Börse: Globale Konzerne als stabile Flaggschiffe

Bulle und Baer
Bulle und Baerwww.BilderBox.com
  • Drucken

Portfolio-Anker. Mit Aktien weltweit tätiger Großkonzerne lässt es sich durch stürmische Börsenzeiten meist ruhiger navigieren. Obendrein locken lukrative Dividendenrenditen.

Wien. Der jüngste Crash hat wohl einige Anleger am falschen Fuß erwischt, zumal der Monat August kein typischer Korrekturzeitpunkt ist. Dabei lastete vor allem eine befürchtete Wachstumsverlangsamung in China letztendlich auch auf den Börsen rund um den Globus. Schoellerbank-Analyst Jakob Frauenschuh resümiert: „China hat sein Wachstum durch eine Investitionsblase angefeuert, und die scheint jetzt zu platzen.“ Die Auswirkungen wären weltweit zu spüren, da China inzwischen die zweitgrößte Volkswirtschaft gleich nach den USA ist.

Das zeigt freilich auch, dass eine Streuung an der Börse auf etablierte Flaggschiffe durchaus sinnvoll ist. Gemeint sind stabile Weltkonzerne, mit denen man ein gutes Stück ruhiger durch stürmische Börsenzeiten navigieren kann. Weil diese Unternehmen zudem meist in defensiven Branchen – etwa in den Bereichen Pharma, Nahrung und Konsum – tätig sind, verdienen sie oftmals auch dann gutes Geld, wenn nicht nur die Finanz-, sondern auch die Realwirtschaft sich abkühlt. Obendrein winken stabile Dividenden, in Zeiten historischer Zinsentiefs ist das eine verlockende Alternative.

Wobei groß allein noch keine Garantie für Stabilität ist, mahnt Frauenschuh: „Während der Korrektur wurden vor allem Rohstoff- und Energietitel stark in Mitleidenschaft gezogen. Exxon Mobile und Schlumberger haben mehr verloren als der S&P 500.“ Dennoch seien langfristig beide Unternehmen als „Multis“ sicher besser aufgestellt „als reine US-Energiefirmen“. Auch sollte man darauf achten, dass derzeit Asien, insbesondere China, keinen allzu großen Umsatzanteil bei den Konzernen ausmache, so Fritz Mostböck, Chefanalyst bei der Erste Group: „Bei Titeln wie Unilever wäre ich vorsichtig.“ Vielmehr zählt Mostböck Konzerne wie Novartis, H&M und Home Depot zu seinen aktuellen Favoriten.

Alternativ kann man die Veranlagung auch gleich den Profis überlassen. Nick Mustoe, Fondsmanager des Tabellenbesten, des Invesco Global Equity Income Fund, hat dabei derzeit vor allem Industrie- und Finanztitel besonders hoch gewichtet: „Im historischen Vergleich sind die Bewertungen attraktiv.“ Auch die Wachstumsaussichten und erwarteten Dividendenzahlungen machten zahlreiche dieser Branchentitel interessant.

Regional hat Mustoe die USA deutlich untergewichtet, „wir tun uns derzeit schwer, in der Region attraktiv bewertete Unternehmen zu finden“. Seit 2008 habe sich die US-Wirtschaft in einem weltweiten Vergleich bislang am stärksten entwickelt, „die Gewinne haben sich deshalb bereits stark erholt.“ Aufholpotenzial sehe man vielmehr bei den Unternehmensgewinnen in Europa, wobei die ersten Anzeichen einer Konjunkturerholung ermutigend seien.

Konsumtitel gefragt

Auch Stephen Thornber, Portfoliomanager des Threadneedle Global Equity Income Fund, hat derzeit die USA untergewichtet – ebenfalls aus Bewertungsgründen. Grundsätzlich kann sich Thornber vor allem für Konsumtitel erwärmen und begründet das mit den steigenden Konsumausgaben. Sie würden von einer Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt, den tiefen Zinsen und einem niedrigen Ölpreis angekurbelt werden, so Thornber: „Wir bevorzugen derzeit aber auch Finanzwerte außerhalb des Bankensektors, sie weisen stetige Einnahmen auf.“ Die größten Untergewichtungen habe man zurzeit hingegen in den Bereichen Energie, IT und Gesundheit.

Dass der Fonds während der Marktkorrektur vom August besser als der allgemeine Markt abgeschnitten hat, „zeigt auch, dass solide Qualitätsaktien nicht nur in guten Zeiten lukrative Erträge bringen, sondern in schwierigen Marktphasen einen gewissen Puffer bieten“, sagt Thornber. Eine Garantie gegen Verluste gibt es freilich dennoch nicht, auch hier sollte man einen langfristigen Anlagehorizont haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.