US-Leitzinserhöhung: Die Märkte im Bann der Federal Reserve

(c) REUTERS (CARLO ALLEGRI)
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Die erwartete Dezember-Zinsanhebung in den USA dürfte verunsicherten Anlegern Klarheit verschaffen.

Wien.Jetzt dürfte sie endlich kommen, die Zinserhöhung in den USA. Lang genug wurde darüber spekuliert – und das sorgte oft genug auch für Kursrücksetzer an den Börsen. Etwa dann, wenn damit die zaghafte Konjunkturerholung im Keim erstickt werden könnte, so die Befürchtung. Zuletzt hatte wiederum die Untätigkeit der mächtigen FED-Chefin, Janet Yellen, für Turbulenzen gesorgt. Groß war die Sorge, dass die US-Wirtschaft tatsächlich nicht in die Gänge kommen würde.

Das hat sich vergangenen Donnerstag schlagartig geändert, da wurden die Protokolle der Oktobersitzung veröffentlicht. Aus ihnen geht eine breite Unterstützung der Mitglieder hervor, eine Zinsanhebung bei der nächsten Sitzung Mitte Dezember zu prüfen. Dabei seien die Ängste rund um die FED-Aktionen ohnedies überzogen, meint Aktienexperte Robert Karas von der Schoellerbank: „Selbst wenn die Zinsen angehoben werden, gibt es keine historischen Zusammenhänge, dass damit die Börse fallen muss.“ Die USA bleibe jedenfalls der wichtigste Markt für Aktienanleger, „Allerdings muss man – wie überall – auf Qualität achten.“

Neuzugänge habe es laut Karas zuletzt aus dem Bereich Gesundheit, IT und Energie gegeben. Einzig bei Letzterem dürften der gefallene Ölpreis und ausstehende Kreditbeträge dem Frackingbereich zu schaffen machen. Vielmehr lockten dafür starke Qualitätsunternehmen wie Exxon und Schlumberger mit günstigen Einstiegskursen.

Für Alphabet (ehemals Google) spreche der dominante Marktanteil (mehr als 3,5 Milliarden geschätzte Suchanfragen pro Tag). Das zieht auch Werbekunden an. Obwohl das Werbegeschäft in Zusammenhang mit Internet Search noch immer knapp 90 Prozent des Umsatzes ausmacht, ist Alphabet in anderen Bereichen erfolgreich tätig, etwa mit der Videoplattform YouTube. Ein weiterer IT-Favorit ist Oracle, der Konzern profitiere von hohen Umstellungskosten bei seinen Datenbanksystemen, da ein Anbieterwechsel mit enormen Kosten und Risken verbunden sei, erklärt Karas. Hinzu bietet Oracle eigene Cloud-Produkte an. Auch das Geschäft mit Softwareupgrades und anderen Wartungsarbeiten sorgt für stabile Einnahmen, sie machen mehr als 70 Prozent der operativen Erträge aus.

Mit der sorgfältigen Auswahl von US-Blue-Chips beschäftigt sich auch Alex Farman-Farmaian, Fondsmanager des Edgewood L Select – US Select Growth. Sein Portfolio setzt sich aus 22 großkapitalisierten Wachstumsaktien zusammen. Dabei gibt sich Farman-Farmaian zuversichtlich: „Allein das vierte Quartal dürfte nach der Marktkorrektur gut verlaufen. Die Unternehmensgewinne während der jüngsten Berichtssaison waren zufriedenstellend.“ Dabei setzt der US-Experte ohnedies nur auf Konzerne, die relativ gut prognostizierbares Gewinnwachstum aufweisen. Deshalb kommen für ihn keine Bank-, Stahl- oder Ölaktien infrage.

Vielmehr wird in den Onlinebroker Charles Schwab sowie die Investementgesellschaft T. Rowe investiert. „Sie verdienen daran, Anlegergelder einzunehmen, ohne Kredite zu vergeben.“ So müsse man keine Zahlungsausfälle befürchten. Die größten Fondspositionen sind aber im Biotech-Bereich zu finden. Dabei liegt für Celgene – einem Hersteller von Krebsmitteln – das geschätzte Gewinnwachstum bei zehn Prozent und für Gilead bei 24 Prozent. Letzteres Unternehmen hatte erst vor einem Jahr die Genehmigung erhalten, ein Medikament gegen Hepatitis C zu verkaufen. Beide Unternehmen seien laut Farman unterbewertet. Illumina stellt wiederum Maschinen zur DNA-Sequenzierung her. Dies spielt bei der Suche nach neuen Heilmethoden eine immer größere Rolle.

Allein, schon bislang habe sich ein Investment in US-Aktien ausgezahlt, zeigt man bei Fidelity International auf. Anleger, die ihr Geld in den vergangenen 25 Jahren in Aktien aus den USA oder Europa investiert haben, haben eine höhere Rendite bei geringeren Schwankungen erzielt als in Asien und der Pazifikregion. Die durchschnittliche jährliche Rendite vom MSCI USA lag von 1989 bis Ende 2014 bei 9,7 Prozent. Auch wenn freilich die Vergangenheit keine Garantie für künftige Entwicklungen ist – sie kann über einen derart langen Zeitraum doch ein gutes Indiz sein.

AUF EINEN BLICK

Die erste Zinsanhebung durch die US-Notenbank Fed seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise scheint nun im Dezember so gut wie fix. Sicher scheint jedoch auch, dass es keine riesigen Zinsschritte geben wird. Deshalb halten Experten US-Aktien weiterhin für interessant. Im Vordergrund stehen Papiere von Firmen im Gesundheits- und IT-Bereich, während Energiewerte aufgrund des niedrigen Ölpreises und dem damit abflauenden Fracking-Boom wieder etwas in den Hintergrund getreten sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2015)

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