Den energieintensiven Unternehmen im ATX nützt der Ölpreisverfall. Banken, Ölfirmen und die Immofinanz leiden aber unter der Russland-Krise.
Wien. Aktien kaufen, jahrelang warten und sich dann über die Gewinne freuen– das funktioniert nicht immer. Aktionäre der Raiffeisen Bank International (RBI) etwa können ein Lied davon singen. Vor zehn Jahren um 32,5 Euro an die Börse gebracht, schoss das Papier zunächst auf fast 120 Euro hoch, um im Zuge der Finanzkrise abzustürzen. Wer das Papier vor einem Jahr um 25 Euro gekauft hat– im Glauben, nun sei es wirklich billig– hat seither schon wieder die Hälfte seines Kapitals verloren. Zuletzt wurde die Aktie um knapp zwölf Euro gehandelt.
„Buy-and-Hold-Strategien haben ausgedient“, stellt Eduard Berger, Vorstand der Wiener Privatbank, fest. Lieber sollte man schauen, welche Unternehmen von der gegenwärtigen Situation (niedriger Ölpreis) profitieren könnten. Unter den heimischen Werten sollten das die energieintensiven Firmen wie der Aluminiumkonzern Amag, die Voestalpine, der Feuerfestkonzern RHI, der Ziegelhersteller Wienerberger und der Anlagenbauer Andritz sein. Auch der im Vorjahr an die Börse gebrachte und seither abgerutschte Flugzeugzulieferer FACC sollte profitieren. Denn dank des Ölpreisverfalls verbessert sich die Lage seiner Kunden: der Fluglinien. Der Faltschachtelhersteller Mayr-Melnhof wiederum sollte indirekt von der niedrigen Inflationsrate profitieren: Den Konsumenten bleibt mehr Geld zum Ausgeben, das sie in Produkte– und deren Verpackungen– investieren.
Dividende ist nicht alles
Generell haben europäische Aktien im Vorjahr die in sie gesetzten hohen Erwartungen enttäuscht. Sie verzeichneten im Schnitt kaum Zugewinne, obwohl ihre Kurse in Euro berechnet werden und der Euro zum Dollar deutlich nachgegeben hat. Noch stärker enttäuschte der heimische ATX – er rutschte zweistellig ab. Nach unten gezogen wurde er von Banken, Ölfirmen und der Russland-lastigen Immofinanz.
Mit OMV und Immofinanz erwischte es ausgerechnet zwei der dividendenstärksten Firmen im ATX. Die Immofinanz (die derzeit theoretisch eine Dividendenrendite von sieben Prozent bietet) hat bereits angedeutet, dass die Dividende für das laufende Geschäftsjahr infrage gestellt sei.
„Die Dividendenaktie ist jetzt die Buwog“, stellt Berger fest. Die Immobiliengesellschaft bietet eine Ausschüttungsquote von vier Prozent und hat seit ihrer Abspaltung von der Immofinanz im vergangenen April auch beim kursmäßig um fast ein Fünftel zugelegt.
Während der Immofinanz die Russland-Krise zu schaffen macht– Geschäftsmieter in Russland üben Druck auf das Unternehmen aus, ihnen bei der Miete entgegenzukommen–, setzt der OMV (die eine Dividendenrendite von sechs Prozent verspricht) der niedrige Ölpreis zu. Die enttäuschten Anleger hätten ihre Aktien aber bereits abgestoßen, meint Berger. Das sei eine gute Voraussetzung für Kursanstiege in der Zukunft. Solang der Ölpreis aber nicht anzieht und die Lage in Russland sich nicht verbessert, werde sich aber wenig ändern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2015)