte Technologien wie Solarzellen oder Windparks befördern. Wer jedoch in der Meinung, das Wachstum der Zukunft werde von der Umwelttechnologie getragen, in den vergangenen Jahren auf Solaraktien gesetzt hatte, wurde zumeist enttäuscht. Vor allem in Deutschland gingen zahlreiche Unternehmen pleite, ihre Aktien wurden wertlos. Das sei nichts Ungewöhnliches, meint Naumer: So sei im 19. Jahrhundert das Wachstum von der Eisenbahn getragen worden; zugleich gab es zahlreiche Pleiten von Eisenbahnfirmen. Auch von den vielen Autoherstellern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sind nur wenige übrig geblieben. Ebenso verbrannten sich viele Anleger mit Technologieaktien die Finger, als vor mehr als zehn Jahren die New Economy Bubble platzte.

Nicht zu früh aufspringen

„Es ist falsch, in einer frühen Phase sofort auf die neue Technologie zu setzen“, sagt Naumer. Doch dürften in allen Branchen jene Unternehmen profitieren, die sich den neuen Herausforderungen stellen, also energieeffiziente Immobilien haben, den eigenen Fuhrpark und die Gebäude als Kraftwerke nutzen. Unter den Autoherstellern sollten sich jene durchsetzen, die langsam, aber konsequent auf Elektroautos umstellen.

Innerhalb der großen übergeordneten Wachstumszyklen gebe es auch Aktienzyklen. Momentan spreche vieles für Aktien, sagt Naumer. Der US-Markt sei schon teuer, aber noch nicht zu teuer. Nach wie vor gebe es interessante Anlagemöglichkeiten. Europäische Papiere würden hingegen noch immer mit Krisenabschlag gehandelt. Das treffe auch auf Schwellenländer zu, doch könnte es dort noch länger dauern, bis die Märkte wieder anspringen. „Die Emerging Markets laufen nicht weg.“ Am ehesten sollte man auf europäische Unternehmen setzen, die weltweit aktiv sind. Auch eine hohe Dividendenrendite sei von Vorteil. „Dividenden bringen auch Stabilität ins Portfolio“, meint Naumer. Seit den Siebzigerjahren seien in Europa 40 Prozent der Aktienperformance von den Dividenden gekommen.

AUF EINEN BLICK

Langfristig bieten Aktien höhere Erträge und mehr Sicherheit als Anleihen. Allerdings muss man sich regelmäßig mit seinem Depot befassen. Wer das nicht selbst tun will, kann auf Fonds setzen. Dabei trifft ein Fondsmanager die Aktienauswahl und wechselt die Papiere auch regelmäßig aus. Wer Gebühren sparen will, kann auch passiv gemanagte Fonds (ohne Fondsmanager) kaufen. Solche bilden einfach einen Index nach.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

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