ATX: Internationale Investoren mischen in Wien kräftig mit

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Institutionelle Geldgeber aus dem Ausland stellen die Mehrheit in Wien. Die USA und Großbritannien dominieren den Markt.

Wien. Österreich ist zwar nur ein kleines Land. Für internationale Investoren deswegen aber nicht minder interessant. Im Gegenteil: „Im Vergleich zu anderen Marktplätzen steht die Wiener Börse der Breite der Investorenschaft um nichts nach“, sagt Andreas Posavac vom Informationsdienstleister Ipreo.

Einzig die Marktgröße der Firmen ist in Wien eine andere: Die Marktkapitalisierung der einzelnen Unternehmen ist hierzulande geringer als etwa im deutschen Leitindex DAX. Kauft sich ein Investor mit hohen Volumina in eine österreichische Aktie ein, macht sich das wesentlich schneller bemerkbar – der Kauf fällt stärker ins Gewicht. Während er im Dax vielleicht nicht einmal auffallen würde.

Unter dem Strich hielten (per Ende Juni) institutionelle Investoren Aktien im Wert von rund 24 Mrd. Euro. Der größte Anteil entfällt dabei auf jene aus dem Ausland. Sie stellen rund 18 Mrd. Euro oder 74,2 Prozent des Kapitals.

Staaten, in denen die Kapitalmarktkultur seit Jahrzehnten ausgeprägter ist, haben in Wien die Nase vorn. So waren zum ersten Halbjahr institutionelle Anleger aus den USA mit einem Anteil von knapp über 26 Prozent die stärkste Investorengruppe. Sie stockten ihren relativen Anteil um 7,5 Prozent auf. Gemeinsam mit den Briten, die 14,4 Prozent der Anteil an österreichischen Firmen besitzen, sind angelsächsische Anleger am einflussreichsten.

Österreicher sind stark

„Grundsätzlich kann man sagen, dass vor allem angelsächsische Investoren in guten Phasen eher aktiv beim Einstieg sind“, sagt Posavac. In schlechten Phasen sind sie dafür oft auch wieder schnell von Bord. Britische Investoren hielten sich im heurigen ersten Halbjahr mit Investitionen zurück. Auch andere ausländische Anleger waren eher vorsichtig, mit Ausnahme der USA und Norwegens. Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz reduzierten ihre Anteile in den ersten sechs Monaten um 20 Prozent. Zu signifikanten Abflüssen kam es auch aus China und Japan. Probleme auf den asiatischen Märkten sowie der Verfall des Ölpreises könnten ein Grund für diesen Rückgang sein. In anderen europäischen Märkten ließen sich solche Entwicklungen ebenfalls beobachten. Dafür kauften sich im Vorjahr noch vermehrt Fonds aus dem asiatischen Raum oder dem Mittleren Osten in den ATX Prime ein, um von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Notenbank zu profitieren. Mit einer veränderten Ausgangslage verschiebt sich in der Regel auch das Interesse der Investoren. Beliebt waren im ersten Halbjahr vor allem Finanztitel – ob ihrer günstigen Bewertung.

Österreichische Anleger – Institutionelle, Private und Unternehmen – stellen die größte Anlegergruppe des ATX Prime. Unter den Institutionellen machen die Österreicher immerhin rund 26 Prozent aus. Hinter den USA sind sie also am wichtigsten für den heimischen Kapitalmarkt. Unter ihnen bilden Fonds (mit einem Volumen von fast fünf Mrd.) die stärkste Gruppe. Ihnen folgen Versicherungen und Banken. Die Engagements dieser beiden beläuft sich jeweils auf unter eine Mrd. Euro.

Alle institutionelle Anleger haben gemein, dass ihre Umschlagshäufigkeit – wie oft Anleger ein Portfolio drehen – in Wien eher gering ist. Bei 51,5 Prozent der Investoren ist sie niedrig, bei 4,9 Prozent dagegen sehr hoch (hier werden die Portfolios einmal im Jahr komplett umgeschichtet). „Die durchschnittliche Haltedauer im ATX Prime liegt zwischen drei und fünf Jahren“, sagt Posavac. Transaktionen, die sich im außerbörslichen oder gar anonymen Handel abspielen, werden indes nicht berücksichtigt. Sie machen mittlerweile aber 30 bis 50 Prozent des Handels aus.

Ein globaler Megatrend, der die Märkte schon seit Jahren im Griff hat und traditionelle Anbieter unter Druck setzt, sind passiv gemanagte Produkte. Sie bilden oft nur einen Index nach, ohne Fondsmanager, dafür aber mit geringeren Kosten. Im ATX Prime erreichten passive gemanagte Gelder im ersten Halbjahr ihren bisherigen Höhepunkt. Sie machen immerhin rund 16 Prozent aus. Mit rund 35 Prozent sind wachstumsorientierte Investmentstile aber nach wie vor am wichtigsten. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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