Rekordrallye ruft Skeptiker auf den Plan

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Die Aktienindizes Nikkei, DAX und S&P haben kürzlich neue Höchststände erreicht, sogar der heimische ATX erholt sich merklich. Höhere US-Zinsen oder politische Krisen könnten diese Rallye abrupt beenden.

Wien. Die Börsenindizes scheinen derzeit einen Rekord nach dem anderen zu erklimmen. Der japanische Nikkei hat vergangene Woche ein 15-Jahres-Hoch erreicht. Der breit gefasste US-amerikanische S&P 500 sowie der Dow Jones stiegen ebenso auf neue Allzeithochs. Und der deutsche DAX markierte kürzlich erstmals in seiner 27-jährigen Geschichte einen Stand von über 11.000 Punkten.

„Es handelt sich hier um die meistgehasste Rallye, weil keiner dabei ist und ihr niemand traut“, sagt Monika Rosen, Chefanalystin des Bank Austria Private Banking.

Bildet sich da eine neue Blase, oder ist das der Ausbruch aus einer langjährigen Seitwärtsbewegung? Bei näherer Betrachtung sind die Höchststände nicht immer so schön, wie sie auf den ersten Blick aussehen. Der Nikkei etwa war Anfang der Neunzigerjahre doppelt so hoch wie jetzt, bevor die japanische Wirtschaft in eine jahrzehntelange Schwächephase schlitterte. Die gegenwärtige Börsenhausse ist zu einem Großteil der lockeren Geldpolitik der japanischen Notenbank zu verdanken.

ATX wieder im Plus

Der DAX ist– im Gegensatz zu den meisten anderen Indizes– ein Performance-Index. Er misst nicht nur die Kursentwicklung der enthaltenen Aktien, sondern auch die Dividenden, da diese ja auch Teil der Rendite sind. Zieht man nur den DAX-Preisindex heran und macht den Index damit mit anderen Börsenbarometern vergleichbar, liegt er zwar über seinem Zwischenhoch von 2007, aber noch nicht ganz über seinem Höchststand von 2000. Der Wiener ATX müsste sich übrigens mehr als verdoppeln, um seinen Höchststand aus dem Jahr 2007 zu erreichen.

Doch auch am heimischen Börsenbarometer ist die Hausse– ausgelöst durch die angekündigte Geldspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) und die zeitweise Entspannung in der Russland-Krise– nicht spurlos vorübergegangen. Seit Jahresbeginn hat der ATX um 13 Prozent zulegt. Mit Papieren des Feuerfestkonzerns RHI (plus 41Prozent), der Erste Group (plus 24) oder der Conwert (plus 24 Prozent) konnte man besonders fette Gewinne einfahren. Einziger Verlierer seit Jahresbeginn ist die Aktie des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann, doch auch deren Minus beläuft sich auf weniger als ein Prozent. Damit hat sich der ATX stärker als DAX, Euro Stoxx, Nikkei und Dow-Jones verbessert. Ursache ist die Entspannung in der Russland-Krise.

Zinserhöhung als Dämpfer

Doch wie lange kann es an den Börsen noch so weitergehen? „In den vergangenen drei Jahren haben wir keine zehnprozentige Korrektur mehr gesehen“, so Rosen. Zwar seien die Märkte zuletzt stark angestiegen, doch müsse man sich fragen, ob diese Gewinne auch über die „Ziellinie“ gebracht werden können, man das Jahr also deutlich im Plus abschließen werde. „Wahrscheinlich nicht“, sagt Rosen.

Kritiker fürchten, dass der Boom zu Ende gehen könnte, wenn die US-Notenbank Fed zur Jahresmitte die Zinsen erhöht. In einer im „Wall Street Journal“ publizierten Umfrage setzten die Investoren zuletzt eher auf einen Zinsschritt in der zweiten Jahreshälfte 2015 – und nicht in der ersten. 86Prozent glaubten gar, dass die Fed erst im Jänner 2016 aktiv wird.

Ob die Börsen durch höhere Zinsen gebremst werden, hängt für Rosen in erster Linie vom Ausmaß und der Geschwindigkeit der Zinsanpassung ab. Eine dämpfende Wirkung auf die „Partylaune“ schließt die Expertin aber nicht aus.

Unter der Erwartung einer Zinserhöhung würden vor allem defensive Werte aus den USA leiden (also etwa Versorger oder Immobilienunternehmen), meint Russ Koesterich, Chef-Investmentstratege bei Blackrock. Diese haben in den vergangenen Jahren von den niedrigen Zinsen stark profitiert, auch deshalb, weil die Anleger mangels Zinsen zu dividendenstarken Papieren griffen. Nun könnten Zykliker aufholen, weil sie generell auf Konjunkturerholungen stärker ansprechen. Auch Technologieaktien hätten noch Potenzial. Der US-Technologieindex Nasdaq kratzt derzeit ebenfalls an seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2000.

Eines Blickes würdigen sollte man auch den Ölsektor, meint Koesterich. Dieser habe unter dem Ölpreisrückgang stark gelitten und sollte ebenfalls stark von der Konjunkturerholung profitieren.

Dass sich Energieaktien im Dow-Jones drei Jahre in Serie negativ entwickeln, sei normalerweise nur in einer Rezession der Fall, sagt Rosen. Den US-Markt hält sie relativ gesehen für am höchsten bewertet. Für heuer müsse man bei den Konzernen jenseits des Atlantiks jedenfalls von einer negativen Gewinnentwicklung ausgehen. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2015)

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