Niedriger Aktienkurs, hohes Potenzial?

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Der Wiener Leitindex ATX liegt deutlich hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Seit Februar hat er stark an Wert verloren. Für Kleinanleger könnte das eine Chance zum Wiedereinstieg sein.

Wien. Von wegen hypervorsichtig! Die österreichischen Anleger sind wieder mutig geworden. Der Anteil jenes Geldes, das Private-Banking-Kunden in Aktien investieren, stieg seit dem Jahr 2012 von 29 auf 36 Prozent an. Das geht aus dem Private Banking Report der LGT Bank hervor. Der Anteil bei Anleihen erhöhte sich von 19 auf 22 Prozent. Im Durchschnitt erwirtschafteten die Anleger im Jahr 2013 eine Rendite von 5,1 Prozent. Eine passable Performance, auch wenn sich die Befragten damit nicht zufrieden zeigten.

Bleibt die Frage: Was gibt der österreichische Aktienmarkt in diesem Jahr her? Nicht nur für betuchte Privat-Banking-Kunden, sondern auch für kleine Privatanleger?

Seit Jahresbeginn verlor der ATX, der Leitindex der Wiener Börse, an Wert, obwohl die Analysten zu Jahresbeginn äußerst optimistisch gewesen waren. Die Marktbeobachter der Erste Group prognostizierten für 2014 eine leicht zweistellige Performance für den ATX. Seit Februar hat der Index allerdings stark an Wert verloren.

Dividende spielt eine Rolle

Was auf den ersten Blick schlecht aussieht, kann für Kleinanleger zum Vorteil werden. Österreichische Aktien sind derzeit relativ billig. Und einige Firmen wie Raiffeisen Bank International, Schoeller Bleckmann, Flughafen Wien oder Semperit haben zuletzt passable Quartalszahlen vermeldet. Auf dem heimischen Aktienmarkt gibt es also durchaus Luft nach oben. Ganz so einfach ist die Sache für den normalen Privatanleger aber nicht.

Ein Beispiel: Semperit. Der börsenotierte Gummi- und Kunststoffhersteller ist ein verlässlicher Dividendenzahler und konnte im ersten Quartal 2014 seinen Umsatz um acht Prozent auf 233 Mio. Euro und den Gewinn um fünf Prozent auf 13Mio. Euro steigern. Als (potenzieller) Semperit-Aktienanleger darf man sich Hoffnungen machen, dass das Unternehmen 2014 seine Dividende erhöht und einen Euro pro Aktie ausschüttet. Die Aktie ist – im Vergleich zu April – noch relativ günstig. Macht der Anleger ein gutes Geschäft, wenn er die Titel kauft? Ein Szenario: Der Anleger steckt 10.000 Euro in (fünf verschiedene) Aktien der Wiener Börse. Die Aktie kauft er über einen heimischen Onlinebroker, rund 2000 Euro steckt er in Semperit-Aktien, die er voraussichtlich zwei Jahre lang halten will. Für beide Jahre erhält er eine Dividende von einem Euro pro Aktie. Er muss allerdings Kosten für Kauf, Verkauf, Depot, Verrechnungskonto sowie Steuern auf Dividenden und (eventuelle) Kursgewinne abziehen.

Das Ergebnis: Allein mit der Dividende erzielt der Anleger in zwei Jahren einen Ertrag von ca. 1,3 Prozent (nach Kosten und Steuern). Noch nicht berücksichtigt ist dabei die Inflation. Wenn man eine Jahresinflation von 1,8 Prozent kalkuliert, macht der Anleger mit der Dividende (nach Abzug der Kosten, Steuern und Inflation) einen realen Verlust von über zwei Prozent. Das bedeutet im Gegenzug, dass die Semperit-Aktie in den nächsten zwei Jahren um rund drei Prozent steigen muss, damit der Anleger sein Geld vor einem Kaufkraftverlust schützt.

Ein Klassiker bei Dividendenrenditen ist die Post (ISIN: AT0000APOST4). Für 2013 hat das Unternehmen 1,90 Euro Dividende pro Aktie ausgezahlt. Das ist enorm viel. Da der Staat seine Finger im Spiel hat, können die Anleger zumindest darauf hoffen, dass die Post ihre Dividende in den nächsten zwei Jahren halten wird (auch wenn das schwierig sein wird). Wenn sie es schafft, kann sich der Post-Anleger die Hände reiben. Allein mit der Dividende macht er nach zwei Jahren einen realen Gewinn (nach Abzug der Kosten, Steuern und Inflation) von etwas mehr als zwei Prozent. Das heißt, der Post-Aktienkurs könnte in zwei Jahren sogar um zwei Prozent fallen – und der Kunde hätte noch immer keinen realen Verlust gemacht. Keine schlechten Aussichten also. (ker)

Was Sie beachten sollten bei ... Aktien

Tipp 1

Risiko. Rendite ohne Risiko, das gibt es nicht mehr. Auf dem Sparbuch erleiden Sparer derzeit Kaufkraftverluste. Sein Geld in Aktien zu stecken, ist zwar riskanter, dafür ist die Chance auf einen Gewinn auch höher. Auf Einzeltitel zu setzen, ist aber mitunter keine gute Idee. In Aktienfonds kann man das Risiko besser streuen und Wertverluste leichter verkraften.

Tipp 2

Absichern. Um Verluste auf dem Aktienmarkt abzufedern, können Anleger automatische Verlustbegrenzungen („Stop-Loss-Orders“) einziehen. Ein Titel wird verkauft, wenn eine Aktie unter ein Limit gefallen ist. Um nicht zum ungünstigsten Zeitpunkt auszusteigen, kann man mehrere Verlustbegrenzungen für je einen Teil jeder Aktienposition setzen.

Tipp 3

Kursgewinn, Um den richtigen Fonds zu finden, sollte man sich seine Performance ansehen. Doch hier sieht man lediglich die Entwicklung der Vergangenheit. Aussagen über künftige Kurssteigerungen oder Kursverluste sind nicht möglich. Je länger sich ein Fonds aber positiv entwickelt hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er das auch in Zukunft tut.

Tipp 4

Kosten. Aktien oder Fonds zu kaufen, verursacht Kosten. Beim Fondskauf hat man einmalige Kosten (etwa Ausgabeaufschläge) sowie laufende Spesen (etwa für das Fondsmanagement). Bei Onlinebrokern sind die Gebühren von Haus aus niedriger. Wer die Managementkosten sparen will, kann auch zu einem börsegehandelten Fonds (ETF) greifen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2014)

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