Aktien: Viele Lichtblicke im Tal der Tränen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Performance der Wiener Börse leidet heuer unter der Ukraine-Krise. Allerdings gibt es auch in Wien hervorragend performende Aktien – und die Dividendenrenditen sind vergleichsweise hoch: die Empfehlungen der Analysten.

Wien. Es bedarf starker Nerven, um an den Aktienmärkten investiert zu sein. Das gilt naturgemäß auch für Engagements in Wien.

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, Konjunkturerwartungen, die so nicht eintrafen und wachsende Deflationsängste trieben den Aktionären heuer Sorgenfalten auf die Stirn. Doch Wien, so scheint es, trifft all das noch härter als den Rest der Welt. Der heimische Leitindex, ATX, liegt seit Jahresbeginn um rund zehn Prozent im Minus.

Blickt man nach Deutschland, bleibt vordergründig nur noch, vor Neid zu erblassen. Der Frankfurter Leitindex, DAX, kletterte heuer um rund 4,4 Prozent und erreichte damit in etwa den europäischen Performance-Schnitt der Börsen.

Schwergewichte belasten

Die Gründe für das heuer vergleichsweise schwache Abschneiden der heimischen Börse sind zahlreich – und sie sind beinahe immer dieselben. Ein großes Problem liegt in der Zusammensetzung des Index. Finanzwerte machen (inklusive Versicherungen) mit rund 35Prozent den größten Anteil des ATX aus. Geht es den Banken schlecht, gerät auch der Leitindex unter Druck. Die beiden Schwergewichte Erste Bank und Raiffeisen Bank International (RBI) hat es heuer besonders schlimm erwischt. Die Titel der Erste Bank rasselten um rund 14Prozent bergab, die Kursverluste der RBI summierten sich bisweilen auf rund 35Prozent.

Die Erste Bank musste heuer Wertberichtigungen auf Kredite in Ungarn und Rumänien vornehmen. Für das Gesamtjahr bedeutet das sowohl einen Riesenverlust als auch das schlechteste Jahr in der Geschichte der Bank. Kaum besser ist die Lage bei der Raiffeisen Bank International. Infolge der Ukraine-Krise geht das Geldhaus von einem negativen Gesamtjahresergebnis aus. Im Raum steht ein Minus von bis zu 500 Millionen Euro. Eine ebenfalls unrühmliche Premiere. „Von den 20 Firmen im ATX mussten zwölf ihre Gewinne teils erheblich revidieren“, sagt Friedrich Mostböck, Chefanalyst der Erste Group. Kein Wunder, dass Anlegern das nicht schmeckt. Das Gewinnwachstum liege heuer bei negativen 15Prozent, so Mostböck. Für 2015 geht man jedoch wieder von plus 48Prozent aus.

Dividendenrendite attraktiv

Hinzu kommt, dass der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland dem ATX geschadet habe. „Wenn Investoren auf die Landkarte schauen, dann sehen sie Wien neben Russland“, sagt Mostböck. Dies führe dazu, dass alles ungerechtfertigt in einen Topf geworfen werde. Dabei sind von dem Konflikt nur Raiffeisen und Immofinanz betroffen.

Für den Index spricht die vergleichsweise hohe Dividendenrendite. Diese liegt bei 3,4Prozent und damit deutlich über dem, was zehnjährige österreichische Staatsanleihen (rund ein Prozent) abwerfen. Hohe Renditen gibt es etwa bei Immofinanz, OMV oder Post. Für Reisenberger zählt die Österreichische Post zu den „perfekten Dividendentiteln“, die bis „jetzt noch niemanden enttäuscht hat“, wie er sagt.

Zwar sei das Briefgeschäft rückläufig, da man über die sinkenden Volumina aber informiert sei, könne man sich gut darauf einstellen. 2015 dürften dem Unternehmen außerdem Sonderfaktoren in die Hände spielen, die da lauten: Landtagswahlen.

Von Reisenberger ebenfalls bevorzugt werden die Aktien des Anlagenbauers Andritz. Mit hohen Einmalaufwendungen in Südamerika habe der Konzern zwar ein schlechtes Jahr 2013 gehabt, doch die Auftragseingänge steigen wieder. „Andritz knüpft dort an, wo es 2012 aufgehört hat“, sagt Reisenberger. Im kommenden Jahr geht der Experte von einem höheren Ergebnis aus. Abgesehen davon gebe es im Unternehmen einen Investitionsstau, der sich wieder entladen werde.

