Aktien: Wenn das Wachstum ausbleibt

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epaselect JAPAN TYPHOON ETAU(c) APA/EPA/FRANCK ROBICHON (FRANCK ROBICHON)
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Das schwächere Wachstum in zahlreichen Märkten verunsichert viele Investoren und sorgt für Volatilität an einigen asiatischen Börsen. Es lockt aber auch neue Investoren an.

Wien. Mit 6,9 Prozent im dritten Quartal (im Vergleich zum Vorjahr) wächst Chinas Wirtschaft noch immer stärker als die meisten großen Volkswirtschaften. Dennoch war der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIPs) seit Jahren nicht mehr so niedrig. Als die Börse in Shanghai im Sommer abstürzte, sahen sich Pessimisten bestätigt, die der Ansicht waren, dass China eine harte Landung bevorstehe.

Oisin Crawley, Experte für asiatische Aktien bei BlockRock, kann der Korrektur durchaus Positives abgewinnen. In China finde man nun wieder halbwegs günstige Kaufgelegenheiten. Momentan werde der Markt so negativ gesehen wie Europa in den Jahren 2011/12, als viele gedacht hatten, der Euro werde zerbrechen. Tatsächlich passierte das nicht, vielmehr haben sich die Börsen seit diesem Zeitpunkt deutlich erhöht. Die Marktbeobachter seien zu sehr auf Wachstumszahlen fixiert und würden nun mit Schrecken wahrnehmen, dass sich das Wachstum verlangsame, stellt Crawley fest. Tatsächlich sei das starke Wachstum in China früher stark von Schulden, Korruption und Umweltzerstörung getragen gewesen. Nun erfolge ein Wandel hin zu einem nachhaltigeren Wachstum. Die jüngsten Verwerfungen an den Börsen hätten auch damit zu tun, dass der chinesische Aktienmarkt reifer werde. Er sei noch immer stark von kurzfristig orientierten Kleinanlegern getrieben. Doch wegen der Alterung der Gesellschaft gewinnen Pensionsfonds und Versicherungen, die Investmentgelegenheiten suchen, immer mehr an Bedeutung. Bei ihnen handle es sich um langfristig orientierte Investoren, die den Markt stabilisieren sollten.

Allerdings seien jetzt andere Branchen attraktiv als in den vergangenen Jahren, als Chinas Infrastruktur massiv ausgebaut wurde. Künftig sollte das Wachstum von Branchen wie E-Commerce, Gesundheit oder Konsum kommen. Ähnlicher Ansicht ist man auch bei der Bank Gutmann. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China gehe vor allem auf einen Sektor zurück, nämlich das produzierende Gewerbe. „Der Konsum bzw. die Dienstleistungen entwickeln sich nach wie vor gut“, heißt es im jüngsten Investment-Mail der Privatbank.

Japan wird aktionärsfreundlicher

Einen Wandel stellt Crawley indes auch in Japan fest, einem Land, in dem das Wachstum trotz lockerer Geldpolitik seit Jahren nicht anspringen will (heuer dürfte es im Gegensatz zum Vorjahr ein kleines Plus geben). In den vergangenen Jahren sei die Aktienhausse sehr stark von der Yen-Schwäche und der lockeren Geldpolitik angeheizt worden. Dieser Effekt werde nun schwächer. Doch habe sich in Japan die Corporate Governance (Grundsätze der Unternehmensführung) verbessert. Die Unternehmen achteten mehr auf die Interessen ihrer Aktionäre, schütteten Dividenden aus und tätigten Aktienrückkäufe. In den vergangenen Jahren hätten ein kultureller Wandel und eine entsprechende Kettenreaktion eingesetzt. Die Unternehmen wollten zunehmend in einschlägigen Indizes vertreten sein und agierten daher aktionärsfreundlicher. Das schwappe auch auf andere Regionen wie Korea über und habe etwa Samsung veranlasst, eine höhere Dividende auszuschütten. Die bessere Corporate Governance und die erhöhte Transparenz gegenüber Investoren machten den Markt generell für Investoren attraktiver, meint Crawley.

Zu klassischem Wachstum könnte seiner Ansicht nach Indien zurückkehren. Während in China viel in Infrastruktur investiert worden sei, stehe Indien diesbezüglich am Anfang. Sollte der Staat hier wieder mehr Geld hineinstecken, würden auch die privaten Investitionen nachziehen. Dann sei es denkbar, dass das Wachstum von derzeit fünf Prozent wieder auf sieben, acht Prozent anzieht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)

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