Geldregen für Aktionäre

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Unternehmen sitzen auf hohen Barmitteln und schütten ihr Geld lieber an ihre Anteilseigner aus, anstatt es zu investieren. Den Anlegern kann das vorerst zumindest recht sein.

Wien. Es ist beinahe unglaublich, aber wahr. Anlegern kann auch in vermeintlich schlechten Zeiten etwas Gutes passieren. Da Unternehmen auf unendlich viel Bargeld sitzen und nicht so richtig wissen, was sie damit anfangen sollen, schütten sie es munter an ihre Anteilseigner aus.

In Zahlen gegossen bedeutet das: Aktionäre weltweit dürfen für das Jahr 2014 mit Dividendenzahlungen von 1,19 Billionen Dollar rechnen. Ein Zuwachs von knapp 13 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das geht aus einer Studie von Henderson Global Investors hervor.

Vor allem im dritten Quartal zogen die Ausschüttungen an und erreichten mit 288,1 Mrd. Dollar einen neuen Rekordwert. Zwar spielen derlei Gewinnbeteiligungen in Kontinentaleuropa zwischen Juli und September keine bedeutende Rolle, weil weniger als neun Prozent aller Ausschüttungen in diesen drei Monaten fallen. Für die Konzerne der Schwellenländer ist das dritte Quartal hingegen von allergrößter Bedeutung. Hier werden die meisten Dividenden bezahlt.

Motor des Dividendenwachstums waren wieder einmal die USA. Die Auszahlungen beliefen sich auf 87,4 Mrd. Dollar, ein Plus von knapp elf Prozent. Nicht eine, sondern gleich 29 von 33 Branchen konnten die Ausschüttungen steigern. Allen voran der Finanzsektor, der im heurigen Jahr bereits das Doppelte des Gesamtjahres 2010 bezahlte. Weltweit ergoss die Finanzbranche 70 Mrd. Dollar über ihren Anteilseignern – ein Viertel des globalen Gesamtergebnisses.

Ausschütten statt investieren

Zahlreiche Firmen haben nach der Finanzkrise einen Sanierungsprozess durchlaufen und ihre Bilanzen bereinigt, was zu einer Anhäufung von Cashbeständen führte. Das Geld floss jedoch nicht in Investitionen (auch wegen unsicherer Konjunkturaussichten), sondern in Aktienrückkaufprogramme oder Dividendenausschüttungen. In Ermangelung hoher Zinsen blieb den Unternehmen oft auch gar nichts anderes übrig.

Daten der Agentur Bloomberg zufolge werden US-Firmen heuer 914 Mrd. Dollar oder 95 Prozent ihrer Gewinne für derlei Maßnahmen ausgegeben haben.

Zur Erinnerung: Jahrelang hatten Apple-Aktionäre bitten und betteln müssen, um endlich am Erfolg „ihres“ Unternehmens beteiligt zu werden. 2012 klappte das nach 17 Jahren erstmals. Apple rang sich das Versprechen ab, in den folgenden drei Jahren rund 45 Mrd. Dollar auszuschütten. Auch der IT-Konzern International Business Machines, besser bekannt unter dem Namen IBM, investierte 170Mrd. Dollar an Barmitteln in den vergangenen 14 Jahren in seine eigene Performance. So flossen seit der Jahrtausendwende 108 Mrd. Dollar in Rückkaufprogramme, mehr als 30 Mrd. Dollar kam den Anlegern in Form von Dividendenzahlungen zugute.

Weniger volatil

Dividenden sind ein probates Mittel, um Anleger bei der Stange zu halten. Sie versprechen ein adäquates Zusatzeinkommen, das manche gerade in Zeiten wie diesen zu schätzen wissen. Früher konnten Anleger beispielsweise noch von hohen Renditen profitieren, wenn sie in Staatsanleihen investierten. Damit ist aber schon seit Längerem Schluss. Die Dividendenrendite so mancher Indizes ist höher als die Rendite der Staatsanleihen des Landes. Die Dividendenrendite ergibt sich aus der Dividende dividiert durch den Aktienkurs mal 100. Im heimischen Leitindex ATX liegt sie beispielsweise bei 3,6Prozent, während die Verzinsung von zehnjährigen österreichischen Staatsanleihen gerade einmal bei einem Prozent liegt: Ein historisches Auseinanderklaffen.

Aus zahlreichen Untersuchungen lässt sich ableiten, dass Unternehmen, die regelmäßig Dividenden ausschütten, als Hort der Stabilität gelten. Demnach schwankten die Kurse von US-Konzernen, die Dividenden ausschütten, seit 1972 weniger stark. Für europäische Firmen zeigt sich einer Allianz-Studie zufolge ab 1990 das gleiche Bild. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die Signalwirkung, die eine Dividendenkürzung zur Folge haben kann. Denn der Markt straft so etwas in der Regel ab. Oder freut sich, wenn das Gegenteil der Fall ist. Dividendenaktien werden in der Regel als Langfristinvestment betrachtet. Bei negativen Ereignissen wird an den Papieren festgehalten. Schließlich sind die Investoren am konstanten Ausschütten interessiert – und honorieren es auch, wenn Unternehmen aktionärsfreundlich agieren. Wie man seine Anleger von sich überzeugen kann, zeigte der deutsche Allianz-Konzern jüngst recht eindrucksvoll. Der Versicherer kündigte an, künftig die Hälfte statt 40 Prozent seines Nettogewinns an die Anleger auszubezahlen. Die Investoren reagierten mit einem deutlichen Kursplus. Abgesehen davon federn Dividenden auch Kursverluste ab und machen einen nicht unwesentlichen Anteil an Kursgewinnen aus.

Auch für 2015 sieht es global betrachtet gar nicht so schlecht aus: Bei Henderson Global Investment geht man von globalen Ausschüttungen in der Höhe von 1,24 Billionen Dollar aus.

In Wien zählen laut Günther Artner von der Erste Bank Immofinanz, OMV (abhängig vom Ölpreis und anderen Faktoren), Post und Buwog zu den Papieren mit der höchsten Dividendenrendite. „Gute Ausschüttungen und eine zusätzliche Kursperspektive sind ein gutes Argument für Dividendenaktien.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)

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