Doppelbesteuerung: Zwei Staaten bitten bei Dividenden zur Kasse

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Privatanleger, die ausländische Aktien haben, müssen häufig zweimal Steuern zahlen. Aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen kann man sich die zu viel bezahlte Steuer oft zurückholen. Das ist aber mühsam.

Wien. Die Dividendensaison ist angelaufen. Im zweiten Quartal schütten zahlreiche Unternehmen Gewinnbeteiligungen an die Aktionäre aus. So tat das kürzlich auch der deutsche Chemiekonzern BASF. Der zahlte heuer pro Aktie 2,70 Euro. Ein österreichischer Kleinanleger, der 100 Stück hat, würde demnach 270 Euro erhalten.

Auf dem Konto des Aktionärs landen jedoch nur 170,65 Euro. 1,14 Euro werden an Bankspesen, 98,21 Euro an Steuern abgezogen. Das entspricht einer Belastung von fast 37 Prozent. Damit wird der Anleger stärker zur Kasse gebeten als bei österreichischen Aktien üblich, bei denen „nur“ 25 Prozent Kapitalertragsteuer auf die Dividenden abgezogen werden.

Lange Behördenwege nötig

Das kommt so: Zuerst bedient sich der deutsche Fiskus und zieht 25 Prozent Quellensteuer und 1,38 Prozent Solidaritätszuschlag ab. Dann greift der österreichische Staat zu und zieht weitere zehn Prozent der Bruttodividende ab. Denn es wird nicht die gesamte von Deutschland abgezogene Steuer angerechnet, sondern nur 15 Prozentpunkte. Eine Auslands-KESt-Verordnung aus dem Jahr 2012 ermöglicht es den Banken, eine Entlastung für ihre Kunden in maximal diesem Ausmaß vorzunehmen, sagt Christian Ludwig, Geschäftsführer der ECL Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH. Die 11,38 Prozent der Bruttodividende, die der Anleger zu viel bezahlt hat, muss er sich nun vom deutschen Staat zurückholen. „Aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland dürfte Deutschland grundsätzlich nur 15 Prozent Quellensteuer einbehalten“, stellt Ludwig fest.

Der Weg, um an die Differenz zu kommen, ist jedoch steinig. Im konkreten Fall müsste sich der Anleger von der Homepage des heimischen Finanzministeriums das entsprechende Formular herunterladen, es in dreifacher Ausfertigung ausfüllen, zum Finanzamt gehen, sich dort bestätigen lassen, dass er den Wohnsitz in Österreich hat und hier auch steuerpflichtig ist, die Formulare zusammen mit den Gutschriftsanzeigen der Depotbank an die deutschen Behörden schicken und einige Monate (oder länger) warten, bis er sein Geld zurückerhält. Unter Umständen wird er zwischendurch von der deutschen Behörde in Kenntnis gesetzt, dass er Dokumente nachreichen muss.

Ein Weg, den der Anleger im konkreten Fall scheuen dürfte, da es letztlich nur um 30 Euro Differenz geht. Einen Steuerberater hinzuzuziehen, zahlt sich bei solchen Summen kaum aus. Den Staaten bringe das in Summe ein schönes Körberlgeld, stellt Ludwig fest. Noch mühsamer wird es, wenn der Anleger Aktien aus weiteren ausländischen Staaten hat. Dann müsste er bei jedem Land einen eigenen Rückerstattungsantrag stellen, und das Prozedere ist von Staat zu Staat unterschiedlich.

Auszahlen dürften sich die Behördenwege allenfalls dann, wenn der Anleger noch weitere deutsche Aktien hat und er sich die Steuern für vier Jahre rückwirkend zurückholt. So lange hat man Zeit, um Steuern aus Deutschland zurückzufordern. In der Schweiz beträgt die Verjährungsfrist hingegen nur drei Jahre, in den USA überhaupt nur eines. Dort empfiehlt es sich, im Vorhinein einen Antrag auf Reduzierung der Quellensteuer zu stellen, rät Steuerberater Helmut Moritz.

Auch die Steuersätze sind in den verschiedenen Staaten unterschiedlich: Während Deutschland inklusive Solidaritätszuschlag 26,38 Prozent abzieht, sind es in der Schweiz 35 Prozent (sodass der Anleger zunächst 45 Prozent berappen muss, bevor er sich 20 Prozent zurückholt). Grundsätzlich kann man sich aus all jenen Ländern Steuern zurückholen, mit denen Österreich ein entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) hat. Das sei bei den meisten Staaten, aus denen Kleinanleger typischerweise Aktien haben, der Fall, sagt Ludwig.

Formulare zum Download

Auf der Homepage des Finanzministeriums (https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/rueckerstattung/rueckerstattung.html) gibt es eine Übersicht, welche Formulare, Dokumente und Bestätigungen man für welches Land benötigt und wohin man sie schicken muss.

In der Praxis funktioniere das Zurückholen der Steuer nicht bei allen Staaten gleich gut, sagt Moritz. Gute Chancen, zu seinem Geld zu kommen– auch wenn es lange dauern kann–, habe man im Fall von Deutschland oder der Schweiz. Wobei die Schweizer immer häufiger Originaldokumente nachforderten, bloße Kopien der Dividendengutschriften der Depotbank reichten oft nicht.

Was Sie beachten sollten bei... Dividenden aus dem Ausland

Tipp 1

Anträge. Aus Staaten, mit denen es ein Doppelbesteuerungsabkommen gibt, kann man sich Steuern zurückholen. Informationen und Formulare zum Download findet man auf der Homepage des Finanzministeriums unter https://www.bmf.gv.at/steuern/int-steuerrecht/rueckerstattung/quellensteuerformulare-von-dba-partnerstaaten.html

Tipp 2

Verjährung. Die Verjährungsfristen, um zu viel bezahlte Quellensteuer zurückzuholen, sind von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland betragen sie vier Jahre, in der Schweiz drei. Oft zahlt es sich bei kleinen Summen nur dann aus, den mühsamen Behördenweg auf sich zu nehmen, wenn man die Steuern für mehrere Jahre rückwirkend zurückfordert.

Tipp 3

Aktienauswahl. Die Steuer sollte nicht das oberste Kriterium beim Aktienkauf sein. Auf ein gutes ausländisches Papier zu verzichten, nur weil man ein paar Prozentpunkte mehr Steuern zahlt, ist nicht unbedingt eine gute Idee. Doch sollte man berücksichtigen, dass so manche Dividendenperle aus dem Ausland keine solche mehr ist, wenn die Steuer abgezogen wird.

Tipp 4

Anleihen. Bei Anleihen verdient man an der Differenz zwischen Rückzahlungs- und Kaufpreis (Kursgewinn) und am Kupon (Zinszahlung). Da nur für Letzteren eine Quellensteuer vom ausländischen Staat einbehalten wird, ist es besser, Papiere mit niedrigem Kupon zu wählen, deren Kurs unter dem Ausgabepreis liegt. Dann werden weniger Steuern im Ausland abgezogen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2014)

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