Fallender Euro, jubelnde Anleger

(c) REUTERS (CARLO ALLEGRI)
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Der Dollar gewinnt zum Euro, gleichzeitig steigen die Aktienkurse an den US-Börsen. Eine interessante Konstellation für heimische Anleger: Sie könnten von steigenden Aktienpreisen und Währungsgewinnen profitieren.

Wien. Die europäische Gemeinschaftswährung ist derzeit nicht viel wert. Zumindest nicht in Dollar. Am Devisenmarkt ist ein Euro mittlerweile nur mehr 1,32 Dollar wert. Damit hat der Euro seit März um rund fünf Prozent zur US-Währung an Wert verloren. Stellt sich die Frage, ob der Dollar so stark oder der Euro aktuell schwach ist? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
•Der Dollar ist derzeit stark, weil die USA zuletzt mit guten Konjunkturdaten aufhorchen ließen. Infolgedessen streut die US-Notenbank Fed immer mehr Signale, dass sie ihre lockere Geldpolitik in normalere Bahnen zu führen gedenkt – in Form von Zinserhöhungen, etwa Mitte 2015. Das stärkt die Währung im Vergleich zum Euro.
•Der Euro ist aktuell schwach, weil die Europäische Zentralbank (EZB) noch kaum Tendenzen einer normaleren Geldpolitik signalisiert. Im Gegenteil, viele Investoren glauben sogar, dass die Zentralbanker ihre Geldpolitik noch weiter lockern und etwa Anleihen aufkaufen könnten, um damit die Konjunktur zu stützen und die Inflation anzuheben. Zuletzt nämlich gab es aus der Eurozone ernüchternde Nachrichten: Frankreich stagniert, Italien steckt in einer Rezession und Deflation, die Stimmung der deutschen Wirtschaft ist getrübt. Und die Inflationsrate bleibt weiter niedrig, im August lag sie bei 0,3 Prozent – das ist der niedrigste Wert seit Herbst 2009.

Die Folge daraus: Mit dem Außenwert des Euro könnte es in den nächsten Wochen und Monaten noch weiter bergab gehen. Zwar soll man Analysten-Prognosen nicht für bare Münze nehmen, schon gar nicht bei dem so riesigen und extrem schnelllebigen Euro-Dollar-Devisenmarkt. Aber aus den Prognosen kann man die Tendenz erkennen, dass viele Strategen ein hohes Potenzial für einen weiteren Wertverlust des Euro sehen. Die Prognosen reichen teilweise von 1,30 bis zu 1,25 Dollar je Euro bis Mitte 2015.

Das wäre gar nicht so schlecht. Zumindest für die exportorientierten Unternehmen in der Eurozone. Ein niedriger Euro-Kurs macht ihre Exportprodukte wettbewerbsfähiger, sie können dadurch höhere Erlöse etwa in den USA erzielen und infolgedessen zu mehr Investitionen angespornt werden.

Gut für Inhaber von US-Aktien

Aber vor allem auch Anleger können sich dank der Währungsentwicklung ein Zubrot verdienen. Und zwar jene Aktienanleger mit einem Eurokonto, die in US-Aktien investieren. Jene, die sich schon vor Monaten mit US-Aktien eingedeckt haben, konnten in den vergangenen Monaten hohe Profite erzielen – nicht nur durch steigende Aktienkurse, sondern auch dank des Dollar-Höhenflugs. Für diese hohen Gewinne war eine besondere Konstellation verantwortlich: Tendenziell suchen die Anleger eigentlich den US-Dollar als „sicheren Hafen“, in Phasen, in denen sie Risken scheuen und lieber Vorsicht walten lassen. Doch zuletzt stieg der Dollar-Kurs auch dann, wenn die Investoren gleichzeitig bereit waren, Risiko einzugehen (wodurch die Aktienkurse großflächig in die Höhe gingen).

Ein Beispiel: Ein österreichischer Anleger hatte einen optimalen Zeitpunkt erwischt und Anfang Februar 10.000 Euro in den US-Aktienmarkt investiert. Er hat – vereinfacht gesagt – den Leitindex Dow Jones abgedeckt. Nicht nur, dass der Index seither um elf Prozent gestiegen ist. Auch der Dollar hat zum Euro zugelegt, der Anleger hat also zusätzlich einen Währungsgewinn erzielt. In Summe hat sein Investment nicht um elf Prozent an Wert gewonnen, sondern um rund 17 Prozent (noch nicht berücksichtigt sind dabei Steuern und Kosten). Das kann sich sehen lassen in Zeiten, in denen scheinbar allerorts über Realverluste bei Zinsprodukten lamentiert wird.

Gewinn trotz Kursstagnation

Ein anderes Szenario: Der Anleger hat erst Anfang Mai am US-Aktienmarkt investiert. Er hat nicht den optimalen Einstieg zum Aktienkauf erwischt, der Dow Jones hat daher seither „nur“ um rund drei Prozent zugelegt. Aber: In der gleichen Zeitspanne hat der Dollar zum Euro extrem an Wert gewonnen – und somit hat der Anleger viel stärker vom Währungs- als vom Aktienkursgewinn profitiert. Sein Gewinn macht damit in Summe nicht drei Prozent aus, sondern fast neun.

Kann ein Aktieninvestment auf dem US-Markt für neue Anleger jetzt noch interessant sein? Klar ist, dass US-Aktien bereits teuer sind. Aber wenn die Fed die US-Konjunktur derart gefestigt sieht, dass sie ohne ultralockere Geldpolitik auskommt, könnte das ein positives Signal für den Aktienmarkt sein. Verlockend sind aber die Währungsaussichten, wenn tatsächlich der Euro-Wert zum Dollar in den nächsten Monaten noch einmal stark fällt.

Ein Szenario: Ein heimischer Anleger investiert erst heute in den Dow-Jones-Index zum Gegenwert von 10.000 Euro. Der Aktienindex bewegt sich seitwärts und steht Mitte 2015 auf dem Niveau von heute, also bei 17.100 Punkten. In der Zwischenzeit stürzt der Euro zum Dollar auf 1,28 ab. Der Anleger hätte einen nominellen Gewinn von knapp drei Prozent erzielt. Fällt der Euro auf 1,25 Dollar, macht der Anleger einen Gewinn von 5,5 Prozent. Und das, ohne nur einen Cent aus einem Aktienanstieg gewonnen zu haben. (ker)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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