Auch für Mostböck steht die steirische Firma auf der Empfehlungsliste. Das Unternehmen ist ein globaler Nischenplayer, die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15,16 zur Zeit günstig. Weiters liegt die Eigenkapitalrentabilität bei 25Prozent. „Eine Firma, die das bringt, muss man in der gegenwärtigen Situation einmal finden“, sagt Mostböck. Die meisten Unternehmen kämen hier auf Werte zwischen zehn bis 15Prozent.

Titel mit „Geschichte“

Der Uniqa kann Mostböck ebenso etwas abgewinnen. „Die Versicherung gefällt uns gut“, sagt der Analyst. Das Portfolio konnte verbessert werden, der Streubesitz sei gestiegen. Stefan Maxian, Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank, drückt hier ebenfalls auf Kaufen. Die Assekuranz habe ihre Gewinnerwartung für nächstes Jahr zwar erst kürzlich reduziert. Trotzdem werde man eine schöne Ergebnissteigerung sehen.

Das Kostensenkungsprogramm läuft, und auch wenn noch nicht alles umgesetzt wurde, sei dem Konzern klar, dass weitere Rationalisierungsschritte passieren müssten. Was aus der Sicht des Experten noch für die Titel spricht: Der Abschlag zur Peer-Group im Ausmaß von 20Prozent „ist nicht gerechtfertigt“, sagt Maxian.

Zu den Top-Picks in Wien zählt der Experte auch Zumtobel. „Für uns sind Unternehmen interessant, die nicht nur von der Konjunktur abhängen, sondern auch Strategieänderungen oder Umstrukturierungen in Angriff nehmen.“

Mit den Papieren des Leuchtenherstellers konnte man heuer ein sattes Plus von 37Prozent erzielen – so viel wie mit keinem anderen Wert. „Aufgrund des Restrukturierungspotenzials sind die Papiere für uns nach wie vor interessant.“

Neben Zumtobel stehen auch andere zyklische Papiere im Fokus der Analysten. Für Reisenberger haben etwa Papiere des ÖlfeldausrüstersSchoeller-Bleckmann (SBO) ihren Reiz. Der Ölpreisverfall hat den Aktien ziemlich zugesetzt. Heuer haben sie gut ein Viertel ihres Werts verloren. Der Einstiegszeitpunkt könnte also günstig sein, sofern die Rohstoffpreise wieder anziehen. Andernfalls könne das für SBO „schmerzhaft werden“, sagt Reisenberger.

Der Feuerfestkonzern RHI steht wiederum bei Mostböck hoch im Kurs. Der Konzern sei global aufgestellt, in einer Nische aktiv und habe ein gutes gemanagtes Portfolio. RHI und Andritz würden zudem von einem starken US-Dollar profitieren. Auf der Empfehlungsliste der Erste Bank stehen auch noch die Immobilienwerte Buwog, Immofinanz und S-Immo. Stabile Mieteinnahmen in Verbindung mit sinkenden Kosten würden derlei Titel begünstigen. Das anhaltend niedrige Zinsniveau sichere zudem günstige Finanzierungsbedingungen ab.

Gegenüber der Immofinanz ist Maxian ebenfalls positiv eingestellt. Durch die Russland-Krise habe das Papier gelitten, sobald sich die Lage wieder beruhige, ist durchaus Bewegung möglich. Das Unternehmen will im laufenden Geschäftsjahr seine Dividendenpolitik wieder aufnehmen und strebt eine Ausschüttung von 15 bis 20 Cent je Aktie an, wie Firmenchef Eduard Zehetner im Sommer mitteilte.

Nach dem generell mäßigen Jahr in Wien ist Maxian für 2015 vorsichtig optimistisch. Er kann sich im ATX durchaus einen Zählerstand von 2500 Punkten (derzeit 2280 Punkte) vorstellen. Die Erste Bank erwartet 2550 Zähler.

Fokus Wiener Börse

Dieser Artikel erschien in der Beilage "Fokus Wiener Börse", die mit Unterstützung der Wiener Börse AG möglich gemacht wurde. Die Beiträge wurden von der "Presse"-Redaktion in vollkommener redaktioneller Unabhängigkeit gestaltet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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