Schafft Japan nach 20 Jahren den Ausbruch?

(c) REUTERS (YUYA SHINO)
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Die Unternehmen sitzen auf hohen Cash-Beständen, die sie nun investieren würden, sagt ein Experte.

Tokio/Wien. Das Interesse westlicher Anleger an japanischen Aktien hält sich in Grenzen. Wenn sie überhaupt solche Aktien kaufen, dann greifen sie zu welchen mit Namen, die sie buchstabieren können, stellt Sam Perry, Senior Investment Manager für Developed Equities bei der Fondsgesellschaft Pictet, fest. Also Toyota, Sony und Mitsubishi.

Analysten geht es nicht unähnlich: Während es im sehr breit gefassten US-amerikanischen Aktienindex S&P 1500 (1500 Firmen) keinen einzigen Wert gibt, der von keinem Analysten bewertet wird, sind es im japanischen Topix (1746Firmen) 325. Auf dem anderen Ende der Skala gibt es 222 amerikanische Aktien, die von mehr als 25 Analysten bewertet werden, und nur sieben japanische.

Eine Ursache dürfte die schlechte Entwicklung der japanischen Aktien in den letzten beiden Dekaden sein. Auch in den vergangenen Wochen hat der japanische Leitindex Nikkei scharf korrigiert. Verglichen mit dem Stand vor zwei Jahren liegt er 75 Prozent im Plus. Den Stand von vor der Finanzkrise hat er jedoch noch nicht ganz erreicht, vom Allzeithoch Ende der achtziger Jahre ganz zu schweigen.

Viele Investoren würden nun darauf warten, dass der Index dem Zickzackkurs der vergangenen beiden Jahrzehnte treu bleibt und demnächst wieder abrutscht, meint Perry. Dabei würden sie übersehen, dass sich die japanische Wirtschaft verändert habe. Während der deflationären Phase hätten die Unternehmen hohe Cash-Bestände angehäuft. Doch lockert die japanische Notenbank derzeit massiv ihre Geldpolitik, um Inflation zu erzeugen. Damit lohne es sich für die Unternehmen nicht mehr so stark, Geld zu horten. Dieses würden sie nun investieren.

„Der Gedanke, dass Japan nichts erschafft, sondern nur erfindet, ist lächerlich“, meint Perry. Unter den 100 Unternehmen, die am meisten für Forschung und Entwicklung ausgeben, finden sich 23 japanische Firmen. Nur aus den USA kommen noch mehr forschungsintensive Unternehmen.

Teuer seien japanische Aktien– verglichen mit der eigenen Geschichte– auch nicht: Das Preis-Buchwert-Verhältnis liege bei etwa 1,2, während dieser Wert bei US-amerikanischen Firmen über zwei beträgt. Die Dividendenrendite von 1,6 Prozent ist verglichen mit amerikanischen oder europäischen Aktien nicht hoch, doch auch dieser Wert liegt über dem historischen Schnitt. (b.l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2014)

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