Marktausblick: An den Börsen wird es turbulenter

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Im kommenden Jahr müssen sich Anleger auf stärkere Schwankungen an den Börsen einstellen. Die Dollar-Rallye ist noch nicht vorbei. Gold und Rohstoffe eignen sich allenfalls zur Absicherung.

Wien. Aktionäre brauchten in der vergangenen Woche gute Nerven. Der Verfall des Ölpreises und Konjunkturängste in der Eurozone haben die Volatilität an die Börsen zurückgebracht – mit einer Stärke, wie es sie zumindest in Deutschland oder den USA schon länger nicht mehr gegeben hat: Seit dem Zwischentief 2011 sind die Kurse dort fast kontinuierlich gestiegen.

Doch im Oktober rumpelte es kräftig, die Volatilitätsindizes VIX (New York) und VDAX (Frankfurt) erklommen Zweijahreshochs. Nach einer Entspannung im November nahmen die Schwankungen vergangene Woche erneut zu. Solche Ausschläge werden nächstes Jahr häufiger werden, meinen die Experten des Black-Rock-Investment-Instituts (BII).

Vorsicht sei geboten, denn die meisten Märkte seien ambitioniert bewertet. „Solche Bewertungen und der voodooartige Glaube daran, dass es so weiter gehen könnte, erhöhen die Kosten möglicher Fehlentscheidungen“, schreibt das BII. Es sei wahrscheinlich, dass die Volatilität von ihrem aktuellen Niveau ausgehend nach oben ausbricht. Die Kurse von Aktien und Anleihen könnten gleichzeitig nachgeben und damit die Risikostreuung nach üblichem Muster erschweren.

Dollar zieht weiter an . . .

Auch müsse man künftig mehr zwischen einzelnen Regionen und Branchen differenzieren, sagt Jean Boivin, Deputy Chief Investment Strategist bei Blackrock. Während sich die US-Wirtschaft gut entwickle, hinke Europa hinterher. Dass der Dollar – auch angesichts der strafferen Geldpolitik der US-Notenbank Fed im Vergleich zur EZB – weiter erstarkt, sei daher ein wahrscheinliches Szenario.

Doch was bedeutet das für Anleger? In beiden Regionen seien Aktien nicht mehr günstig, meint Boivin. Europäische Aktien seien aber relativ attraktiver als US-amerikanische, wenn sich der Wirtschaftsausblick nicht verschlechtere.
Wem diese Einschränkung zu riskant ist, und wer daher der aufstrebenden US-Wirtschaft den Vorzug geben will, dem rät Boivin zu zyklischen (also konjunktursensiblen) Sektoren. Solche profitieren vom Wirtschaftsaufschwung im Normalfall stärker. Den defensiven Aktien dürfte hingegen die straffere Geldpolitik der Fed (Zinserhöhung) mehr zu schaffen machen.

Die meisten Experten rechnen damit, dass Staatsanleihen nicht noch einmal eine derartige Rallye hinlegen werden wie heuer. Das dachten sie jedoch auch schon zu Beginn des Jahres, dann fielen die rekordtiefen Renditen noch weiter nach unten (das bedeutet, dass die Kurse stiegen). Nächstes Jahr sollten Aktien jedoch Staatsanleihen schlagen, meint Luca Paolini, Chefstratege von Pictet. Herausragend gut dürften sie sich aber auch nicht entwickeln, das Plus dürfte sich im einstelligen Bereich halten. Denn billig seien Aktien nur noch im Vergleich mit anderen Investments. Paolini gibt japanischen und europäischen Aktien den Vorzug. Letztere seien jedoch mit einem stärkeren Konjunkturrisiko behaftet.

Innerhalb der Branchen bevorzugt er Technologieaktien, innerhalb der Schwellenländer indische (wegen der guten Wachstumsaussichten) und chinesische Aktien (wegen der günstigen Bewertung). Extrem günstig sind derzeit russische Aktien. Es sei aber noch zu früh, sie zu kaufen, meint Paolini.

. . . falls nicht, hilft Gold

Ähnlicher Ansicht ist Boivin: Wer billig und antizyklisch kaufen wolle, sollte besser auf Rohstoffe und Rohstoffaktien setzen. Bei diesen sei eine mittelfristige Erholung wahrscheinlicher als bei russischen Aktien. Auch würden Rohstoffe und Gold eine Absicherung darstellen, falls sich der Aufschwung des Dollar nicht in dem Ausmaß fortsetzen sollte wie erwartet.

Auf einen Blick

2014 fiel das Wirtschaftswachstum deutlich schwächer aus als erwartet, was dazu führte, dass Staatsanleihen noch einmal teurer wurden. Doch auch Aktien hielten sich dank der lockeren Geldpolitik der Notenbanken gut. Rohstoffe – Gold und vor allem Öl – verbilligten sich indes.

2015 könnte die Staatsanleihenrallye endgültig vorbei sein (viel tiefer können die Zinsen nicht mehr fallen). Da Aktien relativ betrachtet noch immer billiger sind als Anleihen, könnte sich der Aktienaufschwung fortsetzen – allerdings nur dann, wenn die Konjunktur nicht noch einmal enttäuscht. Vor allem in Europa ist das diesbezügliche Risiko hoch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2014)

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