Sieger und Verlierer tauschen Plätze

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Während deutsche Aktien heuer enttäuscht haben, erholt sich etwa der italienische Markt. Doch müsste er sich verdoppeln, um sein Allzeithoch einzustellen.

Frankfurt. Bei europäischen Aktien war die Auswahl bis vor Kurzem einfach: Entweder man entschied sich für stabile Märkte, die von der Schuldenkrise des Euroraums nicht betroffen waren, oder für riskantere Märkte, deren Aktien billiger gehandelt wurden.

Heuer ist alles anders. Aktien aus der Peripherie, etwa aus Italien und Irland, haben sich in diesem Jahr besser entwickelt als solche aus Deutschland und anderen Kernländern. Italienische Aktien steuern heuer erstmals seit elf Jahren auf eine bessere Wertentwicklung als deutsche Aktien zu. In Irland verzeichnet der Aktienmarkt das beste Jahr seit 2013. Dagegen ist das Börsenbarometer in Spanien, das sich in den vergangenen zwei Jahren jeweils in die gleiche Richtung wie der italienische Benchmarkindex bewegte, eingebrochen.

Die Unterschiede werden anhalten, sagt Javier Barrio, Aktienhändler bei Banco BPI in Madrid. Im Moment seien die für jedes Land spezifischen Faktoren das Wichtigste. „Die Analyse mit Bezug auf Euro-Kernland oder Peripherie ist jetzt weniger relevant. Ich denke, dass man das Peripherierisiko nicht mehr so wie während der Krise bewerten kann.“

Während auf dem Höhepunkt der Kreditkrise die Anleger deutsche und französische Aktien den Titeln aus Irland und Portugal vorgezogen haben, sind inzwischen lokale Faktoren entscheidend. Dazu gehören etwa Wahlen in Spanien und Portugal sowie Nachrichten zu einzelnen Unternehmen. Zudem profitieren die Märkte der Peripherie weiterhin von der Ankündigung der Europäischen Zentralbank Mitte 2012, Unterstützung zu leisten.

Aktien sorgfältig auswählen

Heuer ist die Wette, dass die quantitative Lockerung der EZB eine breite Rallye an den Aktienmärkten der Eurozone auslösen wird, schlecht gelaufen. Stattdessen haben die Turbulenzen in Asien deutsche Exporttitel belastet, und die Unsicherheit über die Zinsentscheidung der Fed hat den Euro zum Dollar wieder erstarken lassen. Das Wachstum in den Ländern der Region ist noch nicht gefestigt, sodass Investoren Aktien sorgfältig auswählen müssen.

In Deutschland ist der Dax von seinem Rekord im April angesichts der Konjunkturflaute in China um ein Viertel eingebrochen. Der Skandal um die Abgasmanipulationen bei VW und Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Atomausstiegs auf die Versorger E.On und RWE haben Schwergewichte im Index belastet. Dagegen sind die Kurse von Industrieunternehmen im französischen CAC 40 gestiegen und haben dem Benchmarkindex zu einem Gewinn verholfen. Auch in Italien hat der FTSE MIB deutlich zugelegt. Allerdings liegt er noch immer um mehr als 50 Prozent unter dem Hoch von 2007.

Aber nicht überall in der Peripherie sieht es rosig aus. In Spanien hat der IBEX 35 seit Jahresbeginn zehn Prozent eingebüßt. Hintergrund sind Befürchtungen, dass eine Partei, deren Programm gegen die Sparpolitik gerichtet ist, an Bedeutung gewinnt. Die Aktie der größten spanischen Bank, Santander, steht unter Druck, da Anleger befürchten, dass sie sich schwertun wird, ihre Kapitalquoten denen der Konkurrenten anzugleichen. (Bloomberg/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2015)

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