Korea: Asiens versteckte Perle

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Immer mehr koreanische Konzerne mausern sich zu globalen Marktführern. Mit dem Ende der Mers-Seuche dürfte jetzt auch die Börse in Seoul wieder in Schwung kommen.

Wien. Es war nur eine kleine Meldung, allerdings zu einem gewichtigen Thema. Ende Juli erklärte der südkoreanische Ministerpräsident, Hwang Kyo-ahn, den Ausbruch des Mers-Virus für beendet. Die Atemwegserkrankung war im Mai ausgebrochen und hatte dabei ein ganzes Land in Aufruhr versetzt.

Negativ betroffen waren der Tourismussektor sowie zahlreiche Unternehmen aus der Konsumbranche, die in den vergangenen zwei Jahren verstärkt von chinesischen Besuchern profitiert hatten. „Allein im Juni 2015 schrumpfte die Zahl der Besucher um 23 Prozent. Noch im Vormonat hatte sie kräftig zugelegt“, unterstreicht Simon Jeong, Fondsmanager des Invesco Korean Equity Fund. Dennoch sieht er das Schlimmste ausgestanden: „Inzwischen wurde kein neuer Mers-Fall berichtet. Deshalb wird erwartet, dass sich der Tourismussektor, aber auch die Wirtschaft Koreas insgesamt erholen sollten.“

Diese Entwicklung dürfte freilich auch an der Börse nicht spurlos vorbeigehen. Tatsächlich ist diese zuletzt ins Hintertreffen geraten. Aus dem asiatisch-pazifischen Raum hatten vor allem die Entwicklungen an Chinas und Japans Märkten die Schlagzeilen dominiert. Anita Frühwald, Country-Head für Österreich und CEE bei BNP Paribas IP, resümiert: „Im Februar 2011 erreichte der Aktienindex Kospi ein Hoch von 2230 Punkten, seither bewegte sich der Markt praktisch seitwärts und zog erst zuletzt wieder ein wenig an.“

Viele Weltmarktführer

Am vergangenen Freitag stand der Index bei 2019 Punkten. Der Kospi (Korea Composite Stock Price Index) wurde 1983 das erste Mal berechnet und ist der wichtigste Aktienindex des Landes. Enthalten sind alle an der Korea Exchange gelisteten Unternehmen, derzeit exakt 763 an der Zahl.

Dabei sind an der Börse in Seoul gleich einige Weltmarktführer gelistet, zeigt Chris Leung, Fondsmanager des Allianz Korea Equity Fonds, auf. Samsung Electronics und Hynix etwa sind unter den weltweiten Top-Chipproduzenten anzufinden, während Samsung auch zu den führenden Smartphone-Herstellern zählt.

Hyundai Motor Group gehört wiederum zu den weltweit fünf größten Automobilgruppen, so Leung, während koreanische Schiffbauer (Samsung Heavy, Hyundai Heavy, Daewoo Shipbuilding) zusammen den weltgrößten Marktanteil haben. Dennoch, gerade bei den Exportklassikern, den Auto- und Schiffbauindustrien, ist Leung aufgrund der schwachen Weltwirtschaft derzeit ein wenig vorsichtig. Aufholpotenzial ortet der Allianz-Experte hingegen im Immobiliensektor: „Die Branche durchtauchte einen kräftigen Abschwung und erholt sich allmählich.“

Vom Wiedererstarken des Immobiliensektors profitieren etwa der Innenausstatter Hanssem sowie die Baugesellschaft Hyundai Development Co. – Engineering & Construction. Invesco-Fondsmanager Jeong ortet wiederum die besten Chancen in der Konsum- sowie der Gesundheitsbranche und gibt sich grundsätzlich vorsichtig optimistisch für die weitere Entwicklung des Marktes. „Generell wird in Korea mit einer steigenden Tendenz beim Gewinn je Aktie gerechnet.“ Allerdings sei das Wirtschaftswachstum– es betrug 2,2 Prozent im zweiten Quartal auf das Jahr hochgerechnet– noch ein wenig gedämpft. Die Exporte sind im Juni zudem um 1,8 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr gefallen.

Umso solider sind die Zahlen aus dem öffentlichen Sektor. BNP-Expertin Frühwald verweist auf die soliden Kennzahlen: „Die Staatsverschuldung ist gering.“ Sie beträgt knapp 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Und die Leistungsbilanz weist einen Überschuss auf, er liegt bei rund acht Milliarden Dollar.

Dividenden attraktiver

Unterstützung für Koreas Börse könnte auch von politischer Seite kommen. Denn zu Jahresbeginn wurde ein neues Gesetz verabschiedet – um auch die heimische Bevölkerung vermehrt auf den Geschmack eines Aktieninvestments zu bringen.

Künftig werden einbehaltene Unternehmensgewinne mit einer zusätzlichen Steuer von zehn Prozent belastet, während Abgaben auf Dividenden gesenkt wurden. Sollte also kein allzu großes Störfeuer die globalen Aktienmärkte insgesamt belasten, könnte dies ein interessanter Einstiegszeitpunkt in Koreas Aktienmarkt sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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