Investment-Experte: "Crash-Propheten bitte warten"

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Nur steigende Zinsen könnten für den Aktienmarkt problematisch werden, sagt Reisenberger. Geopolitische Krisen können den Finanzmarkt nicht nachhaltig beeinflussen.

"Crash-Propheten bitte warten", lautet derzeit das Motto von Alfred Reisenberger, Investmentstratege der Valartis Bank Austria. Er rechnet auch im bevorstehenden zweiten Halbjahr 2014 mit weiter steigenden Kursen an den europäischen Aktienmärkten. "Irgendwann wird er kommen, aber es wird noch lange dauern", meinte Reisenberger am Mittwoch in Wien vor Journalisten.

"Für den Aktienmarkt dürfte es erst dann wieder problematisch werden, wenn die Zinsen zu steigen beginnen, aber davon sind wir Jahre entfernt", führte der Kapitalmarktexperte aus. Derzeit spricht für Reisenberger praktisch alles für eine gute Verfassung der Kapitalmärkte und Veranlagungen in Aktien, etwa die Beschleunigung der europäischen Konjunktur, die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, dass der Leitzins längere Zeit auf dem aktuell niedrigen Niveau bleiben wird, die dynamische IPO-Szene und auch eine Reihe von großvolumigen Übernahme-Aktivitäten. Auch die generelle Stimmung unter den Wirtschaftstreibenden sei überall deutlich besser geworden und werde den Finanzmärkten und der Wirtschaft helfen.

Anleiherenditen sehr niedrig

Geopolitische Krisen wie derzeit etwa die Ukraine-Krise sollten dagegen die Finanzmärkte nicht nachhaltig beeinflussen. Für Aktieninvestments spreche auch, dass das Renditeniveau bei Anleihen schon sehr niedrig und daher wenig attraktiv sei. "Der Boden dürfte schon erreicht sein", meinte Reisenberger. Die Revisionen bei den Unternehmensgewinnen seien dagegen nicht so schlimm, wie sie aussähen.

Im ersten Halbjahr haben die europäischen Aktienmärkte bisher durchwegs positiv performt. An der Spitze die Börse Kopenhagen mit rund 18 Prozent Plus. Ausnahme wieder einmal die Wiener Börse, die sich mit einem leichten Minus von 0,6 Prozent begnügen muss. Zum Vergleich, der DAX der Frankfurter Börse schaffte bisher ein Plus von 3,9 Prozent. Am besten performten die Versorger, am schlechtesten der Einzelhandel. Die ATX-Mitglieder zeichnen wie immer ein sehr heterogenes Bild.

Experte empfiehlt Investments in Banken

Reisenberger geht davon aus, dass die EZB im zweiten Halbjahr noch mehr Liquidität in den Markt pumpt, um das Wachstum anzukurbeln und aus der Staatsschuldenspirale herauszukommen. Das werde auch in den nächsten Jahren so bleiben. Gleichzeitig werde die Inflation niedrig bleiben. "Die EZB hat ihr 2-Prozent-Ziel aufgegeben", so der Experte. Der Euro sollte gegenüber dem US-Dollar weiter leicht rückläufig bleiben und an Wert verlieren, aber nicht dramatisch. Währungsverschiebungen werden nur sehr langsam vor sich gehen.

Reisenberger, der sich nur auf den europäischen Aktienmarkt konzentriert, empfiehlt Anlegern Aktieninvestments in Banken - etwa UniCredit, PNB Paribas oder RBS, die Automobilbranche (BMW, Daimler, und nach Geschmack) und generell in dynamische, unterbewertete und dividendenstarke Industrieunternehmen. Banken sollten vor allem davon profitieren, dass die faulen Kredite rückläufig sind. Für neue Goldinvestments sehe er keine Voraussetzungen. "Die Welt ist deutlich besser geworden", so der Experte.

Versicherungen und Pensionskassen, die vor der Finanzkrise schon sehr große Aktieninvestoren waren und seither in Europa aber sehr Anleihen-lastig veranlagen, werden wieder umdenken müssen, meinte Reisenberger. Dieses "latente Problem" zu lösen, werde ein langfristiger Prozess sein.

(APA)

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