Die Perlen des Wiener Aktienmarkts

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Der Wiener Kurszettel ist voll von Erfolgsgeschichten, die aus maroden Staatsbetrieben effizient geführte profitable Weltkonzerne gemacht haben. Zeit, dass diese Erfolgsstory mit neuen Privatisierungen fortgeschrieben wird.

Wien. In dieser Woche war an der Wiener Börse ein Ereignis zu feiern, das in den vergangenen Jahren Seltenheitswert hatte: Mit der FACC hat erstmals seit 2011 wieder ein österreichisches Paradeunternehmen den Schritt auf den Aktienmarkt gewagt. Der Flugzeugteilezulieferer ist geradezu ein Modell-Börsenkandidat: ein international aufgestelltes Hightech-Unternehmen mit einer tollen „Story“. Genau das, was Investoren suchen.

Und – im internationalen Maßstab – noch dazu ein ausgesprochen mittelständisches Unternehmen. Also genau das, was die Wiener Börse braucht. Denn hierzulande gibt es noch eine ganze Reihe von hervorragend geführten, vielfach in Familienbesitz stehenden Unternehmen, die Kapitalbedarf haben. Und diesen meist bei Banken decken, die wegen strengerer Regulierungen beim Finanzieren immer restriktiver werden. Da bietet sich die Kapitalbeschaffung über die Börse geradezu an. Und der FACC-Börsengang könnte da durchaus einmal zum Nachdenken in diesem Kreis anregen.

Vielfach wird das ohnehin schon getan. Denn die im Zuge der Finanzkrise etwas ins Hintertreffen geratene Wiener Börse spürt in den vergangenen Monaten eine recht kräftige Belebung. Bisher äußert sich das in einem Boom an Unternehmensanleihen.

Die nächste Stufe wäre dann wohl der Börsengang selbst. Das Potenzial von der Investorenseite her wäre für die Kapitalaufbringung via Börse jedenfalls vorhanden: In den vergangenen Monaten haben auch die Umsätze in Wien mit einem zweistelligen Prozentsatz angezogen.

Aktienbesitz ist in Österreich trotz negativer Realzinsen auf Sparprodukte noch nicht wirklich populär. Zumal ja auch die Politik nichts unversucht lässt, um Börse und Privatisierung ins schiefe Spekulanteneck zu rücken. Das könnte sich aber ändern, wenn die finanzielle Repression in Form der negativen Realverzinsung noch länger anhält. Und davon kann man wohl ausgehen, denn die hoch verschuldeten Staaten können sich Zinssätze, wie man sie vor zehn oder 15 Jahren gewohnt war, gar nicht mehr leisten. Sie werden also alles daransetzen, den jetzigen Zustand möglichst lange aufrechtzuerhalten.

Mit Sparen verliert man Geld

Irgendwann werden selbst die hartnäckigsten Sparer draufkommen, dass sie nur Geld verlieren – und nach Alternativen suchen. Und da bietet sich, vor allem auf mittlere und längere Sicht, der Aktienmarkt geradezu an.

Man muss sich nur die Charts anschauen, um zu sehen: Wenn man ein bisschen vorsichtig investiert hat und nicht gerade zu den Kursspitzen eingestiegen ist, waren Aktien in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich die einzige Methode, um sein Geld auch real halbwegs zu vermehren.

Auf der anderen Seite ist ein Börsengang natürlich auch für die Emittenten meist eine feine Sache. Nicht nur wegen des Investorenkapitals, das hereinkommt, sondern auch wegen der beachtlichen Professionalisierung, die die strengen Transparenzvorschriften der Börsen und der Druck der neu hinzugekommenen „Miteigentümer“ im Normalfall auslöst. Ganz besonders gilt das, auch wenn das einige aus ideologischen Gründen nicht recht wahrhaben wollen, für über die Börse privatisierte Staatsunternehmen.

