ATX: Billig heißt nicht unbedingt gut

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Enge Verflechtungen mit Russland haben einigen Titeln im Wiener Leitindex merklich zugesetzt. Die Risken, denen die Unternehmen ausgesetzt sind, dürften in nächster Zeit aber nicht abnehmen. Daher ist Vorsicht geboten.

Wien. Party gab es an der Wiener Börse schon seit Längerem keine mehr: ein kleiner Markt, schlecht performende Schwergewichte und globale Krisen. Katerstimmung ist angesagt. Höchststände kennt der ATX daher nur aus der Ferne, aus den USA oder Deutschland. Dramatische Kursanstiege liegen hierzulande indes schon länger zurück.

„Bis zur Russland-Krise war Österreich heuer aber besser als der Rest der Welt“, versucht Erste-Bank-Chefanalyst Fritz Mostböck zu beruhigen. Doch seither hat sich viel verändert. Der ATX befindet sich im Sinkflug. Seit Jänner fuhren Anleger ein Minus von zehn Prozent ein. Einige Titel sind im Zuge des Konflikts zwischen Russland unter der Ukraine besonders stark unter die Räder gekommen. Lohnt es sich nun einzusteigen?

Russland macht Sorgen

Die Aktien der Raiffeisen Bank International (RBI) haben seit Jahresbeginn beispielsweise rund 18 Prozent ihres Wertes verloren. Russland ist für die Bank der wichtigste Markt. Von 344 Mio. Euro, die das Geldhaus in der ersten Jahreshälfte erwirtschaftete, stammen 212 Mio. Euro aus Russland. Das Institut hält trotz aller Turbulenzen an dem Land fest – und hält es auch weiterhin für attraktiv.

Die RBI ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 bewertet – und damit nicht gerade billig. Für nächstes Jahr liege der Wert bei 7,5, so Mostböck. „Wenn sich die Lage halbwegs entspannt, wird man nächstes Jahr bessere Erträge sehen.“ Aber: „Weitere Revisionen nach oben wie nach unten sind nicht ausgeschlossen.“ Grundsätzlich sei man der Bank gegenüber aber durchaus positiv eingestellt.

Alfred Reisenberger von der Valartis Bank glaubt jedenfalls nicht, dass es sich derzeit lohnt, RBI-Aktien zu kaufen. Das Thema Russland sei noch lange nicht gegessen. Dort, wo die Politik ihre Finger im Spiel habe, werde alles unberechenbar. Wer unbedingt im Bankensektor investieren wolle, solle sich lieber woanders umsehen. Schließlich gebe es auch Institute mit geringeren Risken.

Neben Raiffeisen hat es auch die Immofinanz ziemlich erwischt. Das Papier ist seit Jahresbeginn um rund elf Prozent gefallen. Zwar seien die Fundamentaldaten des Unternehmens durchaus ansprechend, aber auch hier bleibe die Unsicherheit groß, sagt Reisenberger. Wiewohl gleichzeitig nicht ausgeschlossen sei, dass die Aktie anziehen könne.

ATX könnte heuer noch steigen

Ob die beiden Titel zu Recht abgestraft worden sind, sei aber schwierig zu sagen, so Reisenberger. Denn die Börse neige zu Übertreibungen. Hinzu kommt die Neigung, in besorgniserregenden Phasen „alles zu verkaufen, egal zu welchem Preis“. In welchem Ausmaß der Kursrückgang der Aktien allein auf Russland zurückzuführen sei, ist daher schwer zu sagen.

Eines sei aber klar: Nach der Abspaltung der Buwog konzentriere sich die Immofinanz vor allem auf Gewerbeimmobilien in Osteuropa. „Klar macht die Immofinanz auch in anderen Ländern gute Geschäfte, aber mögliche Ausfälle in Russland kann sie wohl nicht kompensieren“, sagt Reisenberger. „Man muss sich nicht der Angst aussetzen, wenn man auch woanders investieren kann.“ Als Alternative zur Immofinanz kommt etwa die Buwog oder die CA Immo in Frage.

Deutsche Schnäppchen

Auch in Deutschland wurden Unternehmen wegen ihrer engen Handelsbeziehungen zu Russland abgestraft. Mittlerweile sind einige von ihnen so billig, dass Investoren einen Einstieg nicht mehr ablehnen können.

Raiffeisen Capital Management beispielsweise baute seine Bestände an deutschen Aktien (K+S, Deutsche Bank, E.On) aus, wie die Agentur Bloomberg berichtete. J.P.Morgan Chase zufolge sind die Bewertungen deutscher Wertpapiere attraktiv, nachdem die Ukraine-Krise den Dax auf das 13,2-Fache der erwarteten Gewinne gedrückt hat.

Auch in Wien gibt es etwa mit OMV, Andritz, VIG oder RHI laut Mostböck einige attraktive Titel. Für den heimischen Leitindex ATX selbst ist der Experte zuversichtlich: Im zweiten Halbjahr könnten der Zählerstand auf 2500 bis 2600 klettern. „Aber an 2700 Punkte glaube ich heuer nicht mehr.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

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