Aktien: Es kommt nicht nur auf die Branche an

(c) www.BilderBox.com
  • Drucken

Mode- und Biotechaktien warfen in den vergangenen fünf Jahren die höchsten Erträge ab, Minen- und Metallunternehmen bescherten den Anlegern Verluste. Doch wichen einzelne Firmen deutlich vom Branchenschnitt ab.

Wien. Patentrezepte für die Geldanlage hätten ausgedient, jetzt sei Stock Picking angesagt: Das sagen Fondsverkäufer gern, um ihre Produkte anzupreisen. Stock Picking bedeutet das gezielte Aussuchen einzelner Aktien. In Zeiten wie diesen, so argumentieren die Branchenvertreter, reiche es nicht, bei der Aktienauswahl einfach nur auf bestimmte Branchen zu setzen, also etwa Pharmawerte zu kaufen. Vielmehr müsse man sich intensiv mit jedem einzelnen Unternehmen befassen– eine Aufgabe, die man als Kleinanleger lieber den Profis überlassen sollte, sprich in einen Fonds investieren.

Doch stimmt das? Die Boston Consulting Group hat in ihrem diesjährigen „Value Creators Report“ die Gesamtperformance (Kursgewinne und Dividenden) von weltweit 1982 Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren unter die Lupe genommen. Und dabei zweierlei zutage gefördert.

Gute Minenfirmen waren rar

Erstens: Die Unterschiede zwischen den Branchen sind beträchtlich. Während Mode- und Luxusgüteraktien jährlich im Schnitt 25Prozent (in jeweiliger Lokalwährung) abwarfen, verlor man mit Minenunternehmen Jahr für Jahr acht Prozent. Selbst wenn man – durch gekonntes Stock Picking – die zehn besten Minenaktien erwischt hätte, hätte man jährlich „nur“ zehn Prozent pro Jahr erzielt. Das ist nicht einmal halb so viel, wie Pharmaaktien, zyklische Konsumfirmen (etwa Autohersteller), Handelsunternehmen oder Autozulieferer im Schnitt gebracht haben – also ohne gezielte Auswahl.

„Das hat auch einen Einfluss darauf, welche Unternehmen unter den Top-Performern auftauchen“, heißt es in der Studie. So war der Biotech-Sektor mit einer jährlichen Gesamtperformance von 24 Prozent eine der ertragsreichsten Branchen überhaupt (Platz zwei nach den Mode- und Luxusfirmen) in den Jahren 2010 bis 2014. Zugleich finden sich vier Biotechfirmen unter den weltweiten Bestperformern: die US-Unternehmen Pharmacyclics, Jazz Pharmaceuticals und Regeneron Pharmaceuticals sowie die israelische Firma Taro Pharmaceutical Industries. Doch abgesehen von Regeneron schafft es keine der Firmen über eine Marktkapitalisierung von zehn Mrd. Dollar. Sichere Blue Chips sind das also nicht.

Zweite Erkenntnis der Studie: Unwichtig ist Stock Picking dennoch nicht. Wer auf die jeweils zehn besten Aktien einer Branche gesetzt hätte, hätte fast immer überdurchschnittlich hohe Erträge erzielt. Die Minenbranche war die einzige, die unter dem Schnitt von jährlich 14,6Prozent Gesamtperformance pro Jahr (Durchschnitt aller Akten) zurückblieb.

Bei Bau- und Ölfirmen rechnete sich Stock Picking besonders: So waren Baufirmen im Schnitt die drittschlechteste Branche, doch die zehn besten Baufirmen warfen pro Jahr viermal so hohe Erträge wie der Branchenschnitt ab. Dabei finden sich die Bestperformer unter den Baufirmen in den Schwellenländern. Die ersten Plätze belegen die indonesische Wijaya Karya, die koreanische IS Dongseo und die mexikanische Pinfra.

Ausreißer bei Ölunternehmen

Auch bei Ölfirmen ist die Differenz zwischen dem Durchschnitt und den zehn besten Firmen groß: Im Schnitt schafften Unternehmen der Branche von 2010 bis 2014 einen durchschnittlichen Ertrag von sieben Prozent pro Jahr. Doch konnte man diesen Ertrag mehr als verfünffachen, wenn man sich auf die zehn besten Konzerne beschränkte. Große Namen finden sich unter diesen kaum, dafür Namen wie Cheniere Energy, Tesoro oder Magellan Midstream Partners (alle aus den USA). Ob sie die gute Entwicklung fortsetzen können, muss sich zeigen: Wegen des Ölpreisverfalls haben viele der besten Ölaktien zuletzt einen Knick erlitten.

Der Erfolg von Cheniere Energy, einem Hersteller von Infrastruktur für den Erdgastransport, hängt mit dem aufkeimenden Schiefergasboom in den USA zusammen. Doch dieser hat im Zuge des Ölpreisverfalls eine Delle erlitten. Die Aktie bewegt sich seit einem Jahr eher seitwärts denn aufwärts. Auf Fünfjahressicht ist sie aber mit einem Gesamtertrag von jährlich 96 Prozent die drittertragreichste Aktie – hinter der US-Biotechfirma Pharmacyclics (108 Prozent pro Jahr) und dem indonesischen Medienunternehmen Surya Citra Media (107,9 Prozent).

Apple nicht mehr unter Besten

Wer aus Sicherheitsgründen lieber auf große Unternehmen setzen will, muss sich mit weniger Ertrag zufriedengeben. Die zehn besten Large Caps (mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 50 Mrd. Dollar) warfen jährliche Erträge zwischen 32 und 45 Prozent ab. Die US-Biotechfirmen Actavis und Biogen schafften ein Plus von 45 Prozent pro Jahr. Auf Platz drei liegt mit einem jährlichen Ertrag von 39Prozent der Internethändler Priceline.com, der jedoch im Zuge der Dotcom-Blase schwer abgestürzt ist und sich nun auf Erholungskurs begeben hat. Sechs der zehn besten Large-Cap-Aktien kommen aus den USA, fünf sind Biotechunternehmen.

Apple– mit einer Marktkapitalisierung von 647 Mrd. Dollar zum Jahresende 2014 der weltgrößte börsenotierte Konzern– schaffte es erstmals seit Jahren nicht unter die zehn besten Large Caps. Ein jährlicher Ertrag von 31 Prozent pro Jahr war dafür knapp zu wenig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.