Wer das nicht glaubt, kann ja einmal den Begriff „Verstaatlichtenkrise“ googeln. Und anschließend einen Blick in diesen Börsenreport werfen, in dem die Perlen der Wiener Börse vorgestellt werden. Er wird hier eine Reihe von Unternehmen wie etwa Voest, Amag, OMV etc. finden, die in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts als Staatsunternehmen schwerst verschuldet und schlecht geführt vor der Pleite gestanden sind – und heute, als überwiegend in Privatbesitz stehende börsenotierte Aktiengesellschaften hochprofitable, international renommierte Weltkonzerne sind.

Natürlich ist bei den Privatisierungen nicht immer alles glatt gelaufen. Bei der Austria Tabak etwa, die immer wieder als Negativbeispiel angeführt wird und die samt ihren Produktionsanlagen mehr oder weniger verschwunden ist. Aber alles, was über die Börse gelaufen ist, ist zur Erfolgsgeschichte geworden. Eigentlich unverständlich, dass diese Erfolgsgeschichte nicht fortgeschrieben, sondern aus ideologisch-politischen Gründen vorerst einmal gestoppt wurde. Denn die öffentliche Hand verfügt noch über eine ganze Reihe von Privatisierungskandidaten, von denen viele – man denke nur an die Landesbanken – unter politischem Einfluss schlecht geführt sind und der Erweckung durch private Miteigentümer harren.

Riesiges Potenzial bei Ländern

Riesiges Potenzial besteht hier vor allem bei den Ländern, bei denen Unternehmensbeteiligungen noch immer (wie früher auf Bundesebene mit der Verstaatlichten) als von Polit-Günstlingen geführte politische Spielwiese missbraucht werden. Der Multimilliardenskandal der Kärntner Hypo Alpe Adria, der den Steuerzahlern noch Jahre auf der Tasche liegen wird, ist ein Paradebeispiel dafür.

Es gibt keinen einzigen Grund, warum sich Länder beispielsweise Landesbanken halten müssen. Sie sind als Eigentümer, wie nicht nur Kärnten bewiesen hat, ohnehin ungeeignet. Es gibt auch keinen Grund dafür, wieso Landeselektrizitätsgesellschaften oder Flughäfen mehrheitlich im öffentlichen Eigentum stehen müssen. Wenn Politiker meinen, das sei „Daseinsvorsorge“ und dürfe nicht ganz aus der Hand gegeben werden, dann reicht eine Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) völlig. Da tut sich ein riesiges Potenzial auf.

Bei den Ländern schlummert selbst unter dem Gesichtspunkt, dass eine Sperrminorität beibehalten wird, ein Privatisierungspotenzial von 14 bis 15 Mrd. Euro. Eine riesige Summer für die ohnehin leeren Kassen und ein Riesenpotenzial für die Wiener Börse, selbst wenn man nur einen Teil davon realisiert.

Dass es den betroffenen Unternehmen auch noch guttun würde, zeigt ja das Beispiel der bisherigen Entstaatlichung. Unverständlich, dass rückwärtsgewandte Landesfürsten dieses Potenzial nicht sehen – und mauern.

Aber auch beim Bund, der ja trotz einer der höchsten Steuerquoten der Welt nicht gerade in Geld schwimmt, wäre noch die eine oder andere Milliarde drin, ohne dass sich am Einfluss des Bundes Wesentliches ändert. Allein dadurch, dass man sich bei bereits sehr erfolgreich an der Wiener Börse notierenden Unternehmen wie Post, OMV oder Verbund auf die Sperrminorität zurückzieht.

Eine neue Privatisierungsoffensive könnte dann endlich jene Kleinanleger anlocken, die derzeit eisern auf Kapitalvernichtung durch Sparen setzen. Die werden ja irgendwann draufkommen, dass sie in der Zwickmühle stecken: Immer weiter zurückgestutzte Pensionsansprüche zwingen zur Eigenvorsorge.

Die ist mit Sparprodukten und sicheren Anleihen aber auf lange Zeit nicht mehr möglich. Mit Unternehmensbeteiligungen schon: An der Wiener Börse notieren Unternehmen, die Dividendenrenditen von sechs Prozent und mehr aufweisen. Da bleibt allein aus den jährlichen Ausschüttungen etwas übrig. Von langfristig erwartbaren Kurssteigerungen ganz zu schweigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2014)

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